Antisemitismus - Neue linke Rechte

Die Songs von Gangsta-Rappern klingen wie einst die Hassgesänge der SA. Die islamische Jugendkultur wird dabei geschützt von einer Linken, die Demokratie und Rechtsstaat verachtet, schreibt Cicero-Kolumnist Frank A. Meyer. Der Blick darauf wird aber blockiert durch das Starren nach rechts

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Nach dem Echo-Skandal besuchten die umstrittenen Rapper Kollegah und Farid Bang das Konzentrationslager Auschwitz / picture alliance
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Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

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Was ist das: „Berlin wird wieder hart, denn wir verkloppen jede Schwuchtel“? Oder das: „Ihr Tunten werdet vergast“? Oder das: „Ich sag dir, bring sie um, die Frau gleich mit“? Das ist Rap. Von Bushido. Dem Jugendidol. 2013 wurde ihm vom Medienhaus Burda ein Bambi für Integration verliehen. Und was ist das: „Ich komm’ mal heim und hau dann erstmal meine Frau kaputt/Leg mich hin, stehe auf und nehme dann ein Bad/Denn ich steh’ für Frauen­rechte wie Ahmadinedschad“? Das ist Rap. Von Kollegah und Farid Bang. 2018 ausgezeichnet mit dem deutschen Musikpreis Echo.  Rap von Kollegah und Farid Bang ist auch: „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen/ Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow/Mit dem Sprengstoffgürtel auf das Splash-Gelände/In die Menschenmenge und kill’ sechzig Menschen/Und nach einem Schlag denkst du, dich hätt’ ein LKW überfahr’n/Als wärst du aufm Weihnachtsmarkt.“

Schwulenhass, Frauenhass, Judenhass! Verhöhnen, verachten, vernichten! Schlagen, totschlagen, vergasen! Ist das einfach nur Rap? Es ist Faschismus. Was faschistische Gewalt kennzeichnet, kennzeichnet auch Rap-Gewalt: Sadismus, Gnadenlosigkeit, Freude an der Pein Schwächerer, Verbreiten von Furcht und Schrecken. Der Muslim-Rap klingt wie in braunen Zeiten die Hassgesänge der SA: „Wetzt die langen Messer/auf dem Bürgersteig/lasst die Messer flutschen/in den Judenleib/Blut muss fließen knüppelhageldick/ Wir scheißen auf die Freiheit der Judenrepublik.“

Gangsta-Rap wird zu Alltagsverhalten

So erscholl die Nazihymne des Judenhasses. Welcher Jugendliche aus der Emigranten-Community kann diese Hassstrophen unterscheiden vom Hass-Rap ihrer Vorbilder Kollegah und Farid Bang? Die Wortgewalttäter erobern den Schulhof. Mobbing gegen jüdische Kinder durch Migranten-Mitschüler? Schmähung von gläubigen Israeliten durch jugendliche Einwanderer? Hiebe mit dem Gürtel für einen Kippaträger? Gangsta-Rap verwandelt sich in Alltagsverhalten.

So ist der Geist, der aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika herüberweht. Jüngst verkündete Palästinenserpräsident Mahmud Abbas: Die Juden seien am Holocaust selber schuld, hätten sie Hitler doch herausgefordert durch ihr „soziales Verhalten“, das sich vor allem im Verleihen von Geld manifestierte – und weiter manifestiere, was ja jeder Koranschüler weiß. Ja: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, wie Bertolt Brecht im Epilog zu seinem Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ schrieb. Ein Stück, das den Nationalsozialismus als Erscheinung aus der Gangsterwelt inszeniert. Gangsterwelt. Gangsta-Rap.

