Michael Rogowski - Mittler zwischen den Welten

Er war ein sozialer Mensch, ein großer Konzernchef und ein liberaler Geist: Zum Abschied von Michael Rogowski, dem ehemaligen BDI-Präsidenten, Vorstandsvorsitzenden von Voith und Gastautor von „Cicero“

Michael Rogowski in seinem Büro in Heidenheim / dpa
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Autoreninfo

Dirk Notheis ist Mitherausgeber von Cicero und Gründer des Mittelstands­finanzierers Rantum Capital.

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Die Versäulung unserer Gesellschaft – hier Wirtschaft, da Politik – sowie der Mangel an wechselseitiger Durchlässigkeit zwischen den beiden Subsystemen gehören zweifelsfrei zu den wichtigsten Schwächen unseres Landes. Wenige waren und sind in der Lage, respektvoll zwischen den beiden Welten zu wandeln und im Dienste der Sache nachhaltig zum wechselseitigen Verständnis beizutragen. Einer von diesen ist nun von uns gegangen und hinterlässt eine schmerzliche, kaum schließbare Lücke.

Dialog zwischen Wirtschaft und Gesellschaft

Michael Rogowski, der ehemalige Präsident der Verbände VDMA und BDI war ein Großer, der es verstand, große Fußabdrücke zu hinterlassen, ohne je auf großem Fuß zu leben. Seine schwäbische Bescheidenheit gepaart mit seinem gesunden Selbstbewusstsein, seinem unnachahmlichen Sinn für Humor und seiner Lebensfreude haben den Menschen Rogowski so liebenswert und eindrucksvoll gemacht. Er war ein idealer Mittler zwischen Wirtschaft und Politik und ewig Ausgleichsuchender zwischen Arbeit und Kapital. Die Loyalität seiner Mitarbeiter war legendär, und so war die seinige gegenüber den Kolleginnen und Kollegen bei Voith, dem Unternehmen, dem er über zwei Jahrzehnte in unterschiedlichen Führungsfunktionen mit großer Leidenschaft gedient hat. Er formte Voith zum Weltkonzern und ließ es sich doch nicht nehmen, den Lehrlingsjahrgang persönlich mit Handschlag zu begrüßen. Sein intrinsisches Interesse am Menschen, seine gelebte christliche Nächstenliebe waren beispielhaft und kulturprägend. Sie haben weit über die Grenzen des Unternehmens hinaus bleibende Spuren für einen konstruktiven und menschlichen Dialog zwischen Wirtschaft und Gesellschaft hinterlassen.

Respekt und Offenheit

In seiner Zeit als Verbandspräsident des VDMA und BDI stellte er eindrucksvoll unter Beweis, dass er ein sozialer Mensch und gerade deshalb kein Sozialist war. Ein politisch liberaler Geist, eingebettet in christliche Wertbezüge, die ihm in jeder Situation Kompass und Sicherheit verliehen und ihn im Umgang tolerant und bestimmt zugleich auftreten ließen. Ein Schwabe durch und durch, mit bodenständiger Bescheidenheit und ausgeprägtem Selbstbewusstsein. „Mir könnet alles außer Hochdeutsch“, und selbst das beherrschte er virtuos, wie er als Gastautor des Cicero regelmäßig unter Beweis stellte. Er konnte mathematisch-analytisch Maß nehmen und gleichzeitig das Ergebnis mit bildhafter Sprachgewalt und einer Prise Humor für jedermann verständlich vermitteln. Eine Eigenschaft, die nur wenigen Führungspersönlichkeiten vergönnt ist.

Wer ihn kannte, schätzte ihn ob seiner menschlichen Qualitäten, die an seine professionellen jederzeit heranreichten. Wer mit ihm stritt, mochte ihn danach noch mehr. Er pflegte eine auf Respekt und Offenheit basierende Streitkultur, die sich so wohltuend von den heutigen, durch ideologische Enge und Mangel an Toleranz geprägten Debatten abhob. Er war Vorbild und Geschenk zugleich für den politisch gesellschaftlichen Diskurs unserer Zeit. Am 12. November ist Michael Rogowski im Alter von 82 Jahren in Heidenheim verstorben. Sein Andenken zu ehren ist Quelle der Kraft, die diese Gesellschaft so dringend für die Gestaltung der Zukunft benötigt. Was Deutschland heute braucht, sind mehr Rogowskis.

 

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