Heiligenkult - Lichter, List und Liebe

Sonnenwunder und mehr: Was vor 100 Jahren in Portugal geschehen sein soll, fasziniert und lockt Millionen Pilger. Jede Reise nach Fatima ist ein Ausflug in die Weltgeschichte

Erschienen in Ausgabe
Was geschah vor 100 Jahren wirklich in dieser Senke? / picture alliance
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Autoreninfo

Barbara Wenz: Die im südpfälzischen Kandel geborene Autorin und Journalistin lebt seit vielen Jahren in Italien. Den Kontakt in ihre Geburtsstadt ließ sie nie abbrechen. Sie schrieb unter anderem den Reiseführer „Poetische Pilgerorte. Reisen ins mystische Mittelitalien“ und den Kriminalroman „Das Farnese-Komplott“

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Ein ungemütlicher Frühlingstag geht zu Ende. An diesem Freitagabend weht ein kalter Wind, aber das große Kreuz auf der Spitze der Wallfahrtsbasilika leuchtet klar und leicht bläulich durch die Nacht. Und dann sind da die Kerzen: Auf meterlangen Bänken mit speziellen Rauchabzugshauben thronen sie vor der Capelinha, dem „Kapellchen“, am tiefsten Punkt des „heiligen Bezirks“, wo am 13. Mai 1917 in den Wipfeln einer jungen Steineiche drei Hirtenkindern die Gottesmutter Maria erschienen ist. Oder eher: erschienen sein soll? Laut den Aussagen der Kinder jedenfalls geschah dies in einer einzigartigen Show von kreisenden Lichteffekten, mit Strahlenbündeln, die sie aus ihren Handflächen entsandte. Gekleidet sei sie in Weiß und Himmelblau gewesen, mit goldenen Säumen und Kordeln an bodenlangem Kleid: ein himmlischer Livestream gewissermaßen.

Derart spektakulär sieht es an diesem kalten Frühlingstag nicht aus – sattgelbe Kerzchen flackern in der Dunkelheit und senden ihren Duft in den Himmel; es sind so viele, dass man sich wärmen kann an all den Anliegen der Hunderten von Pilgern, die sie entzündet haben. Im Glasgehäuse, einem senkrecht aufgestellten Schneewittchensarg, steht „Nossa Senhora“ – eine Statue aus bemaltem Holz, nach den Angaben der Kinder gefertigt: mit geneigtem Kopf, aneinandergelegten Händen. Solcherart betend überstand sie im Februar 2016 die Attacke eines Irren, der mit seinem Auto in den Pavillon raste und versuchte, die schützende Vitrine mit Axtschlägen zu zertrümmern.

Tausende Gläubige aus aller Welt

In dieser kalten Frühlingsnacht bleibt alles ruhig. Ein greises Männchen rutscht auf Knien um die Capelinha, hält eine brennende Kerze in die Höhe. Auch am Tage messen Pilger die fast 200 Meter vom Hohen Kreuz hinunter zum Kapellchen auf ihren Knien ab – die ganz hartgesottenen verzichten auf die angebotenen Schonpolster zum Umschnallen. Drinnen streichelt heute eine alte portugiesische Bäuerin mit Kopftuch einem kleinen philippinischen Mädchen, das neben seiner Mutter eingeschlafen ist, übers Haar. Die katholische Kirche ist eine Weltkirche – das sieht man auch in Fatima mit seinen rund 10 000 Einwohnern, das von mehr als vier Millionen Pilgern im Jahr besucht wird, hauptsächlich von Portugiesen, Spaniern – wegen der Nähe zur Grenze – und Brasilianern – wegen der Sprache –, aber auch von erstaunlich vielen Gläubigen aus Übersee: den USA und dem ostasiatischen Raum.

