DePauli AG in Garching - Für den Mann von www.elt

Vor 23 Jahren gründete Renata DePauli ihren ersten Onlinemodeshop in Deutschland, weil sie Männer besser kleiden wollte. Heute leitet sie ein ganzes Shopping-Konglomerat. Warum sich ein Shop wie herrenausstatter.de auch in Zeiten von Amazon und Zalando erfolgreich behaupten kann

War schon online, als die Zalando-Gründer noch nicht einmal volljährig waren: Renata DePauli / Max Kratzer
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Lars-Thorben Niggehoff ist freier Wirtschaftsjournalist aus Köln.

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Deutschlands vielleicht ältester Onlinehändler sitzt in einem unscheinbaren Zweckbau in einem Gewerbegebiet in Garching, unmittelbar hinter der Münchner Stadtgrenze. Im Winter wirkt diese Ecke im Speckgürtel der bayerischen Landeshauptstadt besonders grau und trostlos. Hier residiert die DePauli AG, ein Firmenname, der kaum jemandem etwas sagen dürfte. Doch dahinter verbirgt sich ein sehr erfolgreiches E-Commerce-Unternehmen, zu dem unter anderem der Modeshop herrenausstatter.de gehört.

Kopf der Firma ist Renata DePauli. Die Chefin, ganz in Schwarz gekleidet und mit langen blonden Haaren, empfängt in einem Konferenzraum im zweiten Stock ihres Hauptquartiers. Von hier aus lenkt sie als Vorstandsvorsitzende mittlerweile vier Onlineshops sowie eine Technologiefirma, die Innovationen für diese Webseiten entwickelt. Eine Million Kunden bedienen die 200 Mitarbeiter inzwischen im Jahr. Die DePauli AG gibt keine Geschäftszahlen heraus, nach eigenen Angaben ist man aber seit Anfang an in den schwarzen Zahlen.

Vom Kleintransporter zum Webshop

Als DePauli 1996 ihren Internetvertrieb startete, hatte Jeff Bezos ein Jahr zuvor gerade sein erstes Buch über amazon.com verkauft; der Deutschlandstart seines Konzerns stand noch bevor. Die späteren Zalando-Gründer, Robert Gentz und David Schneider, waren noch nicht einmal volljährig. „Eigentlich wollte ich schon immer in die Mode“, erzählt DePauli. Doch ihr Weg dorthin war alles andere als geradlinig: Sie studierte Wirtschaftswissenschaften, arbeitete dann zunächst in einem Raumfahrtunternehmen nahe München. Doch die Modebegeisterung ließ sie nicht los. „Gerade bei meinen Kollegen habe ich immer wieder gesehen, dass viele Männer einfach nicht wussten, wie sie sich anziehen sollten.“

Also beschloss sie, Abhilfe zu schaffen. 1996 gründete sie ihre Firma, die damals noch ziemlich analog unterwegs war: DePauli persönlich fuhr mit einem Kleintransporter durch Deutschland und gab Seminare für Geschäftsleute, in denen sie erklärte, wie man sich vernünftig kleidet. Dazu kam schnell auch ein kleiner Verkauf. Weil ihre Kunden – überwiegend Banker und Versicherer – damals bereits alle Zugang zu Computern hatten, begann sie, auch über das Internet zu vertreiben.

Der erste Kunde kam aus Hamburg und kaufte ein Paar Socken. Das Geschäft wuchs schnell, bald fuhr DePauli nicht mehr im Kleintransporter, sondern betrieb stattdessen nur noch den Webshop und manövrierte ihn erfolgreich durch den Dotcom-Crash. Dann schuf sie mit Shops wie Fashion Sisters ein Pendant für weibliche Kunden und mit Just4Men ein Angebot für jüngere Männer – alle gebündelt unterm Dach der DePauli AG.

Was das Wichtigste ist

Trotz großer Konkurrenz durch Amazon, Zalando und andere schafft DePauli es, ihre Onlinemodeshops weiter wachsen zu lassen. Vor allem, weil sie als Geschäftsfrau im wahrsten Sinne des Wortes „selfmade“ ist. „Wir sind bis heute komplett selbstfinanziert, haben nie Investoren an Bord geholt“, sagt ­DePauli. Das habe dazu geführt, dass die Entscheidungsprozesse bis heute kurz geblieben sind und bei ihr zusammenlaufen. 

Gegen die harte Konkurrenz behauptet sie sich dank klarer Nischen. „Wo andere Generalisten sind, bespielen wir eben unseren kleineren Kundenkreis“, sagt sie. Der durchschnittliche Kunde bei herrenausstatter.de sei mindestens 35 Jahre alt, meistens ein Entscheider, mitten im Berufsleben. Solche Männer würden auch die individuelle Betreuung schätzen, die man anbiete, sagt DePauli. „Wir haben sogar noch eine Telefonhotline, die auch nach wie vor genutzt wird.“ Dort würden Männer anrufen und sich Tipps holen, bevor sie tatsächlich kaufen.

Nur weil das Publikum womöglich etwas gesetzter ist als bei der Konkurrenz, stehen sie in Garching nicht still. DePauli, die Modeexpertin, setzt bis heute voll auf Technik und auf eigene Expertise im Haus. Erst vergangenen September gründete sie mit DePauli Technology ein Subunternehmen mit Fokus auf neue Technologien. „Gerade so Dinge wie Machine Learning sind für uns sehr interessant, da wollen wir auf Höhe der Zeit sein“, begründet sie diesen Schritt. Als Erstes haben die Ingenieure dort eine eigene Webshop-Suchmaschine für Big Data entwickelt, die bereits eingesetzt wird. Auch Blockchain-Technologie und künstliche Intelligenz seien prinzipiell interessant. Das Wichtigste aber ist: Es muss aus Garching kommen.
 

Dieser Text ist in der Februar-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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