Jordan Barella / Foto: Picture Alliance

Jordan Bardella im Porträt - Frankreichs rechtes Zwitterwesen

Als Chef des Rassemblement National ist der 28 Jahre alte Jordan Bardella inzwischen populärer als Parteigröße Marine Le Pen – und geht als klarer Favorit in die Europawahl.

Autoreninfo

Martina Meister ist Korrespondentin in Frankreich für die Tageszeitung Die Welt.

So erreichen Sie Martina Meister:

Zu Besuch im Pariser Stadtpalast der französischen Regierungschefin soll Marine Le Pen mit Fingerzeig auf das mit vergoldetem Stuck sowie alten Gemälden dekorierte Büro im Hôtel Matignon gescherzt haben: „Jordan, das hier ist für dich!“ Die Botschaft: Jordan Bardella, politischer Ziehsohn von Rechtspopulistin Marine Le Pen, wird die Regierungsgeschäfte übernehmen und Premierminister werden, sollte Le Pen 2027 nach drei gescheiterten Versuchen Präsidentin werden.

Der 28 Jahre junge Bardella, zweite Generation italienischer Einwanderer, im Problemvorort Saint-Denis von einer alleinerziehenden Mutter großgezogen, hat beim Rassemblement National (RN) eine Blitzkarriere hingelegt: Mit 16 ist er dem Front National beigetreten, wie die Partei damals noch hieß. Mit 20 übernahm er die Leitung der Jugendorganisation Banlieues Patriotes (Patriotische Vorstädte). Damals hat ihn Marine Le Pen entdeckt und unter ihre Fittiche genommen. Mit 22 war er Parteisprecher, mit 23 Parteivize und Listenerster bei den Europawahlen 2019, die er haushoch gewann. Mit 27 wurde er Parteichef. Für die Wahlen zum Europaparlament dieses Jahr führt er wieder die Liste der Rechtspopulisten an. Dieses Mal gilt er als der noch klarere Favorit. Bis zu 30 Prozent könnte Wunderkind Bardella im Juni holen.

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Walter Bühler | So., 18. Februar 2024 - 13:04

Auch eine sehr risikoreiche politische Strategie, wie man in Österreich gesehen hat (Kurz, Benko, ...)!

Was passieren kann, wenn man den Staat als Riesenspielzeug an einen "Kinder"-Laden überlässt, das erleben wir zur Zeit (diese Aussage setzt allerdings voraus, dass es Menschen gibt, die trotz zunehmenden Alters nicht erwachsen werden.)

Trotzdem bleibe ich dabei: Was hat die Menschheit schöneres als Kinder und Enkel?

Man muss aber doch auch darüber nachdenken, wann man sie ernsthaft und guten Gewissens - im Auto wie im Staat - ans Steuer lässt.

Ronald Lehmann | So., 18. Februar 2024 - 23:04

Antwort auf von Walter Bühler

& Herr Bühler bringt es auf den Punkt >>> Kinder an die Macht

Und genau dies ist das POLITIKER-Problem in der ganzen Welt
Grün hinter den Ohren, kaum Lebenserfahrungen
& wie sagte man früher: "Kein Zahn im Maul, aber La Paloma pfeifen"

was an der Küste früher hieß:
"Von Tuten & Blasen keine Ahnung haben, aber schön lecker die Fresse aufreißen".

& hier sind wie vor allem in der Politik, aber auch in deren Hofstaat genau beim Problem

Um in die Kapitäns-Kajüte zu gelangen, musste man früher ein beschwerlichen Weg der Reife-Prüfung mit vielen lernen, aber auch mit Ausdauer seine erworbenen Erkenntnisse zu Tage bringen: Ab einen Reifepunkt konnte man Prüfungen oder Abschlüsse tätigen. Wenn diese mit einer stetiger Leistung auf Arbeit verbunden war & diese Leistungen Vorgesetzte überzeugte, konnte man in der Karriere höher steigen.

