Masken im Schulalltag - Wegezoll für die „neue Normalität“

Während sich in der öffentlichen Debatte der Eindruck verfestigt, ein Mund-Nasen-Schutz könne die Verbreitung des Corona-Virus eindämmen, ist die Studienlage weniger eindeutig. Einer Maskenpflicht im Unterricht jedenfalls spricht sie nicht das Wort.

Eine Schülerin geht mit Maske zur Schule / dpa
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Autoreninfo

Prof. Dr. Heiner Barz ist Bildungsforscher und war zuletzt an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig. Seit 2023 ist er im Ruhestand. 

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In der Debatte über die Rückkehr in die Klassenzimmer spitzt sich die Konfrontation unterschiedlicher Corona-Mentalitäten exemplarisch zu. Während ein Teil der Eltern und vor allem die Lehrerverbände normalen Unterricht als viel zu gefährlich und unverantwortlich ansehen, wollen Bildungspolitik und ein Großteil der Eltern rasch zur schulischen Normalität zurückkehren. In der Auseinandersetzung über die richtigen Schritte im Zusammenhang mit der Corona-Krise hat sich damit ein neuer Kristallisationspunkt herausgebildet. Nicht nur stehen sich weiter Befürworter und Gegner von Eindämmungsmaßnahmen gegenüber. Sondern es hat sich auch eine Einschätzung Einfluss verschaffen können, die gewissermaßen als dritten Weg eine möglichst weitgehende Aufrechterhaltung des normalen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens anstrebt – unter Inkaufnahme von Ausnahmeregeln.

Kontakteinschränkungen sind gewissermaßen der Wegezoll, der für ein bisschen mehr Normalität entrichtet werden muss. Sie sollen, so die umstrittene Begründung, das Infektionsgeschehen bremsen. Diese sogenannten Hygieneauflagen – etwa Beschränkung von Zugangszahlen, Abstandsgebote und vor allem die Maskenpflicht in vielen öffentlichen Räumen – sollen dem Schutz vor der Übertragung des Covid-19-Virus dienen.

NRW hat die Debatte verschärft

Insbesondere die zum Schuljahr 2020/21 für NRW zunächst verhängte Maskenpflicht sogar im Unterricht, also in den Klassenzimmern der weiterführenden Schulen, hat die Debatte über die Angemessenheit, die Wirksamkeit und die Verhältnismäßigkeit verschärft. Allerorten wurde die wahltaktische Komponente des zunächst eingeschlagenen harten Kurses in NRW diskutiert. Schließlich war Ministerpräsident Laschet mit seiner frühzeitigen Befürwortung von Lockerungen Zielscheibe der Kritik von Teilen der Politik und der Medien insbesondere nach dem „Fall Tönnies“ geworden, während Bayerns Ministerpräsident Söder sich als Hardliner ins Umfragehoch katapultiert hatte. Demgegenüber fragt dieser Text nach der wissenschaftlichen Evidenz der nunmehr verordneten Maskenpflicht, also danach, inwieweit deren Notwendigkeit und Wirksamkeit durch belastbare wissenschaftliche Forschungsergebnisse bestätigt ist. Da die wissenschaftliche Datenlage alles andere als konsolidiert ist, erscheint weiter die Identifikation möglicher Sekundäreffekte naheliegend.

Welche Rolle spielen Kinder und Jugendliche?

Bevor Sinn und Unsinn der Maskenpflicht an Schulen beziehungsweise die Frage der Zu- oder Abträglichkeit von Masken unter Gesundheitsaspekten diskutiert werden soll, ist aber ein Blick auf die Frage sinnvoll, welche Rolle Kindern und Jugendlichen für die Ausbreitung des Corona-Virus überhaupt zukommt. Dabei muss es erstaunen, dass in den im Modus der Dauererregung verharrenden Veröffentlichungen fast aller großen Medien weiterhin der Fokus auf Fallzahlen liegt – ohne dass dabei differenziert würde zwischen Positiv-Getesteten, tatsächlich bestätigt mit dem Covid-19-Virus Infizierten, leicht Erkrankten, schwer Erkrankten oder gar lebensbedrohend Erkrankten. Dass es allein aufgrund der Testmathematik bei einer niederen Prävalenz  eine sehr hohe Quote falsch positiver Testergebnisse geben muss, ist kein Geheimnis – selbst Jens Spahn hat in einem Interview versucht, diesen paradox anmutenden Zusammenhang zu erläutern.

