Salafismus - Seehofer verbietet Salafisten-Verein Ansaar

Brunnenbau, Hilfe für Waisenkinder – vordergründig ist an den Aktivitäten von Ansaar International nichts auszusetzen. Trotzdem hat der Innenminister den Verein jetzt verboten. Er steht unter Terror- und Salafismus-Verdacht.

Am 5. Mai vor dem Gebäude des Vereins in Düsseldorf / dpa
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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat den salafistischen Verein Ansaar International und alle Ableger der islamistischen Vereinigung verboten. Wie sein Ministerium mitteilte, wurde das Verbot am frühen Mittwochmorgen mit Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen vollzogen. Betroffen waren nach Informationen aus Sicherheitskreisen mehrere Dutzend Menschen. Der Schwerpunkt der Maßnahmen lag in Nordrhein-Westfalen. In den zehn Ländern seien insgesamt mehr als 1.000 Beamte im Einsatz gewesen, hieß es. Bislang seien etwa 150 000 Euro beschlagnahmt worden.

Zur Begründung des Verbots erklärte das Innenministerium, die Spendensammlungen von Ansaar seien in der Absicht erfolgt, diese an terroristische Vereinigungen im Ausland weiterzugeben, insbesondere an die Al-Nusra-Front in Syrien, die 2017 in der Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) aufgegangen war, an die palästinensische Hamas sowie an Al-Shabaab in Somalia.

Terror-Unterstützung

Die Unterstützung komme diesen Vereinigungen teilweise direkt zugute. Teilweise würden Hilfsprojekte unterstützt, „die jedoch unmittelbar zum Wirkungskreis der jeweiligen terroristischen Vereinigung zu zählen sind“. Das Ministerium ist außerdem der Auffassung, dass die Missionierungsaktivitäten der Gruppe gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen. Hier würden „fortlaufend Feinde einer Weltordnung geschaffen, welche die Menschenwürde Andersgläubiger schützt“.

Kinder aus Deutschland würden in die von Ansaar im Ausland aufgebauten Einrichtungen geschickt, „um dort salafistisch-extremistische Inhalte zu verinnerlichen und zurück nach Deutschland zu tragen“. Personelle Überschneidungen gibt es dem Vernehmen nach zwischen dem Ansaar-Vereinsgeflecht und dem durch Koran-Verteilaktionen bekannt gewordenen Verein Die Wahre Religion/Lies!, der 2016 verboten worden war.

Schwerpunkt NRW

„Wer den Terror bekämpfen will, muss seine Geldquellen austrocknen“, sagte Seehofer. „Wer angeblich Spenden für einen guten Zweck sammelt, dann aber Terroristen finanziert, kann sich nicht hinter unserem Vereinsrecht verstecken.“ Ausgangspunkt für das Verbot war eine Großrazzia bei dem Netzwerk im April 2019, bei der umfangreiches Material beschlagnahmt worden war. Ansaar International hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf, die Teilorganisation WWR-Help im nordrhein-westfälischen Neuss. Etwa die Hälfte der 90 Menschen und Objekte, die damals betroffen waren, befanden sich in NRW.

Zu dem Geflecht von Vereinigungen, die nun verboten wurden, gehört den Angaben zufolge auch die nach dem deutsch-tunesischen Fußballspieler benannte Änis Ben-Hatira Foundation, zudem das Somalische Komitee Information und Beratung in Darmstadt und Umgebung e.V., der Verein Frauenrechte ANS.Justice, „Ummashop“ und Helpstore Secondhand UG sowie Better World Appeal. Durch die unwahre Angabe, die Gelder würden ausschließlich humanitären Zwecken zugutekommen, seien Spender betrogen worden, stellte das Innenministerium fest.

Im April dieses Jahres waren in Zusammenhang mit dem Verbotsverfahren wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung in Nordrhein-Westfalen und Bayern Wohnungen durchsucht worden. Der Verdacht richte sich gegen drei Beschuldigte im Alter von 32 bis 40 Jahren, teilte die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft damals auf Anfrage mit. Man ermittle auch wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue. Bei einem der Beschuldigten handele es sich um einen Düsseldorfer Rechtsanwalt. dpa

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