Für sie alle stehen rund 10 000 Gästebetten jeder Kategorie bereit, vom Schlafsaal im Hostel über einfache Pensionen bis zu teuren Wellnesshotels. Ziel all dieser Menschen im rund 120 Kilometer nördlich von Lissabon gelegenen Fatima ist der heilige Bezirk, der mit seinen 750 Metern Länge und 200 Metern Breite fast viermal so groß ist wie der Petersplatz. Im Gegensatz zum überteuerten Rom allerdings kann man hier für 60 Cent ein Glas Weißwein bekommen und für sechs Euro ein Menü. An den beliebtesten Tagen, etwa dem 13. Mai, muss sich die Gastronomie auf eine halbe Million Pilger einstellen – weshalb es an jeder Ecke Omelette gibt.

Bekämpfung der Kirche

Doch was geschah vor 100 Jahren in dieser Senke, von Steineichen, Eukalyptusbäumen und Pinien bewachsen, bedeckt von Wildkräutern und aromatisch blühenden Büschen, als die drei Kinder Lucia, zehn Jahre, ihre Cousine Jacinta, sieben Jahre, und ihr Cousin Francisco, neun Jahre alt, ihre Herde die knapp zwei Kilometer von Aljustrel zur Senke Cova da Iria trieben?

Alle drei sind in eine unruhevolle Epoche geboren. Im Jahr 1908, dem Geburtsjahr Franciscos, wird Portugals König Karl I. mitsamt dem Kronprinzen ermordet. Das Vorspiel zu einem ebenso furchtbaren Anschlag, der wenige Jahre später in Sarajevo zur Initialzündung des Ersten Weltkriegs werden wird. In Portugal besteigt dann Emanuel II. den Thron, doch innerhalb von 24 Monaten, es ist das Geburtsjahr Jacintas, kommt es zu einem Bürgerkrieg zwischen Anhängern der Monarchie und Republikanern. 

Portugal ruft sich am 5. Oktober 1910 – nach der Absetzung Emanuels – zur ersten demokratischen Republik Europas aus. Zu den Zielen der neuen Regierung gehört es, die Kirche auf jedem gesellschaftlich relevanten Gebiet zu bekämpfen. Kirchen werden geschlossen, Priester des Landes verwiesen, der diplomatische Kontakt zum Heiligen Stuhl wird ausgesetzt. Das neue Portugal will sich säkular, liberal und fortschrittlich präsentieren. Wenige Monate später bricht auf der anderen Seite des europäischen Kontinents eine Revolution aus, Zar Niko­laus II. dankt ab.

Ein geheimer Pakt

Im Dörfchen Aljustrel freuen unsere drei Hirtenkinder sich derweil darauf, die Winterlämmer auf die Weide führen zu können. Am Mittag des 13. Mai 1917 werden Lucia, Jacinta und Francisco von einem Blitz geblendet, berichten sie später. Eine Frau erscheint ihnen im Wipfel einer jungen Steineiche, spricht zu ihnen auf Portugiesisch und bittet sie, in den nächsten Monaten an jedem 13. wiederzukommen. Russland, heißt es später, solle Maria geweiht werden, die Welt werde sich daraufhin bekehren. Am 13. Juli zeigt die Frau eine Vision der Hölle: In einem riesigen Feuermeer sind Teufel und Menschen eingetaucht „wie glühende Kohlen“, die ganze Szenerie ist erfüllt von „Verzweiflungsschreien“ und „Schmerzensgeheul“: So steht es in Lucias Aufzeichnungen über dieses sogenannte erste Geheimnis zu lesen. Immerhin wurde den Kindern zugesagt, dass sie fleißig weiterbeten sollten für die Bekehrung der Sünder und bald in den Himmel kämen – bis auf Lucia, die noch eine Weile auf der Erde bleiben müsse, um die Botschaft der Frau, die sich als „Königin des Rosenkranzes“ vorstellen wird, den Menschen nahezubringen. Ohne diese Zusage, schreibt Lucia später, wären sie wohl nach der Höllenvision „vor Entsetzen gestorben“.

