Strafzölle auf Importe - Handelskrieger Trump

Donald Trump hat in einem Interview dem Autobauer BMW mit Strafzöllen gedroht, sollte dieser seine Wagen in Mexiko produzieren, aber in den USA verkaufen. Die neue US-Regierung ist eine ernsthafte Gefahr für die Exportnation Deutschland. Berlin aber laviert und weiß keine Antwort

Trump ein Dorn im Auge: VW-Werk in Mexiko / picture alliance
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Wolfgang Bok war Chefredakteur und Ressortleiter in Stuttgart und Heilbronn sowie Direktor bei der Berliner Agentur Scholz & Friends. Der promovierte Politologe lehrt an der Hochschule Heilbronn Strategische Kommunikation.

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Werden bald auch Audi und BMW Leidtragende von Trumps Wirtschaftspolitik sein, mit der er Amerika wieder groß machen will, indem er Importe mit Strafzöllen belegt? Ein paar Twitter-Tiraden haben genügt, um den amerikanischen Autobauer Ford zu „überzeugen“, sein neues Werk nicht in Mexiko, sondern in den USA hochzuziehen. Auch Toyota hat Trump bereits offen ins Visier genommen. Ähnliches droht auch deutschen Herstellern: Die VW-Tochter Audi hat gerade die Produktion in ihrem ersten mexikanischen Werk hochgefahren. Dort wird der sportliche Geländewagen Q5 vor allem für den US-Markt produziert. Auch der Münchner Konkurrent BMW investiert derzeit eine Milliarde Dollar in ein mexikanisches Werk, um von dort jährlich 150.000 Fahrzeuge in die USA und nach Kanada zu liefern. In seinem ersten Interview mit europäischen Medien hat der bald mächtigste Politiker der Welt ganz konkret gedroht: „Sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen.“

Wie reagiert die Automobilbranche?

Nun fürchten die Automanager zu Recht, dass ihre Kalkulation an der Trump’schen Mauer zu Mexiko zerschellen wird. Die Wirtschaftswoche zitiert in ihrer aktuellen Ausgabe „verunsicherte Firmenlenker, die dehnbar bis zum Umfallen“ seien und sich bereits auf eine „Unterwerfung“ einstellen. Die zur Schau gestellt Gelassenheit mutet an wie das berühmte Pfeifen im Walde.

Werden die Hersteller also die Produktion von Deutschland in die USA verlagern – und damit die heimische Automobilbranche, an der je nach Rechnung immerhin jeder fünfte bis siebte Arbeitsplatz hängt, schwächen? Und wie werden die neuen Cowboys in Washington auf den deutschen Handelsüberschuss reagieren, der 2015 mit 247,8 Milliarden Euro (davon 54 Milliarden mit den USA) einen neuen Rekord erreicht hat? Schon die Obama-Regierung hatte Deutschland im März 2016 auf eine „rote Liste“ gesetzt, wo bereits die „ökonomischen Schurkenstaaten“ China, Japan, Südkorea und Taiwan drohenden Handelssanktionen entgegensehen.

Deutschlands ambivalente Haltung

Manipulationen und Lügen kosten Volkswagen allein in den USA mehr als 20 Milliarden Euro. Umgerechnet sind das 36.000 Euro pro betroffenes Fahrzeug. Würde man Wahrhaftigkeit allerdings generell zum entscheidenden Kriterium erheben, wäre Donald Trump nicht nur bankrott, sondern weit über die Haartolle hinaus verschuldet.

Doch in Deutschland applaudiert man, wenn ein hiesiges Unternehmen zu drastischen Strafzahlungen verdonnert wird. Mehr noch: Viele finden es gut, wenn amerikanische Großkanzleien teure Ermittlungen übernehmen und dann auch noch amerikanische Oberaufseher in hiesigen Konzernen installiert werden, die Zugang zu technischen Details haben, die wiederum der US-Konkurrenz nutzen können.

Das Recht des Stärkeren

Diese Haltung zeugt vor allem von Naivität: Große Teile von Politik und Medien haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Sie glauben tatsächlich, dass es dem Land der Spritfresser, die in vielen Bundesstaaten nicht einmal Abgastests unterliegen, um mehr Umweltschutz und Gerechtigkeit geht. In Wahrheit sind die Milliardenstrafen für VW oder jetzt gegen die Deutsche Bank Teil eines Handelskrieges, der sich mit der Amtseinführung Trumps an diesem Freitag noch deutlich verschärfen dürfte. Nicht der von ihm propagierte Rechtsruck ist das eigentliche Problem, sondern Trumps nationaler Chauvinismus, der auf Abschottung setzt und einzig das Recht des Stärkeren gelten lässt. Und das ist im Zweifel die Supermacht USA.

TTIP-Chance vertan

Mit dem Freihandelsabkommen TTIP hätte man diesem selbstherrlichen Treiben vielleicht Einhalt gebieten können. Doch diese Chance haben Deutschland und Europa vertan. Die TTIP-Kritiker werden den unabhängigen Schiedsgerichten, in denen sie eine so große Gefahr sahen, noch nachtrauern. Denn nun ist die deutsche Exportindustrie einzig einer amerikanischen Justiz mit ihren ebenso maßlosen wie unkalkulierbaren Sammelklagen ausgeliefert.

Dieses Justizsystem erlaubt sich sogar darüber zu richten, ob Millionenforderungen aus fremden Staaten wie jetzt von Herero-Vertretern in Namibia gegen Deutschland zulässig sind. Oder sie zwingt die Commerzbank, Mitarbeiter zu entlassen, die für legale Geldgeschäfte mit dem Iran zuständig waren; derweil darf der US-Flugzeugbauer Boeing allen Sanktionsauflagen zum Trotz Milliardenaufträge von eben jenem Teheran einsacken, das doch auf der „schwarzen Liste“ steht. Mittlerweile wird deutschen Managern von ihren Rechtsabteilungen abgeraten, überhaupt in die USA zu reisen. Matthias Müller, Vorstandschef von VW, mied deshalb sogar schon mal die wichtige Automesse in Detroit und beschnitt damit seine eigene unternehmerische Freiheit.

Grundprinzip Rache

Denn aus amerikanischer Sicht beruht deren Exportstärke auf „unfairen“ Machenschaften wie Wechselkursmanipulationen. Der Handelskrieger Trump wird diese Vorwürfe zu nutzen wissen. Denn der künftige US-Präsidenten versteht sich vor allem als „Dealmaker“, dessen Grundprinzip Rache ist, wie er in seinen eigenen Biografien unumwunden zugibt: „Mein Motto lautet: Übe stets Vergeltung. Wenn dich wer über den Tisch zieht, mache ihn fertig.“

Dazu zählt für ihn offenbar auch die Stärke der deutschen Industrie. Kanzlerin Merkel fällt dazu nicht mehr ein, als „mehr europäische Unabhängigkeit von den USA“ anzumahnen. Das ist eine dürftige Strategie, zumal unseren europäischen Freunden der deutsche Handelsüberschuss genauso ein Dorn im Auge ist. Auf Deutschland zieht eine Gewitterfront zu mit weitreichenden Folgen für unseren Wohlstand.

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