Dass bei mindestens dreiviertel der richtig positiv Getesteten keine oder nur minimale Symptome auftreten, ist ebenfalls oft bestätigt worden. Dass die Sterblichkeit im Promillebereich liegt und in den letzten Wochen offenbar weiter gesunken ist, weil das Virus möglicherweise an Kraft verliert, könnte als Zeichen der Entspannung gedeutet werden.

Studienergebnisse dringen nicht ins Bewusstsein

Aber derartige Meldungen finden sich im Vergleich zu den täglich berichteten Behauptungen über eine zweite Welle oder über steigende Fallzahlen, über gefährlichen Leichtsinn nur selten. Was man fast noch seltener findet, sind aber die Hinweise auf die Ergebnisse der Studien, die in verschiedenen Bundesländern in Auftrag gegeben wurden. Diese Studien haben sich die Bundesländer Millionen Euro kosten lassen und sie wurden tatsächlich sehr schnell umgesetzt. Umso erstaunlicher ist es, dass die Ergebnisse oder mindestens publizierte Zwischenergebnisse, die inzwischen immerhin aus Baden-Württemberg, Hamburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen vorliegen, in der aktuellen Diskussion über die Rückkehr zur Normalität an Schulen kaum eine Rolle zu spielen scheinen.

Die Zwischenergebnisse für Hamburg beispielsweise lauten (so eine Pressemitteilung des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf schon vom 19 Juni 2020):
„Keines der bis zum 6. Juni untersuchten Kinder hatte einen positiven Nasen-Rachen-Abstrich, somit lag bei keinem der Teilnehmenden eine akute Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus vor.“

Nur eine Infektion bei 5.210 Probanden

Die Düsseldorfer KiTa-Studie mit 5.210 Probanden und mit 34.068 Testergebnissen (es gab bis zu acht Proben pro Proband) kommt zum Ergebnis: „Im Rahmen der Studie wurde im gesamten Studienzeitraum nur eine SARS-CoV-2 Infektion bei einem Kind identifiziert.“ Dieser eine Fall eines 6-jährigen Mädchens wurde als „unkomplizierter Verlauf“ berichtet. Die Ergebnisse von Dresden, Leipzig oder der Studie des Universitätsklinikverbundes in Südwestdeutschland (Heidelberg, Ulm, Tübingen, Freiburg) lauten ähnlich. Beispiel Universitätskliniken Südwest im Auftrag des Landes Baden-Württemberg: Es wurde ein Kind (plus ein dazugehöriger Elternteil) mit positivem PCR-Testergebnis in einer Stichprobe von 4.932 Probanden (d.h. 0,04%) diagnostiziert. Und: „Both subjects reported only mild symptoms.“

Möglicherweise hat die vergleichsweise geringe öffentliche Resonanz dieser doch insgesamt beeindruckend großen Stichproben von getesteten Kindern und Jugendlichen, die allesamt eine geradezu verschwindend geringe Betroffenheit von Kitas und Schulen belegen, auch mit der teilweise mehr als zurückhaltenden Interpretation der Ergebnisse durch die Studienleitungen selbst zu tun. Wenn etwa die Studienleiterin am Uniklinikum Eppendorf, Professorin Ania C. Muntau, die Tatsache des Fehlens von positiven Testergebnissen so kommentiert: „Daraus können wir schlussfolgern, dass die Lockdown-Maßnahmen für die Kinder und Jugendlichen in Hamburg erfolgreich waren“, dann ist das insofern überraschend, als man mit gutem Grund genau das Gegenteil schlussfolgern kann: Der Schul-Lockdown war überflüssig, weil Schülerinnen und Schüler sowieso – wie diese Studie zeigt – im Infektionsgeschehen keine erkennbare Rolle spielen. (In Hamburg war von 3.107 Nasen-Rachen-Abstrichen bei 0-18jährigen Probanden kein einziger positiv.)