Heutzutage, Bremer Stadtmusikanten übernehmen die Titanic & wenn die katastrophale Entwicklung weiter geht - ein LEBEN LANG

SO KANN DIES NICHT FUNKTIONIEREN 😱🙈

Tomas Poth | So., 18. Februar 2024 - 13:09

Die EU-Wahlen, es sind keine Europawahlen!, das wird immer wieder falsch dargestellt, sind für dieses Jahr der erste Prüfstein, für die Überlebenschancen unserer Demokratie.
Nur ein Sieg der konservativen Kräfte könnte den EU-Sozialismus aufhalten und wird dann hoffentlich stärker die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten in den Vordergrund stellen.
Der RN wird hier hoffentlich eine positive Rolle einnehmen und nicht in die Zeiten Napoleons zurückfallen.

Für die Bildunterschrift spende ich hier noch ein kleines (d) zur Vervollständigung des Namens.
Da hatte wohl jemand beim Schreiben an Spaghetti gedacht1?

Markus Michaelis | So., 18. Februar 2024 - 13:22

Gut ist es, dem Leser wichtigere politische Akteure in Nachbarländern vorzustellen, was der Artikel tut. Dass, was im Artikel noch an Bewertungen beigemischt ist, hat viele interessante Aspekte glaube ich nicht auf dem Radar und ist zu sehr durch die Brille der Verteidigung "alter Sichtweisen". Es gibt natürlich keinen Bevölkerungsaustausch (es wird niemand gezwungen zu gehen) und es gibt mehrere sehr wirkmächtige Strömungen, die unabhängig davon sind, wer in die Gesellschaft neu dazukommt.

Es gibt aber viele Tiefenströmungen, auch neue, angetrieben durch Menschen der Migration, oder angetrieben durch Viertel mit marginalisierten Menschen (oder als solche gelesene), die schon wirkmächtig und interessant sind. Vielleicht ist das jetzt nur mein Vorurteil, weil das hier nur in wenigen Sätzen anklingt, aber mir scheint dieser Artikel weit über diesen an Präsenz gewinnenden Strömungen zu schweben. Vielleicht abgehoben?

Nein, niemand wird gezwungen zu gehen, aber der Migrationsdruck verursacht einen gesellschaftlichen Wandel, der die Indigenen an die Wand drücken wird. Das ist nur eine Frage der Zeit.
Das kann man auch als Kolonialisierung durch Zuwanderung bezeichnen.
Vergleichbar mit der Eroberung Amerikas, die Indigenen verloren alles und wurden zur bedeutungslosen Minderheit.
Sie mögen sich damit abfinden wollen, das ist natürlich ihr Bier, aber auch gleichzeitig Verrat an den Indigenen.
Wer sich nur in Erklärversuchen ergeht, verharmlost die Folgen für die Zukunft der Indigenen in unserm Land!

... was die "Beimischungen" in Frau Meisters Artikel - ungeachtet womöglich zutreffender Beschreibungen - angeht: alleine, 85% der Stimmen bei der Wahl zum Parteivorsitzenden als "sowjetisch anmutend" zu charakterisieren, charakterisiert m. E. viel vom ideologischen Hintergrund der Dame. Hatte nicht Martin Schulz dereinst 100% bei gleichem Anlass ergattert und "die Äinschie" 2012 in Hannover 97,94%?
Von "sowjetisch anmutend" habe ich seinerzeit aber nirgendwo was gelesen!

Christoph Kuhlmann | So., 18. Februar 2024 - 13:30

Allerdings habe ich in diesem Artikel nichts über das Programm des Rassemblement National oder die Politik Barellas erfahren.

Uli | So., 18. Februar 2024 - 13:47

In Betrachtung der selbsternannten Demokraten, die sich die Nasen an der linksextremen Mauer platt drücken: Lieber ein rechtes Zwitterwesen, als noch ein linkes mehr.

