Entlassung von Hubertus Knabe - „Das hat den Anschein einer Strafaktion“

Die Entlassung von Hubertus Knabe, Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, schlägt in Berlin hohe Wellen. Nun fordern vier Frauen, darunter die DDR-Bürgerrechtlerinnen Freya Klier und Heidi Bohley, die Aufhebung der Entlassung. Die sei wegen „politischer Unangepasstheit“ erfolgt

Hubertus Knabe: Wegen „politischer Unangepasstheit“ entlassen? / picture alliance
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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Im Streit um die Entlassung von Hubertus Knabe ist das letzte Wort offenbar noch nicht gesprochen. Wie Cicero Online am Freitag berichtete, verdichteten sich in Berlin Hinweise, dass die rechtliche Grundlage für die plötzliche Entlassung des langjährigen Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen mehr als wackelig ist. Es wurde offen darüber spekuliert, ob Knabe, ein ebenso engagierter wie streitbarer Anwalt der Opfer des SED-Regimes, einer von langer Hand eingefädelten Intrige seines Dienstherrn, Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), zum Opfer gefallen war. Schließlich richteten sich die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung, die sieben ehemalige Mitarbeiterinnen in einem Brief vom 8. Juni an den Kultursenator adressiert hatten, gegen Knabes Stellvertreter Helmuth Frauendorfer, nicht gegen ihn. Und Frauendorfer war von Knabe bereits beurlaubt worden. Knabes Entlassung begründete der von Lederer geleitete Stiftungsrat damit, dass das Vertrauen in den Direktor fehle, in Hohenschönhausen ein Klima zu schaffen, das einen respektvollen Umgang mit Frauen garantiere. 

Frauen wehren sich gegen Entlassung von Knabe

Alles nur an den Haaren herbeigezogen? Das Gerücht, dass Lederer die Belästigungsvorwürfe nur benutzt habe, um einen seiner größten Kritiker loszuwerden, hat jetzt durch einen offenen Brief an ihn neue Nahrung bekommen. Unterzeichnet wurde er von vier Frauen, die im Beirat der Gedenkstätte Höhenschönhausen sitzen, darunter von den ehemaligen DDR-Bürgerrechtlerinnen Freya Klier und Heidi Bohley. Sie protestieren gegen die Entlassung Knabes. Ihre Forderung nach seiner Wiedereinsetzung begründen sie unter anderem damit, dass Knabe seinen Stellvertreter schon beurlaubt und eine „Dienstvereinbarung zum Beschäftigenschutz und respektvollen Umgang am Arbeitsplatz“ mit dem Personalrat abgeschlossen habe. Auch hätte er schon eine Antidiskriminierungsbeauftragte ernannt. 

Ferner wenden die Unterzeichnerinnen ein, dass der fünfköpfige Stiftungsrat Knabe selbst am vergangenen Dienstag nicht angehört habe, bevor er einstimmig beschloss, ihm zu kündigen. Sie widersprechen damit der Darstellung von  Lederers Sprecher, Daniel Bartsch. Der hatte auf Anfrage von Cicero Online versichert, man habe Knabe angehört. Dem Gedenkstättenleiter sei es aber nicht gelungen, den Eindruck zu entkräften, dass  er gar nicht bereit sei, „den dringend notwendigen Kulturwandel in der Stiftung einzuleiten.“ In dem Brief, der Cicero Online vorliegt, klingt das anders. Darin heißt es: „Nach zweistündiger Wartezeit vor dem Sitzungsraum teilte der Stiftungsratsvorsitzende Klaus Lederer (Die Linke) dem Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe ohne Anhörung oder Nennung konkreter Beschuldigungen die ordentliche Kündigung und sofortige Freistellung von allen Dienstpflichten als einstimmigen Beschluss des Stiftungsrates mit.“ 

„Kündigung entbehrt rechtlicher Grundlage“

Ein völlig unakzeptables Verhalten, kritisieren die Unterzeichnerinnen. Als Angehörige des Stiftungsbeirates hatten sie vorgeschlagen, den freigewordenen Stellvertreterposten mit einer Frau zu besetzen. Diesen Vorschlag sollten die beiden vom Stiftungsbeirat entsandten Mitglieder Dieter Dombrowski (CDU) und Birgit Neumann-Becker im Stiftungsrat vortragen. Beide hätten aber vor der Sitzung keine Rücksprache mit dem Beirat gehalten. Ob das dem Zeitmangel infolge einer überstürzt einberufenen Beiratssitzung geschuldet war, ließ der Brief offen. Er endet mit dem Fazit, dass die Kündigung Knabes der rechtlichen Grundlage entbehre. „Vielmehr erwecken diese Maßnahmen den Anschein einer Strafaktion, die sich eher als Reaktion auf seine politische Unangepasstheit denn als Antwort auf (vorgebliche) Verfehlungen deuten lässt.“ 

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