Forscher äußern sich erstaunlich zurückhaltend

In Düsseldorf klassifiziert der Virologe Professor Timm als Studienleiter seine eigenen Ergebnisse als offenbar ohne Belang: „Auf dieser Grundlage von erfreulich wenigen Infektionen ist eine klare Aussage dazu, welche Bedeutung Kinder als Infektionsquelle haben, leider nicht möglich", so Timm laut Kölner Stadtanzeiger vom 25.07.2020. Es wäre interessant zu erfahren, ob es überhaupt ein denkbares Ergebnis gegeben hätte, durch das die Düsseldorfer Forscher sich zu einer irgendwie gearteten Aussage berechtigt gefühlt hätten.

Immerhin lässt sich die Studienleitung in Dresden mit den Worten zitieren: „Immunisierungsgrad geringer als erwartet – Schulen haben sich nicht zu Hotspots entwickelt.“ Und auch in Leipzig folgert man aus der Tatsache, dass im Rahmen einer Schulstudie bei 2.599 Probanden keine einzige positive Rachenabstrich-Probe gefunden wurde: „Die Infektionslage in den untersuchten sächsischen Schulen ist zum Untersuchungszeitpunkt unbedenklich.“

Debatte spiegelt nicht den Forschungsstand

Es muss befremden, ja es hinterlässt ein beklemmendes Gefühl, wenn man feststellt, dass hier für Millionen Euro Pop-Up-Forschungsprojekte zur Rolle von Kindern und Schülern im Infektionsgeschehen finanziert und durchgeführt wurden, die allesamt das Ergebnis erbringen, dass die Rolle von KiTas und Schulen so gut wie nicht vorhanden ist – und dass diese Ergebnisse dann kaum in der öffentlichen und politischen Debatte Berücksichtigung finden. Übrigens ganz im Gegensatz zu den erratischen Lesefrüchten des Virologen Drosten oder seiner eigenen umstrittenen Studie, die nach allem, was man inzwischen weiß, offenbar ganz zentral für die politischen Entscheidungen der Ministerpräsidenten im Zusammenhang mit dem Schul-Lockdown gewesen waren.

In Machart und Schlussfolgerungen scheint Drostens eigene Kinderstudie so massiv gegen wissenschaftliche Standards verstoßen zu haben, dass sie inzwischen von Drosten zurückgezogen bzw. in einer überarbeiteten Version publiziert wurde. Doch während Drosten weiterhin eine Art inoffizieller Richtlinienkompetenz in Sachen „Maßnahmen vs. Lockerung“ zuzukommen scheint, bleiben sämtliche gut belegten Forschungsergebnisse, die Kindern und Jugendlichen eine bestenfalls randständige Rolle für Infektionsübertragungen und gar kein besonderes Krankheitsrisiko bescheinigen, unbeachtet.

Sind Masken wirksam?

Wissenschaft ist ein Feld unterschiedlicher Paradigmen und kontroverser Positionen. Man sollte also nicht überrascht sein, wenn es zu einem heute so alltagsprägend wichtig gewordenen Thema wie dem Tragen einer Maske zwecks Infektionsschutz sehr unterschiedliche Urteile in der Forschung gibt. Als überraschend dürfte sich für einen unvoreingenommenen Beobachter im Nachhinein höchstens der Umstand darstellen, dass just mit den Corona-Shutdowns sich der Erkenntnisstand offenbar um 180 Grad gedreht hat. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die seit wenigen Wochen dominierende Auffassung „Masken schützen und sind empfehlenswert“ nicht in Stein gemeißelt ist, sondern sich – wodurch auch immer – irgendwann ein zweites Mal diametral umkehren könnte.