Die Hirtenkinder beschließen, kein Wort zu irgendeinem Menschen darüber zu sagen. Jacinta, die Jüngste, hält jedoch nicht dicht: Und so werden die Kinder zum Dorfgespött. Ihre Altersgenossen verhöhnen sie, ihre Eltern schämen sich, der Dorfpriester will mit dieser verrückten Geschichte nichts zu tun haben. Er hat genug Scherereien mit den Republikanern. Arturo Santos, der Bürgermeister von Ourem, der Provinzhauptstadt, entführt die Kinder und verhört sie getrennt voneinander, wobei er jedem einzelnen einen Tod in kochendem Öl androht.

Zweifel werden lauter

Fotos aus dieser Zeit zeigen finster dreinschauende Seherkinder, die beweisen, dass es kein von vorneherein glücklich machendes Privileg sein muss, Berührung mit dem Übernatürlichen gehabt zu haben. Doch hätte sich das kindliche Trio alles ausgedacht, wäre ihr Lügengebäude bei der Festsetzung und der Androhung, in Öl gesotten zu werden, vermutlich zusammengebrochen. Dennoch wurden die Stimmen der Zweifler laut und lauter, naturgemäß.

Für den Tag ihrer sechsten und letzten Erscheinung am 13. Oktober 1917 hat Maria ein Wunder angekündigt, um die Lästermäuler zum Schweigen zu bringen. Kranke sollen geheilt werden, viele zum Glauben kommen. Das Unterfangen ist gewagt: Sollte das Wunder ausbleiben, besteht die Gefahr, dass sich eine aufgebrachte Menschenmenge auf die Kleinen stürzen, ihnen Gewalt antun wird.

Mindestens 50 000 Gläubige, Neugierige, Kranke, Reporter, besonders von republikanisch-antiklerikalen Magazinen, und Vertreter der Ordnungsbehörden haben sich an jenem 13. Oktober bei unablässig strömendem Regen auf der Cova da Iria eingefunden. Die Menge wird ungeduldig, viele haben unter extremen Bedingungen die Nacht verbracht. Kurz nach zwölf Uhr mittags reißt der Himmel auf und gibt tatsächlich den Blick auf eine Sonne frei, die sich langsam, aber stetig zu verändern beginnt. 

Sie erscheint als matte, silberne Scheibe, man kann sie ansehen, ohne geblendet zu werden: So beschreibt es Avelino de Almeida, ein Journalist der antiklerikalen Zeitung O Seculo, der sich vor diesem Tag spöttisch zu Fatima geäußert hatte. Und weiter: „Vor den Augen der erstaunten Menge zitterte die Sonne, machte plötzliche unglaubliche Bewegungen außerhalb aller kosmischen Gesetze – die Sonne tanzte übereinstimmend im typischen Ausdruck der Leute. (…) Sie schien auf uns herabzustürzen bis zu einem Punkt, an dem uns ihre Strahlen verbrennen wollten.“

Säkuläre Journalisten bezeugen das „Sonnenwunder“

Obwohl Avelino de Almeida Augenzeuge war, wurde er für den Artikel, den er auf die Titelseite brachte, angegriffen. Von seinem Bericht rückte er nicht ab, sondern bekräftigte ihn wenige Tage später in einer Zeitschrift. Und er war nicht der einzige säkulare Journalist, der darüber schrieb. 

Auch Almeida Garrett, Professor an der naturwissenschaftlichen Fakultät von Coimbra, der sich wie viele andere Freidenker und Neugierige am 13. Oktober 1917 nach Fatima aufgemacht hatte, bezeugt das sogenannte „Sonnenwunder“. Wir müssen es demnach für historisch verbürgt halten. Anders mag es um die Wunderheilungen bestellt sein, von denen bald berichtet wurde. Die Vorkommnisse in Fatima wurden 1930 kirchlich anerkannt. Kein Katholik aber ist verpflichtet, an Marien­erscheinungen zu glauben, selbst wenn sie von der Kirche bestätigt sind.

Jacinta und Francisco starben im Elend kaum drei Jahre später. Einzig Lucia blieb übrig, die sich mittlerweile in ein Karmelkloster zurückgezogen hatte. Denn es gab noch ein drittes Geheimnis – neben dem ersten, dem Blick in die Hölle, und dem zweiten, der Bitte, Russland und die Welt Maria zu weihen. Doch Schwester Lucia zögert, es preiszugeben.

