Deutschland führt im Lockdown-Ranking - Meister der Maßnahmen

Ein Datenanalyse-Tool der Universität Oxford zeigt an, welches Land aktuell die härtesten Maßnahmen im Kampf gegen Corona erlassen hat. Nach den Fidschi-Inseln liegt Deutschland an der Spitze. Mögen wir sonst keine Meistertitel mehr erringen, mit Corona haben wir es der Welt ein vielleicht letztes Mal gezeigt. Eine Glosse.

Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Frankfurt a.M. / dpa
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Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Wir sind nahezu Weltmeister! Eine Datenanalyse der Oxford University bringt es endlich ans Licht. Nach nun fast zwei Jahren Pandemie und ebenso langer Pandemiebekämpfung belegt Deutschland den zweiten Platz, wenn es um die Verhängung von Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus geht. Auf einer Indexdarstellung der Länder mit den striktesten Maßnahmen liegt Deutschland am 13. Januar mit 84,26 von insgesamt 100 Indexpunkten nur noch knapp hinter den Fidschi-Inseln. Und die sind mit einer Einwohnerzahl von geschätzt 890.000 wohl ohnehin nur Ausweis der beliebten These, nach der es in der Welt längst keine kleinen Gegner mehr gibt. 

Jedenfalls liegen wir jetzt weit vor den nach uns folgenden Burmesen (80,56 Punkte) sowie vor Uganda (78,70 Punkte), Griechenland (77,78 Punkte) und Jamaika (75,93 Punkte). Die beiden Erstgenannten sind übrigens Anhänger autoritär geprägter Lebensstile, Jamaika indes mag es monarchisch. Da ist es ganz klar: Fidschi und wir. Die uneinholbare Spitze im Ranking. Was soll man da noch sagen?

Sogar Österreich hinter uns gelassen

Noch im November lagen wir so weit zurück. Jetzt aber haben wir sogar unsere österreichischen Nachbarn weit hinter uns gelassen. Hatte man in Wien noch Ende des letzten Jahres einen flächendeckenden Lockdown verfügt, belegt man dort derzeit mit 66,27 Punkten nur noch ein x-beliebigen Platz im oberen Mittelfeld jedenfalls weit hinter Indonesien, Angola oder Marokko. Ein wenig ist es wie früher beim Fußball. Nur dass das Spiel jetzt nicht mehr 90 Minuten, sondern gleich zwei Jahre dauern kann. Aber was soll’s? Am Ende wird Deutschland Weltmeister. Was stören uns da jetzt noch neueste Maßnahmendebatten in Tirol oder in Vorarlberg? Corona, das ist unsere Rache für Cordoba!

Und es ist alles belegt: Seit dem 1. Januar 2020 nämlich sammelt der Oxford Covid-19 Government Response Tracker (OxCGRT) systematische Informationen über politische Maßnahmen, die Regierungen in mehr als 180 Ländern zur Bekämpfung von Covid-19 ergriffen haben. Zwischennoten gibt es in gleich 23 sehr unterschiedlichen Disziplinen: Schulschließungen, Tests und Kontaktverfolgungen, Homeoffice, Notinvestitionen in marode Gesundheitseinrichtungen, Verbote für öffentliche Versammlungen, Reisebeschränkungen. Kurz, es geht um all die kleinen und großen Plackereien, die uns in den letzten zwei Jahren die Lebenslust zuweilen auch mal richtig versemmeln konnten.

Deutsches Maßnahmenwesen

Aber zwischen Rhein und Neiße beißt man sich durch. Und jetzt ist es raus: Der oft nervenaufreibende Einsatz hat sich gelohnt. Mögen die Rasenracker um Hansi Flick und Michael Neuer seit Jahren allenfalls nur noch die Achtelfinale großer Welttourniere erreichen, bei Corona sind wir Weltspitze; Eintänzer auf einem glatten viralen Parkett. Das zumindest zeigt der sogenannte „Stringency Index“, das Maß für die Umsetzung der relevanten Indikatoren, die es braucht, um einer globalen Seuche so richtig den Garaus zu machen. Wobei, auch das sagen die Autoren der Oxford-Analyse: Der Index sagt leider nichts darüber aus, ob das ganze Maßnahmengedöns auch gelegentlich mal Wirkung gezeitigt hat.

Egal. Wichtig ist jetzt eh nur, was hinten rausgekommen ist: „Die rasche weltweite Ausbreitung von Covid-19 wurde mit einer außergewöhnlichen Bandbreite an staatlichen Reaktionen beantwortet“, schreiben die Autoren gleich zu Beginn des Government Response Trackers. Und am Ende, da sind wir eben die Außergewöhnlichsten die mit den schlimmsten Beleidigungen gegenüber Andersdenkenden („Denkpest-Betroffene mit unangenehmen Körpergeruch“, Sascha Lobo), die mit den schroffsten Ablehnungen in Sachen Ein- und Widerspruch („Kleine Richterlein“, Frank Ulrich Montgomery), und die mit der auch insgesamt größten Verachtung des demokratischen Fußvolks („Man muss den Bürger schützen, notfalls auch vor sich selbst“, Markus Söder).

All diese Dinge, plus die weltweit wohl eisernste Debatte um eine Impfpflicht, haben es jetzt noch mal rausgerissen! Und die Fidschi-Inseln überholen wir auch noch! Noch ist Corona ja nicht geschlagen. Noch hat Omikron nicht gesiegt. Am deutschen Maßnahmenwesen werden am Ende eben nicht nur unsere Infizierten genesen. Elf Freunde muss man halt immer noch sein; im zerrissenen Deutschland tun es jetzt auch fünf und dann noch mal sechs. Im Zweitakter zum Titel. Sowas können am Ende nur wir.

Die aktuellen Zwischenstände des Oxford Covid-19 Government Response Tracker finden Sie hier.

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