Noch im Oktober 2019 hatte die WHO selbst einen ausführlichen, über 200 Seiten langen Report vorgelegt, in dem sämtliche „Non-pharmaceutical Measures" evaluiert und in ihrer Wirksamkeit bewertet wurden. Erörtert wurde ein mögliches pandemisches Influeza-Geschehen (Corona war damals noch kein Thema). Wer heute in diesem Report liest, ist überrascht. Denn für so gut wie alle heute verhängten Maßnahmen findet man in diesem Dokument immer wieder bezüglich der Evidenz nur das Fazit „low“ oder meist sogar „very low“.  Reisebeschränkungen, Grenzschließungen, Schulschließungen, Betriebsschließungen, Verbot von Großveranstaltungen – alles kommt hier vor und der Forschungsstand wird in Form von Metaanalysen aufbereitet. Evidenz insgesamt: Fehlanzeige.

WHO empfiehlt 2019 Masken nur bedingt

Zu „face masks" heißt es unter der Überschrift „Overall Result of Evidence on Face Masks" ausdrücklich: „Ten Randomized controlled trials were included in the meta-analysis, and there was no evidence that face masks are effective in reducing transmission of laboratory-confirmed influenza." 

Widersinnigerweise werden Masken dann in diesem Papier trotz fehlender Evidenz doch „conditio-nally recommended", also „bedingt empfohlen“ – offenbar, weil die Autoren sich an das Motto gehalten haben „Wenn sie auch nichts nützen, so schaden sie wenigstens auch nichts und es spricht – außer vielleicht den Kosten – nichts dagegen“. Denn: „There are no major ethical considerations in the use of face masks."

Eine ethisch problematische Studie der WHO

Diese Überlegung muss überraschen. Ethische Bedenken fallen also für dieses Autorenteam bestehend aus WHO-Experten und einem Team der Universität Hongkong in Bezug auf Masken nicht ins Gewicht. Dabei darf man als sicher annehmen, dass jede an einem deutschen Forschungsinstitut geplante Studie, in der eine Gruppe von Kindern über Stunden, Tage, Wochen und Monate hinweg Masken tragen sollte, von keiner Ethikkommission dieser Republik genehmigt worden wäre. Schon die direkten gesundheitlichen Folgen durch die erschwerte Atmung, die Rückatmung verbrauchter Luft, die Entstehung von Hautreizungen und Ausschlägen hinter der feuchten Maske, dem ein völlig zweifelhafter möglicher Nutzen gegenübersteht, hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Ablehnung jedes derartigen Forschungsplans geführt. Und dazu kommen ja noch erhebliche Kommunikationsbarrieren, weil die gesamte Mimik wegfällt und somit wichtige zwischenmenschliche Ebenen ausfallen.

Zu ähnlichen Ergebnissen hinsichtlich der nicht vorhandenen Evidenz der sogenannten Alltagsmasken kam schon zehn Jahre vorher, im September 2009, das Europäische CDC (European Centre for Desease Prevention and Control, eine Organisation der EU) in einem Leitfaden zum Umgang mit Pandemien. Auf Seite drei dieses Dokuments wird zusammenfassend festgehalten, dass der Nutzen (benefits) von Masken unbekannt („unknown“) sei, die Datenlage wird mit dem schlechtesten Grade Cm („Cm refers to modelling with few or poor quality primary data“) bewertet. Und es wird gewarnt: „difficulties of training, supply and types of masks, disposal and waste. May be perverse effects from misuse and re-use“  Gerade der Hinweis auf die kontraproduktiven („perverse“) Effekte durch falsche Benutzung und Wiederbenutzung muss im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen sehr ernst genommen werden. Auch eine im Juni 2020 in „Lancet“ veröffentlichte Metastudie, die 29 offenbar neuere, aber ausschließlich in China, Vietnam und Saudi Arabien durchgeführte Studien berücksichtigt, bemisst die Gewissheit der Befunde nach wie vor mit „low“.

