Cicero im Mai - 200 Jahre Faust. Das deutsche Drama

Vor 200 Jahren hat das Berliner Monbijou-Theater Goethes „Faust“ zum ersten Mal aufgeführt. Es wurde zu dem Drama der Deutschen überhaupt. Im neuen „Cicero“ widmen wir uns der Frage, wie Faust 200 Jahre nach seiner Premiere in Szene gesetzt wird und was der Stoff uns heute sagt

200 Jahre Faust-Drama: Wie hast du's mit Mephisto?
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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In Schreibfibeln wird oft ein Bonmot des amerikanischen Filmproduzenten Samuel Goldwyn abgewandelt, wonach ein Text im ersten Satz mit einem Erdbeben beginnen und sich dann langsam steigern solle – weil jeder Leser die erste schwache Formulierung zum Anlass nehmen könnte, um auszusteigen.

Ein hoher Anspruch. Jeder Autor weiß, wie schwer es ist, im Leben auch nur zwei oder drei Erdbebensätze hinzubekommen. Was für eine Meisterleistung, wenn ein Werk über Hunderte Seiten und zwei Bände ausschließlich aus Sätzen besteht, die sitzen. 60 Jahre hat Johann Wolfgang von Goethe damit verbracht, in seinem „Faust“ Sätze aneinanderzureihen, die beim Lesen im Kopf explodieren, die so klingen, als seien sie allesamt für die „Geflügelten Worte“ des „Büchmann“ erdacht worden – und doch ein großes Ganzes bilden. Noch dazu wirkt Goethes Wortgewalt dabei viel anstrengungsloser als etwa die Werke Schillers, dessen Dramen man das Bemühen ungleich mehr anmerkt. In der Tat ist Goethes Lebens- und Meisterwerk „Faust“ das einzige Drama deutscher Sprache, das in einer Klasse mit jenen von Shakespeare rangiert. Es ist das Drama der Deutschen.

Vor 200 Jahren hat das Berliner Monbijou-Theater Goethes „Faust“ zum ersten Mal aufgeführt. Es ist seither das meistgespielte heimische Drama auf deutschen Bühnen. Unser Autor Björn Hayer hat sich auf eine Reise durch die Republik gemacht, um sich in sechs aktuellen Inszenierungen anzuschauen, wie Faust 200 Jahre nach seiner Premiere in Szene gesetzt wird. Und was der „Faust“-Stoff uns heute sagt. Die große alte Dame der Theaterwissenschaft, Erika Fischer-Lichte, hatte als junges Mädchen die berühmte Inszenierung von Gustaf Gründgens aus dem Jahr 1957 derart fasziniert, dass sie ihren Beruf dem Theater widmete. Im Interview erzählt sie von ihrem Erweckungserlebnis und darüber, wie Gründgens auf Fanpost der damals 15-Jährigen reagierte.

Warum „Faust“ auf ewig wirkt? „Aber doch ist alles sinnlich und wird, auf dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen“, befand am 25. Januar 1827 Goethe selbst in einem Gespräch mit seinem Hausfreund Eckermann. „Und mehr habe ich nicht gewollt. Wenn es nur so ist, dass die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat“, stapelte er scheinbar tief und setzte gleichwohl hinzu: „dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht entgehen.“

Mit besten Grüßen
Christoph Schwennicke
Cicero-Chefredakteur

 

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