Obwohl praktisch jedes Hotel, jede Gaststätte, jedes Café den Namen Fatima im Titel trägt, ist das Café Fatima, einen Steinwurf von der nördlichen Seite des heiligen Bezirks, besonders. Die Bar gibt es seit 1953. Dort treffen sich im Winterhalbjahr portugiesische Rentner, um ihren Espresso und Aguardiente zu schlürfen und eine Pastel de Nata zu verzehren, eine winzige Leckerei aus Blätterteig mit gebrannter Puddingcreme. Weil es nun Samstag ist, füllt sich das Café Fatima zur Mittagszeit bis zum letzten Platz mit Großfamilien aus allen Kontinenten. Es gibt Kabeljau-Pasteten und Pommes Frites. Wenn der Run vorbei ist, beherrschen wieder die Rentner das Bild. Fatima funktioniert wie ein normales Städtchen.

In Rom wollte keiner etwas damit zu tun haben

Die Heilsökonomie trifft auf die irdische. Angefangen von der Isola Verde zwischen dem Café Fatima und den Häuschen mit den Kerzen- und Rosenkranzverkäufern, welche lediglich den Platz für die Müll­trennung bezeichnet, bis zur einzigen Raucherkneipe in der Rua Sagrada Familia.

Fast 30 Jahre nach den Ereignissen bei Fatima entschließt sich Schwester Lucia, nach einer lebensbedrohenden Krankheit, sämtliche Geheimnisse aufzuschreiben. Sie bestimmt, dass der Umschlag nicht vor 1960 geöffnet werden dürfe, und sendet alles nach Rom. Zu sagen, dass die Päpste es mit spitzen Fingern anfassten, ist kaum übertrieben. Die Presse wusste aber von der Existenz eines dritten Geheimnisses und spekulierte munter. In Rom wollte eigentlich niemand etwas damit zu tun haben.

Bis zum 13. Mai 1981, gegen 17 Uhr. Da schoss ein professioneller Killer, der türkische Staatsangehörige Mehmet Ali Agca, mit einer Browning drei Mal auf Papst Johannes Paul II. Es war exakt der Jahrestag der ersten Erscheinung in Fatima vor 64 Jahren. Dass der polnische Pontifex überlebte, schrieben die Ärzte einem Wunder zu. Die Kugel hatte auf ihrem Weg durch den Unterleib bis zu ihrem Wiederaustritt nahe der Wirbelsäule keine weiteren lebenswichtigen Organe verletzt und keine Hauptschlagader. Sonst wäre er in wenigen Minuten verblutet. Wer den Anschlag in Auftrag gegeben hat, ist bis heute strittig. Für Wojtyla war – mit Blick auf das Datum – klar, dass er unter dem Schutz Mariens überlebte. Deren „mütterliche Hand“ habe die Durchschlagsbahn des Neun-Millimeter-Projektils durch seinen Körper geleitet.

Eingreifen Gottes

Am Jahrestag des Anschlags, dem 13. Mai 1982, besucht Johannes Paul II. Fatima. Wahrscheinlich kennt er das dritte Geheimnis, das noch vom Vatikan unter Verschluss gehalten wurde, als er die Weihe der Welt und Russlands an Maria am 25. März 1984 in Rom vollzieht. Zwar gab es schon in den Jahren zuvor solche Weihen, doch niemand hatte gewagt, den Namen Russland laut auszusprechen, aus Furcht vor Belastungen in den bilateralen Beziehungen und Sorge um die verfolgten Christen in der Sowjetunion. Anwesend sind in Rom an diesem Tag auch der Bischof von Leiria, dem Fatima untersteht, und der Direktor des Heiligtums – und sie werden ein besonderes Geschenk erhalten: einen „Edelstein“, der durch Blut und Fleisch hindurchgegangen ist. Wer die Ausstellung „Luz e Paz“ im Gebäude Nossa Senhora do Carmo besucht, der kann heute die Krone auf der Statue mit dem eingearbeiteten Neun-Millimeter-Projektil des Mehmet Ali Agca besichtigen.