Mehr Fragen als Antworten

In einer der neueren Studien, die in den letzten Monaten auf den Markt geworfen wurden, um Corona-bezogene Fragen zu untersuchen, hat ein Team von Wirtschaftswissenschaftlern die Behauptung aufgestellt, dass sich am Beispiel der Stadt Jena die günstige Wirkung von Masken belegen lasse. Diese vermeintlich empirischen Ergebnisse wurden in den deutschen Medien breit rezipiert. Denn Jena hatte am 6. April, also früher als alle anderen Länder und Kommunen, eine Maskenpflicht verordnet. Und nun wollen die Forscher „nachgewiesen“ haben, dass dies gewirkt hätte. Weil Jena weniger Infektionen hätte als eine „synthetische Vergleichsstadt“, die aus den Daten von einer Handvoll anderer Städte zusammengerechnet wurde.

Wer das Preprint der Studie im Original zur Hand nimmt, stellt schnell fest, dass es sich – wie bei großen Teilen der Forschungsarbeiten, die zur Zeit den Regierungen als „wissenschaftliche Basis“ ihres Handelns dienen – ausschließlich um Modellrechnungen handelt. Immer seltener bewegen sich offenbar Forscher weg von ihrem Computer um reale Daten oder gar echte Menschen zu untersuchen. Man speist stattdessen vorhandene, wie immer problematische Daten, in Datenbanken ein und lässt inferenzstatistische Programme darüber laufen, an deren Stellschrauben man so lange dreht, bis einigermaßen plausible oder auch erwünschte Ergebnisse sich einstellen. Wer sich von derartig ambitionierten Methoden nicht einschüchtern lässt, stellt schnell fundamentale Probleme fest.

Jenaer Studie ist fehlerhaft

Die erste Ungereimtheit ist, dass bereits drei Tage nach dem Stichtag 6. April ein Rückgang der Infektionen verzeichnet wurde. Bekanntermaßen führen die Inkubationszeit und der Meldeverzug zu mindestens 10-14 Tagen Verzögerung bis sich Effekte einer Maßnahme einstellen können. Das räumen die Autoren sogar selbst ein. Sie sprechen dann von immerhin acht Tagen erwartetem Verzug, was aber eine interessengeleitete Unterschätzung darstellt. Eine Wirkung der Maskenpflicht hätte sich also erst ab dem 20. April einstellen dürfen. Was machen die Autoren mit diesem Widerspruch? Sie greifen zum sehr durchsichtigen und kaum belastbaren Argument, dass es einen „Ankündigungseffekt“ geben würde (angekündigt wurde die Maskenpflicht wohl am 30.3.).

Das zweite große Problem: Mit keinem Wort gehen Lang- und Kurzfassung des Papers auf die Test-Häufigkeit ein. Dabei ist jedem aufmerksamen Zeitgenossen längst klar, dass die Zahl der durchgeführten Tests einen massiven Einfluss auf die Zahl der gefundenen Infektionen hat. Darüber schweigt sich das Papier aus. Es wäre aber durchaus denkbar, dass die unterschiedlichen Infektionszahlen sich weniger durch „Maske ja-nein“ erklären, sondern durch die Testhäufigkeit. Freundlicherweise räumen die Autoren auch diese Schwachstelle ein – wenngleich nicht öffentlich.

Was sagt die Wissenschaft?

Eine Stellungnahme der „Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.“ zur Wirksamkeit von Masken für den Eigen- und Fremdschutz lässt deutlich werden, dass sich hinsichtlich belastbarer Forschungsergebnisse wenig geändert hat. Obwohl auch diese Stellungnahme mit impliziten Empfehlungen zugunsten des Maskentragens in geschlossenen Räumen schließt, wird hier eine beträchtliche Anzahl auch aktueller Studien zitiert, die jeweils zum Ergebnis kommen, dass das Tragen von Masken keinen nennenswerten Effekt hat.