Straub Klaus Dieter | So., 18. Februar 2024 - 14:03

Schon 1984 bei meinem ersten Besuch in Marseille zeigt man mir die Banjeuls. Äußerungen:“ Wenn ihr nicht aufpasst, entsteht es bei euch auch“. Hinweise wurden abgetan. Jetzt 40 Jahre danach zeigt sich das Ausmaß der zugelassenen Migartion. Man kann Barella nur Mut zusprechen um die Republik zu retten. Äußerung einer französischen Bekannten vor 4 Jahren. Die le pen Partei wähle ich nie!! Jetzt im Jahre des Herrn 2024, wählt sie Front National nicht nur für dieEU Wohl sondern auch im Department und für die Nationalversammlung. Mal schau ob wir auch noch so weit kommen. Gruß aus Franken

Ich gebe Ihnen nur bedingt recht. Frankreich steht vor einer Zeitenwende. Man erinnere sich an Napoleon. (Die Revolution frist ihre Kinder)
Vielleicht können sie meinen Bekannten ein paar gute Ratschläge geben! Gebe sie weiter.
Nichts für Ungut. Verbleibe mit freundlichen Grüßen

Heidemarie Heim | So., 18. Februar 2024 - 15:25

Wie bei den Italienern und seit längerer Zeit auch bei den Franzosen werden die auch politischen Mentalitätsunterschiede in Europa immer offensichtlicher. Ein junger Mann oder Zögling einer Rechtsaußenpartei wie Herr Bardella, sein Erfolg bzw. Beliebtheit wäre bei uns in Deutschland, wo ständig der Teufel unserer faschistischen Vergangenheit an die Wand gemalt wird, heute lebenden Personen/Politikern die Absichten oder Unmenschlichkeit von Nazi-Massenmördern/Gräueltaten in teils haarsträubenden "Vergleichen" unterstellt werden, schlicht ein Ding der Unmöglichkeit. Nun könnte man meinen, dass unsere Nachbarn, die Italiener sowieso trotz Mussolini, den sie erst bejubelt und dann kurzerhand an den Füßen aufhenkten der Geschichtsvergessenheit geschuldet eine gefährliche Oberflächlichkeit an den Tag legen was die von ihnen gewählte o. zu wählende Politik betrifft. Wer sind wir eigentlich ständig den Moralweltmeister zu geben, zu verurteilen wo unsere Demokratie z.Zt. selbst infrage steht?!

Stefan Jarzombek | So., 18. Februar 2024 - 15:47

Lustig wird es, wenn Frau Le Pen dann vielleicht auch mal den Atomkoffer in Händen hält, falls ihre Partei die von Macron im Wahlkampf besiegt. 😉

Ernst-Günther Konrad | So., 18. Februar 2024 - 17:37

Aha. Le Pen's Partei ist "normal" geworden, wird immer mehr als Volkspartei begriffen. Was wurde ihr alles nachgesagt, dieser Partei angedichtet und der Eindruck erzeugt, als wäre eine franz. NDSDAP erwacht. Und nun gilt sie als durchaus bei den Franzosen akzeptiert. Insofern macht Le Pen alles richtig. Den unausstehlichen und nicht zu akzeptierenden Vater aus dem Rennen genommen war richtig. Ein jungen Mann als Nachfolger und künftigen Macher aufgebaut sichert durchaus Zukunft. Doch habe ich wie bei vielen deutschen Regierungspolitikern auch wenig Zutrauen zu Politikern, die keine Berufsausbildung in ihrem Lebenslauf aufweisen können, auch wenn er das Baccalauréat (Abitur) mit dem Prädikat „sehr gut“ abgeschlossen hat und er ein Leistungsstipendium erlangte. Es bleibt abzuwarten, ob Bardella am Ende nicht die Partei so an sich reißt, das selbst seine politische Ziehmutter obsolet werden könnte? Aber noch ist er ein aufziehender Stern der am Aufgehen ist. Noch ist Le Pen die Chefin.