Die Relativierungen der linksliberalen Medien

Um antisemitisches Verhalten zu rechtfertigen, bedarf es im Übrigen keines muslimischen Mentors. Auf Zeit Online war kürzlich zu lesen: „Kann ‚muslimischer Antisemitismus gerechtfertigter sein als der von christlich sozialisierten Europäern?“ Die Steigerungsform „gerechtfertigter“ offenbart: Antisemitismus ist grundsätzlich gerechtfertigt, insbesondere der europäische – und muslimischer Antisemitismus ist noch gerechtfertigter. Zeit Online liefert ein prägnantes Beispiel dafür, wie sich der Judenhass seinen Weg in die Sprache bahnt. Aus dem Unterbewussten, in dem er abgelegt war, bricht er durch – es spricht das freudsche Es. Damit ist auch der Cordon sanitaire zu erklären, den linke Milieus in Politik und Publizistik schützend um den offen aggressiven islamischen Antisemitismus legen: Schutz für das eigene Verdrängte.

Ein Schutz, wie ihn auch Frauen- und Schwulenhass genießen: Erscholl je ein #MeToo-Aufschrei gegen Rap, der mit suggestivem Stakkato sexuell-sadistische Gewaltfantasien in die Köpfe von Jugendlichen hämmert? Haben je Erziehungsbehörden interveniert? Man muss den politisch pervertierten Islam als das bezeichnen, was er ist: eine Organisationsform der Neuen Rechten, deren Kohorten sich aus Jugendlichen und jungen Männern rekrutieren, genau wie einst die SA. Der Postmoderne gemäß in popmodernen Formationen: cool und die Fahne hoch – die Palästinenserfahne! Eine solche neue Neue Rechte darf es laut linker Doktrin nicht geben. Der Blick der Fortschrittsfreunde ist blockiert durch das Starren auf die alte Neue Rechte: Rechtspopulisten und Konsorten, AfD und Pegida.

Der Islam ist das aktuelle Faszinosum für Faschisten

Sind die deutschen Antifaschisten tatsächlich Antifaschisten? Die Sympathie für Hamas und Hisbollah, fast schon ein politisches Bündnis mit diesen nahöstlichen Terrortruppen, legt etwas anderes nahe. Sind Deutschlands Antifaschisten noch zur westlichen Zivilisation zu zählen? Die romantische Hinwendung zu Bewegungen, die für Israel und den Westen nichts als Hass empfinden, spricht eine andere Sprache. Hatte der italienische Schriftsteller Ignazio Silone recht mit seiner Befürchtung: „Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus“?

Der Islam ist die antiwestliche Bewegung par excellence: feindlich gesinnt der Aufklärung und der säkular-demokratischen Ordnung, feindlich gesinnt dem Rechtsstaat und der offenen Gesellschaft, feindlich gesinnt einer grundgesetzlichen Leitkultur, die der Gleichheit verpflichtet ist, nicht zuletzt der Gleichheit von Frau und Mann. Der Islam ist das aktuelle Faszinosum für Faschisten, die sich als Antifaschisten aufführen. Ihr Faschismus ist von einer besonderen Art: ein linker Faschismus – seiner selbst nicht bewusst. Ein erhellendes Beispiel aus Spiegel Online, wo kürzlich zu lesen stand, wie sich die linke Ablehnung der westlich-kapitalistischen Kultur begründet: „Die Aufklärung brachte uns auch Rassenlehre und Holocaust.“

Eine Schande für alle wirklichen Linken

Das Gegenteil ist wahr. Aber um das zu erkennen, müsste man wissen: Die Ursuppe des reaktionären Denkens rührte Joseph de Maistre (1753–1821) mit seinem Pamphletismus gegen die Aufklärung und die Französische Revolution an; der monarchistische und antisemitische Publizist Charles Maurras (1868–1952) verdichtete die faschistischen Anfänge zu einer Programmatik, unter anderem im intellektuellen Kampfblatt L’Action Française; der Ex-Sozialist Benito Mussolini (1883–1945) formte die Ideologie der ­Anti-Aufklärung zur faschistischen Partei und liquidierte in Italien Demokratie wie Rechtsstaat.

Hätte der revolutionäre jüdische Journalist und Dichter Heinrich Heine im Vormärz seine geläufigsten Verse doch so verfasst: „Denk ich an Deutschlands Linke in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“ – er hätte allen wirklich aufgeklärten Deutschen und wirklichen Linken aus dem Herzen gesprochen.

Dieser Text stammt aus der Juni-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder in unserem Onlineshop erhalten.














 

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