Neben dem Gebäude führen wenige Stufen zu einer verglasten Nische, in der sich ein Stück der Berliner Mauer befindet. Aber warum? Knapp ein Jahr nach der Weihe Russlands und der Welt wurde Gorbatschow zum Generalsekretär der KPdSU gewählt. Vier Jahre später zerriss der eiserne Vorhang. Nicht nur Lucia führte dieses welthistorische Ereignis auch auf ein Eingreifen Gottes durch die Fürsprache Mariens zurück.

Das Bild der verfolgten Kirche

Über all dem hatte die Welt fast das dritte Geheimnis vergessen. Es wurde erst 2000 öffentlich vorgestellt und kann nun, sowohl als Text in Druckbuchstaben wie auch als Faksimile der Originalhandschrift von Lucia, auf den Seiten des Heiligen Stuhles eingesehen werden. Darin wird beschrieben, wie der Papst durch eine Stadt wandert, hinauf zu einem von einem Kreuz gekrönten Berg. Auf den Straßen liegen die Leichen von Ordensleuten, Priestern, Laien und Bischöfen. Als er den Berg erreicht, streckt ihn ein Pfeil- und Kugelhagel von feindlichen Kämpfern nieder, er fällt „wie tot“ zu Boden. Es ist das Bild der verfolgten Kirche. In der Realität gab es zwar keinen Berg, keine Soldaten, aber einen „weiß gekleideten Bischof“, den polnischen Papst, der unter Agcas drei Schüssen „wie tot“ zusammenbrach. Wojtyla bezog dieses Bild auf sich. Russland hat sich dann schließlich bekehrt, Wladimir Putin kann sich heute gar nicht oft genug vor Ikonen und beim Kerzenentzünden ablichten lassen. Ende gut, alles gut?

„Wer glaubt, dass die prophetische Mission Fatimas abgeschlossen sei, der irrt sich“, so Benedikt XVI. bei seiner Reise nach Fatima im Jahr 2010. Sicherheitshalber hat Franziskus sein Pontifikat der Muttergottes von Fatima geweiht und wird anlässlich der Hundertjahrfeier dort am 13. Mai beten und eine Messe feiern – in der 2007 eingeweihten Dreifaltigkeitsbasilika, die aus einem gigantischen kreisrunden Betonbau besteht, entworfen vom griechischen Architekten Alexandros Tombazis, gegenüber der alten Rosenkranzbasilika. Das hässliche Ensemble sieht aus, als hätten die Erbauer damit gerechnet, dass in Kürze der dritte Weltkrieg ausbricht und man die Gläubigen Fatimas vor verheerenden Luftangriffen schützen müsse.

Kerzenopfer für den Frieden

Mittlerweile ist es ein strahlender Frühlingssonntag in Fatima geworden. Wie an jedem Sonntag wird sieben Mal die Messe gefeiert. Inderinnen in bunten Saris schreiten durch den heiligen Bezirk, ein Trupp aus Taiwan wallt über das Gelände, angetan mit ärmellosen Westen, die martialisch aussehen. Martialisch deshalb, weil auf dem Rücken ein schwarz-weißer Ritter mit einer brennenden Fackel in der Hand, die er kämpferisch erhoben hält, abgebildet ist, unterlegt von streng aussehenden Schriftzeichen. Friedlich versammeln sie sich vor den Gräbern der Hirtenkinder.

Derweil haben die meterlangen Kerzenbänke bei der Capelinha durch das unablässig in das stählerne Auffangbecken heruntertropfende Wachs angefangen, vernichtend aufzulodern. An diesem Sonntag verbrennen die Kerzenopfer für den Frieden, für die Verstorbenen und für die Anliegen der Gläubigen in einem wüsten, fast gierig wütenden Glast.

Ist das vielleicht ein treffendes Bild dieser Welt? Aber dann sind da noch portugiesische Jungs, eine lärmende Grundschulklasse. Aufgeregt rennen sie hin zur Capelinha, jeder mit einer weißen Rose in der Hand, um sie der „Mamma“ zu schenken.

 

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