Beispiele: Eine Arbeit von Bae, Kim & Kim (2020) kommt zum Schluss, „dass keine der untersuchten Masken (auch nicht die chirurgische Maske) eine effektive Filterleistung erzielte.“ Aiello und Mitarbeiter publizierten Studien mit Probanden in Studentenwohnheimen, die zeigten, dass „die alleinige Verwendung von Masken […] keinen signifikanten Vorteil“ zeigte. „Eine Untersuchung, bei der in französischen Haushalten die Indexperson mit einer Influenzaerkrankung innerhalb von 48 Stunden zum Tragen einer Maske angehalten wurde, fand keine signifikanten Unterschiede bei der Häufigkeit der Influenzasymptome anderer Haushaltsmitglieder innerhalb des Beobachtungszeitraumes von 7 Tagen.“ Studien, die die Filterleistung verschiedener Maskenstoffe verglichen, kamen zum Ergebnis, dass es textile Stoffe zu geben scheint, „die nahezu keine Filterleistung aufweisen.“ Dieselbe Studie formuliert auch explizit Bedenken wegen kontraproduktiver Effekte in Bezug auf die Verwendung von Stoffmasken.

Forschungsstand ist mindestens widersprüchlich

Als Gründe für das erhöhte Infektionsrisiko bei Stoffmaskenträgern wurde genannt:

1. die durch Feuchtigkeit bedingten besseren Lebensbedingungen für Viren
2. das mehrfache Benutzen der Masken
3. die ungenügende Reinigung dieser Masken bei mehrfachem Gebrauch“

Angesichts derartiger Forschungsarbeiten muss man die Befürwortung des Maskentragens als äußerst gewagtes Fazit der DGP-Stellungnahme verstehen und als unbefangener Leser darf man mindestens festhalten, dass der Forschungsstand nach wie vor überaus widersprüchlich zu sein scheint.

Und dass sich gesundheitliche Probleme als Resultat des Maskenzwangs, wie sie sich auch bereits in der genannten DGP-Stellungnahme andeuten, nicht bagatellisieren lassen. In einer Pressemitteilung vom 18.05.2020 weist das Hamburger Umwelt-Institut nicht nur auf die ökologisch problematischen Plastik-Müllberge durch Masken hin, sondern auch auf direkte Gesundheitsgefahren: „Vielfach werden in den Masken auch gefährliche vermeintlich antimikrobielle Substanzen wie beispielsweise Silberverbindungen eingesetzt, die keine nachgewiesene Wirkung gegen Corona-Viren besitzen und zusätzliche Resistenzen von anderen Krankheitskeimen fördern können. Durch viele waschbare Masken (unter anderem aus Polyester) ergibt sich zudem ein Problem durch das Einatmen von Mikroplastikabrieb.“

Masken verändern Gasaustausch beim Atmen

Derartige Gesundheitsprobleme sind umso mehr zu befürchten, als offenbar auch jede Menge gefälschter Masken, bzw. Masken mit gefälschten Qualitäts- und Zulassungszertifikaten in Umlauf gebracht wurden.

Eine Dissertation aus dem Jahr 2005 hält als Ausgangspunkt des Forschungsinteresses zur CO2-Rückatmung fest: „Es ist eine Tatsache, dass das Operationspersonal, vor allem bei längeren Operationen, über Müdigkeit und wiederholtes Gähnen klagt. Dies könnte Folge einer durch CO2-Rückatmung bedingten Veränderung des physiologischen Gasaustausches sein." Um dann als Fazit zu formulieren: „Das Ergebnis dieser Studie zeigt bei beiden untersuchten Maskentypen einen signifikanten Anstieg des Partialdruckes für Kohlendioxid im Blut der Probanden. Die transkutan gemessenen arteriellen CO2-Werte nahmen bis zu 5,5 mmHg zu. Dieser Anstieg wurde durch die eingeschränkte CO2-Permeabilität der Masken verursacht. Das ausgeatmete CO2 konnte nur teilweise durch die OP-Masken entweichen, dadurch kam es unter den Masken zu einer Akkumulation von CO2. Dieser Effekt führte zu dem Ergebnis, dass die Probanden Luft einatmeten, deren CO2-Gehalt höher war als derjenige, der umgebenden Raumluft. Dies wiederum führte zu einem Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration im Blut der Versuchspersonen, welcher sich unmittelbar nach Anlegen der Operationsmaske zeigte."

