Cicero im Juni - Die neuen Gestrigen

Vor 50 Jahren begann mit den Schüssen auf Benno Ohnesorg die Studentenrevolte. Anlass für eine kritische Bilanz. Wo waren die 68er von Nutzen und wo von Schaden? In der aktuellen Cicero-Ausgabe fällen ehemalige Protagonisten wie Nachgeborene ihr Urteil

Lebte Rudi Dutschke noch, bliese er den Altvorderen Joschka Fischer, Hans-Christian Ströbele und Daniel Cohn-Bendit den Marsch? / Illustration: Jens Bonnke
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Es war ein Schuss in viele Köpfe, den der Berliner Polizist Heinz Kurras am 2. Juni 1967 auf den Studenten Benno Ohnesorg abgab. Er bereitete dem Leben des jungen Mannes ein jähes Ende – und löste eine Bewegung aus, die die nächsten Jahrzehnte gesellschaftlich und politisch bestimmt hat. Das Auflehnen gegen die geschichtsvergessene Vätergeneration, die Revolte gegen das System, das Aufbrechen von Lebensformen – all das nahm in jenem Hinterhof der Krummen Straße 66/67 in Berlin-Charlottenburg seinen Anfang. Eine militante Gruppe benannte sich danach.

In vielem übers Ziel hinausgeschossen

50 Jahre ist das nun her. Anlass für eine kritische Bilanz. Was hat 68 gebracht, wo waren die 68er von Nutzen und wo von Schaden? Ihnen gebührt in meinen Augen das historische Verdienst, den Gestrigen jener Zeit schonungslos den Spiegel vorgehalten zu haben. Sie haben die Bundesrepublik der 1950er-Jahre entmufft und entnazifiziert, aber neben falschen Tabus auch segensreiche Prinzipien wie Leistung und Wettbewerb geschleift, sind in vielem über jedes Ziel hinausgeschossen. Dann haben sie den Marsch durch die Institutionen erfolgreich durchgezogen. Heute wachen sie über ihr Erbe und ergrauen. Legen ideologische Leitplanken fest, setzen ihre Leitkultur absolut. Bäumen sich noch einmal auf gegen den nächsten Epochenbruch. Dabei gerieren sie sich teilweise ebenso selbstgerecht wie jene Generation, der sie das immer vorgeworfen haben. Heute sind sie die Gestrigen.

Fluch oder Segen?

Wir ziehen politische Bilanz einer ganzen Generation. Protagonisten von damals wie der Philosoph Jürgen Habermas kommen zu Wort. Gegenspieler und Abtrünnige ebenso. Vor allem aber die Generation der Nachgeborenen, denen in erster Linie das Recht zusteht, ein Urteil zu fällen: Was habt ihr in einem halben Jahrhundert für diese Gesellschaft geleistet? Und wo habt ihr grandios versagt? Wo fatal geirrt? An welchen Folgen eurer Verirrungen leiden wir heute? Die Schriftstellerin und 68er-Tochter Sophie Dannenberg eröffnet die Serie und kommt in ihrem Essay zu einem kritischen Befund. Junge Politiker der Nachfolgegeneration wie Paul Ziemiak und Johanna Uekermann fällen ihre persönlichen Urteile.

Wir werden die Debatte im Heft und bei Cicero Online fortsetzen und ermuntern herzlich, sich daran zu beteiligen.

 

Die Juni-Ausgabe des Cicero erhalten Sie ab sofort am Kiosk oder in unserem Online-Shop.

Werfen Sie hier einen ersten Blick ins neue Heft.

 

 

 

 

 

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