WM 2018 - „Man kann nicht jedesmal Weltmeister werden“

Auch nach dem WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft wird auf der Fanmeile in Berlin weiter Fußball geschaut. Allerdings kommen viel weniger Fans. Den Standinhabern droht jetzt ein schlechtes Geschäft. Ein deutsch-türkischer Souvenirhändler erzählt

Auch nach dem deutschen WM-Aus nicht billiger: Fahnen und Perücken auf der Fanmeile / Antje Hildebrandt
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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni ist Deutschlands größte Fanmeile. Fast eine Million Menschen haben 2014 hinter dem Brandenburger Tor den Sieg der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM gefeiert. Zu feiern gab es in diesem Jahr jedoch wenig: Das Team von Trainer Joachim Löw schied schon vor dem Achtelfinale aus. Trotzdem werden die Spiele weiterübertragen, hat der Veranstalter entschieden. Allerdings kommen kaum noch Besucher. Die Alternative für Deutschland (AfD) fordert deshalb, dass die Fanmeile geschlossen und die Sperrung der Straße aufgehoben werden soll. Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther hat erklärt, sie wolle bis zum Wochenende abwarten, wie sich die Besucherzahlen entwickeln. Wir haben mit einem deutsch-türkischen Souvenirhändler gesprochen.

Nix los hier an Ihrem Stand. Lohnt sich das Geschäft überhaupt noch, nachdem die deutsche Mannschaft aus der WM herausgeflogen ist?
Nee, aber was soll ich machen? Mein Vertrag für den Stand läuft ja weiter, bis zum Ende der WM. So lange muss ich bleiben.

Was haben Sie denn gedacht, als Deutschland im dritten Spiel gegen Südkorea verlor?
Mist, dann kommen nicht mehr so viele Leute.

Hat Sie die Niederlage denn überrascht?
Nicht wirklich. Ich spiele selber Fußball. Ich finde, der Mannschaft hat es diesmal an Motivation gefehlt. Die hatte überhaupt keinen Plan. Nach den ersten beiden Spielen ahnte ich schon: Das wird knapp. Aber als Deutschland dann herausgeflogen ist, war ich doch schockiert.

Wie war da die Stimmung auf der Fanmeile?
Merkwürdig. An dem Tag waren 100.000 Leute da. Und plötzlich war die Fanmeile leer. Das ging ratz-fatz.

Wer kommt denn jetzt noch?
Bis das Achtelfinale begann, haben sich hier nur ein paar Touristen verirrt. Seit auf der Leinwand wieder Spiele übertragen werden, kommen aber schon noch ein paar hundert Fans.

Aber die kaufen keine schwarz-rot-goldenen Fahnen oder Perücken mehr, oder?
Nee, aber ich habe ja zum Glück auch noch Trikots und Fan-Artikel von anderen Teams.

Welche verkaufen sich denn besonders gut?
Immer die Artikel der Teams, die gerade spielen. Heute also die Trikots von Brasilien und Mexiko.

Trotzdem hat Ihnen die Deutschland-Pleite das Geschäft vermiest. Was schätzen Sie, wie hoch ist der Verlust?
Ach, darüber mag ich gar nicht nachdenken. Bei der WM 2014 lief es ganz gut, jetzt eben nicht. Ich sehe es sportlich. Man kann nicht jedesmal Weltmeister werden.

Gibt‘s den Deutschland-Krempel jetzt wenigstens billiger?
Nur die Trikots. Die gibt es jetzt für nur 14,95 statt für 19, 95 Euro. Fahnen und Perücken kosten immer noch 10 Euro.

Warum haben Sie die nicht reduziert?
Die werden eingelagert – bis zur nächsten WM.  

Was glauben Sie denn, wer wird dieses Jahr Weltmeister?
Die Türkei, natürlich.

Die ist doch gar nicht dabei.
Haha, war nur ein Scherz. Ich drücke die Daumen, dass Belgien oder Frankreich gewinnt.

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