Kapitalmarkt - Optimisten kaufen in Asien

Aktien scheinen im aktuellen Niedrigzinsumfeld alternativlos. Daniel Stelter verrät, was dabei derzeit zu beachten ist und auf welche Weltregionen es sich besonders zu setzen lohnt.

Auch an den Börsen: Es werden definitiv asiatische Jahrzehnte / dpa
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Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Das kommende Jahr 2021 verspricht ein gutes Börsenjahr zu werden. Der Impfstoff kommt, die Wirtschaft erholt sich, als Folge des Lockdown-bedingten Zwangssparens haben viele Menschen mehr Geld verfügbar, die Regierungen setzen ihre Konjunkturprogramme fort und letztlich wohl am entscheidendsten: Die globale Liquidität ist infolge der Notenbankinterventionen explodiert.

Wann, wenn nicht in diesem Umfeld sollten die Börsen neue Rekorde feiern? Die US-Bank Goldman Sachs prognostiziert gar goldene zwanziger Jahre. Schon bis Ende 2022 sollen demnach die US-Börsen weitere 30 Prozent zulegen. Getragen von steigenden Gewinnen und anhaltend tiefen Zinsen. Dass US-Aktien nach allen gängigen Bewertungsziffern weit über historischen Werten notieren, irritiert die Analysten dabei nicht. Solange Geld nichts kostet, und dem dürfte bis 2025 so sein, bestehe kein Grund zur Sorge.

Siegeszug der FAANGs

Aktien sind in einem solchen Umfeld fast „alternativlos“, auch wenn die goldenen Zwanziger des vorherigen Jahrhunderts kritisch verliefen. Klar ist aber: Eine Börse, die nur steigt, weil Notenbanken keine andere Wahl bleibt, als auf dem Gaspedal zu bleiben, schafft nur Wohlstandsillusionen. Optimistenzahlen, die nur zum Höhepunkt der New-Economy-Blase im Jahr 2000 höher lagen als heute, sind zumindest ein Warnsignal: Börsen können fallen.

Was also tun, als Investor? Wer auf die Fundamentaldaten blickt, wird sich zurückhalten wollen. Wer an die Notenbanken glaubt, kaufen, bevor alles noch teurer wird. Vieles spricht für selektives Vorgehen. Gezielt an die Märkte gehen, die relativ zurückge­blieben oder noch fundamental – also von Wirtschaftswachstum und Gewinnen – getrieben sind. Mit einem solchen Blick fällt auf, dass die US-Börsen die anderen Regionen in den vergangenen Jahren deutlich geschlagen haben, getragen vor allem von den Technologieaktien, den FAANGs (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google).

Großbritannien und Japan als Tipp

Kommt es nun zur Erholung der Weltwirtschaft, dürften die anderen Regionen aufholen. Obwohl Europa deutlich zurückgeblieben ist, bleibe ich angesichts der ebenfalls nicht günstigen Bewertung und der falschen politischen Schwerpunkte skeptisch. Solange Europa nicht die Schaffung von Wohlstand vor die Verteilung stellt, dürfte der relative Niedergang der Region andauern. Die Chancen liegen woanders. So dürfte Großbritannien, nachdem der Brexit verdaut ist, erhebliches Potenzial bieten. Die Aktien sind günstig bewertet. Hier sukzessiv eine Position aufzubauen, dürfte auch angesichts des günstigen Pfunds einen Gedanken wert sein.

Noch interessanter ist es in Asien. Die japanische Börse ist nicht nur im internationalen Vergleich sehr günstig, sondern auch die Heimat vieler Top-Unternehmen der Welt. Die Unternehmen sind solide finanziert, forschungsstark, und auch auf dem Gebiet der Corporate Governance gibt es sichtbare Fortschritte. Kein Geringerer als Investmentlegende Warren Buffett hat in Japan investiert.

Asiatische Jahrzehnte

Ebenso gehört China ins Portfolio. Die einzige große Volkswirtschaft der Welt, in der es noch positive Realzinsen und solides Wirtschaftswachstum gibt. Es ist erklärtes Ziel der politischen Führung, das Land als gleichwertigen Spieler neben den USA zu etablieren. Dazu gehören ein funktionsfähiger Kapitalmarkt und eine Währung, der die Investoren der Welt vertrauen können. Die Währung und die Börse haben sich in diesem Jahr überdurchschnittlich gut entwickelt. Die Regierung greift früher ein, um Blasen und Exzesse zu vermeiden. Dies dürfte auf die ganze Region abstrahlen. Zusätzlich befördert von der neuen asiatischen Freihandelszone RCEP. Diese umfasst immerhin 2,2 Milliarden Menschen, die für 30 Prozent der Weltwirtschaftsleistung stehen. Unstrittig die wirtschaftlich dynamischste Region der Welt und der große Gewinner der kommenden Jahrzehnte. Noch kann man dort – relativ – günstiger investieren und sollte dies auch tun.

Möglicherweise werden es goldene zwanziger Jahre in den USA und Europa. Dass es asiatische Jahrzehnte werden, ist demgegenüber jedoch sicher.

Dieser Text stammt aus der Januar-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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