Drohender Handelskrieg - „Höhere Zölle schaden langfristig jedem“

US-Präsident Donald Trump droht, höhere Zölle auf Importe aus der EU zu verhängen. Wie würde sich das in der Praxis auf Unternehmen auswirken? Fragen an Rob Smith, dessen Firma in den USA Landmaschinen herstellt, aber unter der Marke Fendt auch aus Deutschland exportiert

Traktoren der Marke Fendt werden in die ganze Welt exportiert / picture alliance
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Rob Smith ist Senior Vice President von AGCO, einem der weltweit größten Hersteller von Landmaschinen mit Sitz im US-amerikanischen  Georgia. Als solcher ist Smith auch zuständig für die Regionen Europa und Naher Osten. Unter dem Dach von AGCO  und der Leitung von Smith läuft die bekannte Traktorenmarke Fendt aus dem Allgäu. Im Import und Export zwischen der USA und der EU kennt sich wohl kaum jemand besser aus.

Herr Smith, in einem Handelskrieg zwischen den USA und der EU wären Sie in einer interessanten Position. Fendt produziert Landmaschinen in Deutschland, gehört aber zur US-Holding AGCO. Fendt exportiert seine Maschinen in die USA, gleichzeitig hat ACGO dort viele Standorte. Auf welcher Seite stehen Sie also?
Ich stehe immer auf der Seite des freien Handels. Zölle und Handelsbarrieren sind nicht gut für unsere Kunden. Für die ist eine Einschränkung des freien Handels in der globalisierten Welt von Nachteil und einfach nicht mehr zeitgemäß.

Das ist vor allem aber auch gut für eine Firma wie Fendt, die viel exportiert, auch in die USA. Aber wie sieht es in den USA selbst aus? Viele Ihrer dortigen Geschäftspartner freuen sich doch sicherlich, wenn die ausländische Konkurrenz durch Zölle geschwächt wird.
Nein, das stimmt nicht. Das sind auch aufgeklärte Geschäftsleute, die von einem freien Handel profitiert haben und weiter profitieren werden. Egal ob sie aus den USA, der EU oder aus China kommen, höhere Zölle schaden langfristig jedem. Und den meisten ist das auch klar.

Was wird aber geschehen, wenn Donald Trump seine Drohung, Strafzölle zu erlassen, wahr macht? Ist das ein Szenario, auf das Sie sich vorbereiten?
Die strategische Vorgehensweise für eine global agierende Firma wie unsere ist, Produktionsstandorte weltweit zu etablieren und Teile und Komponenten weltweit einzukaufen – mal hier mehr und mal dort weniger. Das hängt auch davon ab, wo neue Handelsbarrieren entstehen, ebenso, wo es zu starke Währungsschwankungen gibt. Das nennt sich Real Options Strategy. Wir produzieren aber vor allem dort, wo unsere Kunden sind. Beispielsweise sind wir sehr stark in Mexiko vertreten, nicht weil sich dort billig produzieren lässt, sondern weil die Nachfrage nach unseren Maschinen sehr groß ist. Wären wir nicht so aufgestellt, hätten wir jetzt ein großes Problem. Aber wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Deswegen wären wir weniger stark und auch nicht sofort von höheren Einfuhrzöllen in die USA betroffen.

Aber langfristig schon?
Ja, denn wir beziehen Teile aus der ganzen Welt, die wir in unseren Montagewerken zusammensetzen. Unsere Real Options Strategy kann die Auswirkungen reduzieren, aber eben nicht komplett kompensieren. Zölle würden den ganzen Prozess natürlich verteuern, vor allem aber verlangsamen. Das wäre für uns schlecht, aber für unsere Kunden auch. Und so würde sich das fortsetzen.

Was tun Sie dafür, dass es nicht so kommen wird?
Natürlich betreiben wir dafür Lobbyarbeit, sowohl selbst als Unternehmen als auch als Mitglieder in Verbänden wie der American Chamber of Commerce in Germany.  Wir versuchen so, mit allen Akteuren ins Gespräch zu kommen und unsere Überzeugungen zu vertreten.

