Trade Republic - Aktien kaufen per App

Die Deutsche Börse will moderner werden. Als einer von drei Gründern bietet Christian Hecker mit der App „Trade Republic“ Börsendeals viel günstiger an als klassische Banken. Wie gut sind Aktien für alle: Notwendige Demokratisierung oder gefährlicher Zock?

Will Börsengeschäfte günstiger anbieten: Christian Hecker / Nils Stelte
Anzeige

Autoreninfo

Yves Bellinghausen ist freier Journalist, lebt und arbeitet in Berlin und schreibt für den Cicero.

So erreichen Sie Yves Bellinghausen:

Anzeige

Minuszinsen, Inflation und demografischer Wandel – für die Finanzprobleme unserer Zeit, sagt Christian Hecker, hat er die Lösung gefunden. Sie heißt Trade Republic – eine App, mit der man in nur drei Schritten Aktien oder ETFs kaufen kann, schlicht designt, jede Transaktion kostet hier nur einen Euro, während klassische Banken oft zehn Euro oder mehr für Transaktionen verlangen.

Es ist das typische Versprechen sogenannter Fintechs, Dienstleistungen viel günstiger und unkomplizierter anzubieten als klassische Banken. „Wir sind ein Technologieunternehmen mit Banklizenz, keine Bank mit IT-Abteilung“, sagt Hecker. Trade Republic kommt mit wesentlich weniger Mitarbeitern und schlankerer Infrastruktur aus. Deshalb kann Hecker Börsengeschäfte günstiger anbieten. Digitalisierung, das bedeutet auch in der Bankenwelt: Kosten sparen.

Seitdem Trade Republic seine App 2019 auf den Markt gebracht hat, geht es steil bergauf: Mehr als 70 Millionen Euro Wagniskapital haben sie von Investoren bekommen, darunter auch von Peter Thiel, „weit mehr als 150 000 Nutzer“ hat Trade Republic. Anfang des Jahres hatte Hecker noch 30 Mitarbeiter, jetzt 220. Gerade plant er die europaweite Expansion. „Ich glaube, in zehn Jahren werden die klassischen Banken eine wesentlich kleinere Rolle für Privatkunden spielen als heute“, sagt er.

Demokratisierung des Aktienmarkts?

Der Erfolg scheint ihm recht zu geben. Er sitzt in einem voll verglasten Konferenzraum, mitten in dem Großraumbüro, in dem Trade Republic seine Zentrale hat: dem ehemaligen Postbank-­Hochhaus in Berlin-Kreuzberg. Früher residierte hier mit der Postbank eine Ikone der alten Bankenwelt. Heute ist es Christian Hecker, hinter ihm präsentiert Bloomberg-TV auf einem gigantischen Bildschirm die Kursgewinne des Tages. Die turbulenten Kursschwankungen während der Corona-Zeit haben bei vielen Deutschen ein Interesse an Aktien geweckt.

In Heckers Augen schafft Trade Republic mit seinem Produkt eine Demokratisierung des Aktienmarkts. Gewissermaßen hat er recht: Während Aktiengeschäfte bei klassischen Banken sich oft erst lohnen, wenn man wirklich viel Geld anlegt, rentiert sich das bei Trade Republic schon ab wenigen Hundert Euro.

Vorausgesetzt natürlich, man setzt sein Geld auf das richtige Wertpapier. Und hier liegt auch schon das Problem: Trade Republic macht es Menschen, die keine Erfahrung mit Aktien haben, sehr einfach, mit ihren Ersparnissen an der Börse zu zocken. Die Aktiendeals lassen sich zügig abwickeln, und in der schicken App kann man schnell vergessen, dass man gerade echtes Geld einsetzt. „Wir vertrauen auf die Fähigkeit unserer Kunden, in Finanzfragen informierte und kluge Entscheidungen zu treffen“, wiegelt Hecker ab. Er glaube jedenfalls, es sei „wesentlich risikoreicher, sein Geld einfach auf dem Konto versauern zu lassen“.

Von der alten in die neue Bankenwelt

Hecker ist 31 Jahre alt und hat ein kantiges Gesicht. Sein beiger Wollpullover setzt sich von dem betont lässigen Kleidungsstil der Start-up-Welt ab. Ursprünglich kommt er selbst aus der alten Bankenwelt. Nach seinem Studium arbeitete er bei Merrill Lynch. Er sollte die Börsengänge von Rocket Internet und Zalando begleiten. Hecker flog damals nach Berlin, um die Firmen zu besuchen.


Mit Anzug und Schlips ging er in ein Neuköllner Büro und war überwältigt von der Verve, mit der die jungen Techunternehmer an ihren Ideen arbeiteten. „Auf dem Rückflug dachte ich mir: Die arbeiten an der Zukunft, und ich bin die Vergangenheit in einem riesigen Konzern, mit vielen unflexiblen Prozessen, die ewig lang dauern.“ Wenig später kündigte er und gründete 2015 mit zwei Freunden Trade Republic. Über Jahre bereiteten sie ihr Produkt vor, reichten 1500 Seiten in Leitz-Ordnern bei der Bafin ein, um die Banklizenz zu bekommen, und feilten an ihren Algorithmen. Der Programmieraufwand ist bei Finanztechnologie ungleich höher als bei anderen Anwendungen. Denn es kommt bei Börsengeschäften auf Millisekunden an. Hohe Summen stehen auf dem Spiel.

In den USA, wo es Plattformen wie Trade Republic schon länger gibt, diskutieren Experten bereits, ob Hobbytrader gerade Aktienblasen aufpumpen, weil sie vor allem bei schillernden Unternehmen wie Tesla oder Apple einsteigen. Noch ist Deutschland weit von solchen Entwicklungen entfernt, aber wer weiß, wie groß die Trade Republic noch wird.

Diesen Text finden Sie in der Dezember-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

Jetzt Ausgabe kaufen

 

 

Anzeige