Pressekonferenz des Gesundheitsministers - Jens Spahn: Ab nächster Woche wird BioNTech rationiert

Gesundheitsminister Jens Spahn scheint über den Erfolg seiner eigenen Impfkampagne verwundert zu sein. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz verkündete er, dass das Vakzin von BioNTech ab kommender Woche rationiert werden muss. Einer Impfpflicht erteilt er nach wie vor eine Absage, hält es aber für eine „moralische Pflicht“, sich impfen zu lassen.

Wer glaubte, zwischen Moderna und BioNTech wählen zu können, wurde von Jens Spahn eines Besseren belehrt / dpa
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Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

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„Diese Woche wird noch alles, was an BioNTech-Impfstoff bestellt wurde, an die Ärzte ausgeliefert. Ab der kommenden Woche müssen wir die Lieferungen vorübergehend begrenzen.“ Das sagte der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Berlin. Spahn hält dies aber „nicht für die entscheidende Botschaft“. Viel wichtiger sei doch, dass „insgesamt“ ausreichend sehr guter und wirksamer Impfstoff zur Verfügung stehe. Dies und nichts anderes gelte es ab sofort, nach den verwirrenden Informationen vom Wochenende, „gemeinsam zu kommunizieren“.

Der Minister erwartet von den Journalisten, ihn in seinem Bemühen zu unterstützen, der Frage „BioNTech oder Moderna?“ die Schärfe zu nehmen und der ganzen Angelegenheit medial einen neuen Dreh zu geben. Überhaupt gelte doch: „Wenn BioNTech der Mercedes ist unter den Vakzinen, dann ist Moderna der Rolls-Royce. So muss man das doch sehen!“. Er „spüre“ ja den Ärger der Ärzte, „das ist ja auch okay“. Bis vor einer oder zwei Wochen sei die Nachfrage nach Booster-Impfungen aber noch „sehr, sehr verhalten gewesen“. Dass diese nun nach dem Start der eigenen Booster-Kampagnen so stark angezogen habe, mit Bestellungen von sechs Millionen Dosen innerhalb von 14 Tagen, sei nicht vorherzusehen gewesen. Er begrüße das natürlich sehr – nur führe das eben nun zu Einschränkungen bei der Auswahl. Spahn: „Wir halten nichts zurück. Alles, was wir haben, liefern wir auch aus.“

Wohl nicht richtig zugehört

Der amtierende Minister deutete eine gewisse Mitschuld der Ärzte an der entstandenen Mangelsituation an. Diese neigten – ohne dass er diese Formulierung verwendet hätte – ein wenig zum Hamstern. Dadurch entstehe jetzt „ein gewisser Puffer“; die Kühlschränke würden gefüllt. Auch die Medien hätten, so Spahns zweite Andeutung, wohl nicht richtig zugehört, als er selbst am Freitag „proaktiv“ angekündigt habe, nun müsse aber auch verstärkt Moderna verabreicht werden.

Auf Nachfrage wurde in der Pressekonferenz allerdings bestätigt, dass es bei der Empfehlung bleibe, Unter-30-Jährigen ausschließlich BioNTech zu spritzen. Hintergrund sind Studien, die für junge Leute bei Verwendung von Moderna ein leicht erhöhtes Risiko von Herzentzündungen anzeigen. Trotzdem gelte: „Es ist genug für alle da. Insgesamt werden für Deutschland bis Jahresende 50 Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen.“

Zu Berichten, nach denen der Mainzer Hersteller Biontech SE der Bundesregierung am Wochenende erhebliche außerplanmäßige Zusatzlieferungen angeboten habe, äußerte sich Jens Spahn ausweichend. Er wolle jetzt nicht neue Zahlen in die Welt setzen und die Verwirrung dadurch noch vergrößern. Sein Haus sei mit der Firma aber „dauernd im Gespräch“.

Leben im Schlaraffenland

Von einer staatlichen Impfpflicht will der geschäftsführende Gesundheitsminister, wie er betonte, nach wie vor nichts wissen. Sollte allerdings die künftige Regierungskoalition ein entsprechendes Gesetz in den Bundestag einbringen, werde er sich nicht verweigern, sondern noch vor dem Regierungswechsel einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeiten lassen und zur Verfügung stellen. Er persönlich sehe Impfen als „moralische Verpflichtung“. Es gebe, so Spahn, eine „solidarische Pflicht, sich impfen zu lassen“. Impfen sei keine Frage, die nur einen selbst etwas angehe.  

Professor Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, ergänzte, er habe für den Streit um den richtigen Impfstoff keinerlei Verständnis: „Verglichen mit der Lage in vielen anderen Ländern der Welt leben wir hier im Schlaraffenland.“

 

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