Die politischen Implikationen der Maskenpflicht

In der Politik ist man offenbar bereit, die Behauptung von der gegen Viren schützenden Wirkung von Masken zu glauben – und nimmt dafür unter anderem den tatsächlichen Rückgang der Covid-19-Fallzahlen beziehunsgweise -Todesfälle als Bestätigung. Abgesehen davon, dass man den Rückgang der Virenaktivitäten – egal ob es sich um Influenza- oder Coronaviren handelt – ab März in jedem früheren Kalenderjahr für das es Aufzeichnungen gibt beobachten konnte, und dafür also keinen Lockdown und keinen Maskenzwang verantwortlich machen kann, weil es diese gar nicht gab. Abgesehen also von der üblichen jahreszeitbedingten Virenaktivität, die man auch für das aktuelle Corona-Virus unterstellen kann, gibt es einen RKI-Befund, der die virenpräventive Wirkung des Maskenzwangs massiv in Frage stellt.

Laut dem RKI-Influenza-Monatsbericht für die Zeit vom 13.06 bis 10.07.2020, basierend auf den Berichten der 70 Sentinelkliniken und der 589 registrierten Sentinel-Arztpraxen, ist die „Positivenrate“ für alle Viren-Gattungen, die Atemwegsbeschwerden verursachen können, ab der 10. Kalenderwoche stark gesunken und auf einem niedrigen Niveau von wenigen Prozentpunkten geblieben. Allerdings zeigt sich für die Rhinoviren seit KW 22 ein beträchtlicher Anstieg, der bis zur 28. KW auf einen Wert bei 70% gewachsen ist. Es wurde bisher nicht behauptet, dass Masken zwischen verschiedenen Viren-Typen unterscheiden können – und so etwa Corona-Viren blockieren, Rhinoviren aber passieren lassen. Wenn also Rhinoviren offenbar ihre Aktivitäten als Atemwegsbeschwerdebringer trotz Maskenpflichten fortsetzen können – dann ist kaum erklärbar, dass das für Corona-Viren nicht gelten sollte.

Gibt es fremde Interessen?

So bleibt also festzuhalten, dass der Nutzen eines Mund-Nasenschutzes längst nicht in dem Maße erwiesen ist, wie es Politik und Medien behaupten. Über den Sinn der eigentümlichen Gewissheiten kann nur spekuliert werden. In wissenschaftliche oder gesellschaftliche Entwicklungen können sich fremde Interessen einlagern.

Der Risikoforscher Prof. Gerd Gigerenzer weist beispielsweise immer wieder darauf hin, dass die Schweinegrippe im Jahr 2009/2010 den willkommenen Vorwand lieferte, um in Ägypten die Verfolgung der koptischen Christen zu intensivieren. Obwohl Ägypten keinen einzigen Fall von Schweinegrippe verzeichnete und Schweine ohnehin für die Verbreitung des Virus keine Rolle spielten, ordnete die ägyptische Regierung das Schlachten aller von Christen gehaltenen ca. 300.000 Schweine an.

Angst hat viele Vorteile

Nun wird man einwenden, dass man die Schweinegrippe nicht mit Corona und Ägypten nicht mit Deutschland vergleichen könne. Richtig. Aber die sozialen Mechanismen im Zusammenspiel von Gelegenheiten und Strategien, von längerfristigen Bestrebungen und aktuellen Chancen wird man in jeder Krise beobachten können. Noch einmal Risikoforscher Gigerenzer: „Angst ist ein Markt. Angst bei Menschen auszulösen, hat auch Vorteile. Nicht nur, was den Konsum von Medikamenten betrifft. Angstbesetzte Menschen lassen sich leichter regieren. Wir wissen aus der Geschichte: Jedes Volk steht nahezu geschlossen hinter seinem Präsidenten, wenn ein Krieg beginnt. Verängstigte Menschen sind auch leichter zu überreden, gewisse Dinge zu konsumieren.“

 

Eine Langfassung des Beitrags unseres Gastautors Prof. Barz mit vollständigen Quellenangaben ist hier abrufbar:

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