Henri Lassalle | So., 18. Februar 2024 - 19:11

kann man als politisches Naturtalent betrachten. Er ist eloquent, geistesgegenwärtig in polemischen Diskursen und eine Person "comme il faut". Sein Stil ist viel eleganter als der der AfD, daher für seine Gegner nicht so leicht zu fassen, zumal er klar ausspricht, was die meisten Franzosen beschäftigt und sorgt. Die Linke hat abgewirtschaftet, ist somit als Gegner so gut wie erledigt, Macron gilt als technokratisch-autoritär und ist unbeliebt.

Im Gegensatz zu den Deutschen hat jedoch Macron immer eingesehen, dass man den Bürger nicht vorwerfen kann, für eine rechtsnationale Partei zu sein, denn , so meint er, entspricht dies dem Willen der Bürger. Einen hysterischen Klamauk wie in Deutschland bez. AfD kennt man in Frankreich nicht. Die Auseinandersetzung findet in den Medien statt.

Gerhard Lenz | Mo., 19. Februar 2024 - 14:47

Antwort auf von Henri Lassalle

Mehr als das. Macron hat es geschafft, bei den letzten Wahlen im entscheidenden Wahlgang Stimmen aller Demokraten hinter sich zu vereinigen - von links bis rechtskonservativ. Hier und da kam es bei Linken und (nicht extremen) Rechten aus Protest gegen Macron höchstens zu Wahlenthaltungen. Viele Franzosen erklärten, sie hätten mit reichlich Bauchschmerzen für Macron gestimmt, hauptsächlich eben gegen Le Pen.

Die mag in Umfragen führen. Es ist fraglich, wie weit es ihr gelungen ist, das Image der ständig verlierenden Extremistin abzuschütteln. Ihre derzeitige Führung in den Umfragen ist wohl eher dem Umstand geschuldet, dass Macron noch keinen "ernannten" Nachfolger hat.
Gelingt es den Demokraten, sich auf einen weithin akzeptablen Kandidaten zu einigen, der innerhalb des demokratischen Lagers nicht polarisiert, kann der Ressemblement National einpacken. Marine Le Pen dürfte nach einer Niederlage bei der nächsten Präsidentschaftswahl endgültig Geschichte sein.

Gerhard Lenz | Mo., 19. Februar 2024 - 08:32

Oder alles nur Taktik?

Auch in Frankreich gab es einen Aufschrei des Entsetzens und der Empörung über den munteren "Deportationsplausch" Potsdam 2.0. Le Pen konnte gar nicht weit genug zu den Rechtsextremisten der AfD auf Distanz gehen. Die Identitären sind dort seit Jahren verboten, und - nein - anders als in DE werden sie nicht am rechten Rand heroisiert oder verharmlost.
Gleichwohl wollen die Franzosen keinen Front National in der Regierung. Gute Umfragewerte haben sie wohl eher der Regierung Macron zu verdanken und dem Mangel an attraktiven politischen Angeboten. Da ist völlig egal, wer beim "Ressemblement" an der Spitze steht.

S. Kaiser | Mo., 19. Februar 2024 - 12:29

Wieder einer dieser blabla-Auslandsartikel, die einen Namen in die Manege werfen, ohne über die Person substantiell zu reflektieren. Des weiteren die üblichen Framingfloskeln und Äußerlichkeits-Trivialitäten wie „ein seltsames Zwitterwesen, angesiedelt irgendwo zwischen idealem Schwiegersohn und Cyborg“ oder „Die 88 Abgeordneten des RN tragen Krawatte, die Frauen Kostüm, sie leisten sich keine Entgleisungen wie ihre linkspopulistischen Kollegen und sind bemüht, ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.“ Fehlt übrigens noch der Hinweis, dass „Jordan“ das frz Pendant zum dtschen „Kevin“ ist. Da engagiert sich ein männlicher Jugendlicher einer alleinerziehender Mutter und mit Migrationshintergrund aus einer der übelsten Banlieues im Großraum Paris, beendet die Schule, macht zumindest seinen Bachelor, ist diszipliniert, steigt politisch rasant auf und stellt sich souverän den Debatten im TV – aber uppsi, falsche Partei. Und raus bist Du. Doppelstandards at their best.