Wie optimistisch sind Sie, dass Sie damit erfolgreich sein werden?
Leider gibt es verstärkt protektionistische Tendenzen, nicht nur in den USA. Das macht uns und unseren Kunden schon Sorgen. Aber optimistisch bleiben wir trotzdem. Der freie Handel ist eine starke Kraft, die sich bisher immer durchgesetzt hat. Natürlich muss es dabei immer fair bleiben. Im Moment erleben wir etwa bei der US-Regierung eine bestimmte Positionierung, aber keine Position, aus der es keinen Ausweg gibt. Da müssen wir weiter den Dialog suchen, damit man aus dieser Positionierung wieder herauskommt. 

Sie reden immer von den Nachteilen für den Kunden, die durch erhöhte Zölle erhöht wurden. Aber wäre das für den Verbraucher wirklich so schlimm? US-Handelsminister Wilbur Ross hat zum Beispiel eine Suppendose in die Kameras gehalten, 1,99 Dollar kostet die, hat er gesagt. Und gemessen daran würde der Preis durch die Zölle gerade mal um sechs Zehntel Cent teurer werden.
Das sieht vielleicht im Fernsehen überzeugend aus, aber die Auswirkungen wären tatsächlich immens. Wir reden von großen Industriegütern und ganzen Handelsströmen. Die würden durch höhere Zölle künstlich verzerrt. Und am Ende sind das dann Kategorien, die auch der normale Verbraucher bemerken würde.

Aber ist es nicht legitim, dass ein Staatschef wie Donald Trump die heimische Industrie schützen möchte?
Natürlich ist das legitim. Und ich werfe ihm auch nicht vor, wenn er sagt „America first“, mein Land zuerst. Jeder Staatschef sollte den Interessen seines Landes Priorität geben. Aber er sollte eben auch nicht sagen, „mein Land alleine“. Abschottung und Protektionismus sind Maßnahmen, die nicht zu mehr und besserem Handel führen.  Stattdessen sollte man im Dialog versuchen, ein Ergebnis zu erzielen, das für alle Beteiligten positiv ist.

Wie ist denn das Handelsdefizit der USA überhaupt zustande gekommen? Tragen Sie als Importeur in die USA auch eine Mitschuld daran, dass mehr importiert als exportiert wird?
Da gibt es keinen alleinigen Grund. Das ist das Ergebnis von Millionen individueller Entscheidungen weltweit. Die USA haben ein Leistungsbilanzdefizit, das hatten sie übrigens auch in Zeiten von sehr starkem wirtschaftlichen Wachstum.

Nun gab es aber in Deutschland auch eine große Zurückhaltung bei der Lohnentwicklung. Auch das hat dazu geführt, dass es gegenüber den USA einen Handelsüberschuss gibt. Weil Firmen wie Fendt den Mitarbeitern zu wenig zahlen?
Nein, darum geht es nicht. Es geht in erster Linie darum, gute Geschäfte zu machen und gute Geschäftsbeziehungen aufzubauen, ohne dem Partner zu schaden. Wenn eine Firma mit ihren Produkten gut ankommt in den Ländern, in die sie exportiert, heißt das, dass das Produkt gut ist und anerkannt wird. Ein Handelsüberschuss ist vor allem ein Zeichen für gute Qualität und ein gutes Angebot.

Aber was würden Sie denn den EU-Verhandlern raten, was sie jetzt tun sollten?
Das Wichtigste ist, dass sie weiterverhandeln. Was ich gern sehen würde, wäre, dass man auch die Verhandlungen über das TTIP-Abkommen wieder aufnimmt, aber auf pragmatische Art und Weise. Da hat man bisher versucht, alle Einzelheiten gleichzeitig zu klären. Da hat man sich fast logischerweise nicht einigen können, und dann kam gar nichts zustande.

Aber TTIP ist ja auch in Europa sehr umstritten gewesen. Ist es denn wirklich sinnvoll, das alles wieder auf den Tisch zu packen?
Deswegen sollte man es ja möglichst pragmatisch angehen. Und wenn man bei einigen Punkten nicht zu einer Einigung kommt, dann lässt man die eben beiseite. So könnte man auch vermeiden, dass die Emotionen da wieder hochkochen.

Also im Gegenzug in Europa Jeans und Whiskey teurer zu machen, wie es einige vorschlagen, wäre nicht der richtige Weg?
Nein, auf keinen Fall. Ob das nun Jeans oder Landmaschinen sind, der Leidtragende ist der Kunde. Der transatlantische Handel hat über Jahrzehnte dafür gesorgt, dass auf beiden Seiten Wohlstand herrscht. Das jetzt aufzugeben, wäre töricht.

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