Proteste beim G20-Gipfel - Augen zu und durch!

Krawalle der linksautonomen Szene überschatten den G20-Gipfel. Die Hamburger Polizei hat um Verstärkung aus anderen Bundesländern gebeten. Dabei hat der Staat selbst es so weit kommen lassen

Vermummte, Polizei, brennende Mülltonnen – eine Straßenszene wie aus dem Kriegsgebiet / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

Anzeige

Hatte eigentlich allen Ernstes jemand daran geglaubt, das G20-Treffen in Hamburg werde friedlich über die Bühne gehen? Dann wäre diese Annahme jedenfalls so kreuznaiv gewesen, wie der umgekehrte Fall eine Verantwortungslosigkeit sondergleichen dargestellt hätte: Diese Veranstaltung nämlich trotz erheblicher Sicherheitsbedenken in der Hansestadt durchzuführen. Die Bundesregierung hat es aber ganz offensichtlich so gewollt; der Termin kurz vor der Wahl ist ja auch eine prima Gelegenheit, sich noch mal mit Aplomb als Akteur von Weltrang in Szene zu setzen. Ob also aus Blödheit oder wegen der gewohnten deutschen Selbstüberschätzung: Das Motto der Planer war ein beherztes „Augen zu und durch!“ Ein paar Kollateralschäden müssen die Bürger da schon wegstecken. Bitte um Verständnis!

Das Narrenschiff MS Deutschland

Aber zum Glück gibt es ja immer jemanden, der die Party finanziert – auf den Steuerzahler ist schließlich Verlass. Und wenn eine Demo mit dem friedfertigen Leitgedanken „Welcome to Hell“ ein bisschen aus dem Ruder gerät, dann muss das wohl daran gelegen haben, dass die Polizisten kurzfristig ihre Benimmregeln vergessen hatten. So ist das auf dem Narrenschiff namens MS Deutschland, wo jeder Protest als „politisch“ zu gelten hat, wenn denn nur ein „Aktivist“ sein Sprüchlein auf sein Schildchen gepinselt hat – von wegen „Kapitalismus versenken“ oder so. Zu solchen Gelegenheiten öffnet dann auch schon mal das örtliche Schauspielhaus großzügig seine Pforten für jene aufrechten Globalisierungsgegner, die keinen Platz mehr auf dem nahegelegenen Campingplatz gefunden haben. Mit Staatsknete lässt sich das gute Gewissen immer noch am bequemsten aufpolieren.

Staatliche Souveränität? Fehlanzeige!

Der G20-Gipfel in Hamburg könnte eine Farce sein, aber dafür sind die Begleitumstände zu bedrückend. Ein Staat, der seinen eigenen Armeeangehörigen verbietet, während der Konferenztage in Uniform durch die Stadt zu gehen, weil es sonst zu „spontanen Angriffen gewaltbereiter linksextremistischer Protestteilnehmer“ kommen könnte, hat seine Souveränität faktisch aufgegeben. Wenn ein G20-Treffen, bei dem Antworten auf globale Probleme gefunden werden sollen, schon dazu ausreicht, das staatliche Gewaltmonopol zu verwässern – was ist dann eigentlich los, wenn es wirklich mal brennt? Und wer schützt dann eigentlich all jene Politiker und wohlgesinnten Mandatsträger aus den linksalternativen Resonanzräumen, die mit Gewalt immer dann kokettieren, wenn sie nur aus der richtigen Richtung kommt? Womöglich sind das dann ja doch ein paar Uniformträger – zumindest, wenn sie vorher kein Ausgehverbot erhalten haben, weil ihr Outfit den einen oder anderen Militanzclown provozieren könnte.

Meinung wird frei Haus geliefert

„Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“, lautet der grenzdebile Wahlkampfslogan der CDU. Vielleicht hätte man hinzufügen sollen: Die Definition von „gut“ und „gerne“ übernimmt die Partei Ihres Vertrauens kostenlos gleich auch noch mit. Gut und gerne lebt es sich demnach offenbar in einem Land, dessen Regierung es zulässt, dass G20-Gegner ihre Plakate an Ladenbesitzer verteilen, damit diese sich durchs Anbringen kruder Antikapitalismusparolen an den Schaufensterscheiben vor „Entglasung“ und anderen Übergriffen durch marodierende Wohlstandsautonome schützen. Das nennt man dann wohl Meinungsfreiheit: Wenn einem die Meinung der anderen frei Haus geliefert wird. Und wer sie nicht teilt, kriegt halt aufs Maul. Oder die Familienkutsche abgefackelt. Es wäre ja auch seltsam, wenn sich der sogenannte Antifaschismus nicht an seinem Antagonisten orientieren würde – methodisch und sonstwie.

Ein Abbild unserer Zeit

Am Ende ist es dann auch egal, ob die Verantwortlichen sich aus Dummheit oder aus Verantwortungslosigkeit für Hamburg als Austragungsort entschieden haben. Der Affenzirkus dieser Tage, bei dem selbst Mordaufrufe zu Kunstaktionen nobilitiert werden, ist in jedem Fall ein schönes Abbild der Bundesrepublik anno 2017: Derangierte Linke machen Front gegen einen Staat, der sie mit Taschengeld alimentiert und gleichzeitig zu feige ist, Flagge zu zeigen. Heutzutage subsumiert man so etwas offenbar unter den Begriff „Haltung“.

Anzeige