Humboldt-Universität - Berlins neues Scharia-Institut

Drei Islamverbände, reaktionäre Ansichten und viel Geld vom Staat: Das sind die Ingredienzien für das neue Islam-Institut an der Humboldt-Uni in Berlin. An diesem sollen Imame und Lehrer für islamische Religionslehre ausgebildet werden. Die Mehrheit der Muslime repräsentieren sie aber nicht

Wohl eher nicht im Sinne Humboldts: Ein neues Islam-Institut an der Humboldt-Uni zu Berlin / picture alliance
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Es soll ein neues Islam-Institut geben an der Humboldt-Universität zu Berlin. In der Emma berichtet die Islamwissenschaftlerin Rita Breuer, wie die Universität den Beirat des neuen Instituts aber ausschließlich mit „sehr konservativen, Scharia-orientierten Verbänden besetzen“ möchte. Man hätte erwarten können, dass man sich Rat und Unterstützung holt bei modernen Professoren für islamische Theologie wie Mouhanad Khorchide (Münster) oder Abdel-Hakim Ourghi (Freiburg). Doch weit gefehlt. Liberale Muslime bleiben völlig außen vor. Somit liegt die Berufung von Professoren mit in den Händen von Verbänden, die vom Verfassungsschutz mit Sorgen beobachtet und teils vom Ausland dirigiert werden.

Die Universitätsleitung argumentiert, die drei Verbände „Zentralrat der Muslime in Deutschland“, „Islamische Föderation Berlin“ und „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (IGS) würden die deutschen Muslime hinreichend repräsentieren. Der „Zentralrat der Muslime“ vertrete laut Breuer über seine Mitgliedsorganisationen allerdings weniger als 1 Prozent der hier lebenden Muslime und etwa 75 Prozent aller Muslime in Deutschland „haben noch nie von ihm gehört“.

Es geht um ein reaktionäres Deutungsmonopol

Die Verbände, schreibt Breuer, würden allesamt reaktionäre Ansichten und Werte vertreten, die mit unserem Grundgesetz nicht kompatibel seien: „Die mehrheitlich liberal denkenden Musliminnen und Muslime in Deutschland kommen in diesen Verbänden nicht vor. Die so dringend notwendige Akademisierung des liberalen Islams und Entwicklung einer Islam-Theologie auf der Basis von Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Menschenrechten wird von diesen Verbänden systematisch verhindert.“

Kein Wunder also, dass auch das Studierendenparlament der Uni einstimmig gegen das reaktionäre Institut ist. Bisher stoßen sie aber auf taube Ohren oder auf solche, die den Lippenbekenntnisse der Verbände Glauben schenken. Bis 2022 will Berlin 13,8 Millionen Euro für das Institut bereitstellen. Unkritisch sollte man bei dessen weiterer Entwicklung nicht sein: Wie wird sich das neue Institut auf die Freiheit der Wissenschaft auswirken, wenn in dessen Beirat Verbandsverteter sitzen werden, die liberale Islam-Forscher wie Khorchide schon jetzt unter Druck setzen? Ganz zu schweigen von den künftig am Berliner Institut ausgebildeten Imamen und Religionslehrern. Auf ihren Abschlusszeugnissen wird das Siegel der Humboldt-Uni prangen.

Breuer macht in ihrem Beitrag am Schluss dann auch deutlich: „Es geht hier ja auch gar nicht um einen offenen theologisch-akademischen Diskurs, sondern um ein konservatives bis reaktionäres Deutungsmonopol. Es geht um die Marginalisierung liberaler Muslime und die Stigmatisierung jeglicher Islamkritik.“

 

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