Linda Teuteberg - Liberale Wunderwaffe

Linda Teuteberg soll die neue Generalsekretärin der Liberalen werden. Mit einem traditionellen Auftritt versucht sie das Image der FDP gegen den Strich zu bürsten. Wer ist die Frau, die auf Nicola Beer nachfolgen soll? Ein Porträt

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„Mir ist es wichtig, dass es nach Eignung und Leistung geht“, sagt Linda Teuteberg über ihre Einstellung zur Frauenquote/ Barbara Dietl
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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Es muss an ihrem Lächeln liegen. Dieses Lächeln erreicht nicht ihre Augen. Es ist ein Lächeln für die Kamera. Sie kann es nach Belieben an- und ausknipsen. In der Welt der Politik, die immer noch überwiegend von Anzug-und-Schlips-Trägern regiert wird, darf seine Wirkung nicht unterschätzt werden. Dieses Lächeln nimmt Angriffen auf den politischen Gegner die Härte, und man darf sich Linda Teuteberg, 37, als eine Frau vorstellen, die genau weiß, wie sie diese Waffen einsetzen muss.

Teuteberg ist Obfrau im Innenausschuss und migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Sie ist noch relativ neu im Bundestag, aber ihr Gesicht ist schon bekannt. Es strahlt Kühle und professionelle Distanz aus, und es taucht immer dann im Fernsehen auf, wenn sich SPD und Union wieder über Abschiebungen oder Zuwanderung streiten. Linda Teuteberg streut dann Salz in die Wunden der Groko. Lächelnd sagt sie Sätze wie: „Es gibt kein Asylrecht ohne Abschiebungen.“

Die neue Generalsekretärin?

„Sie macht es den Regierungsvertretern im Ausschuss nicht leicht, bleibt aber immer lösungsorientiert“, sagt Günter Krings (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium. Sogar Kritiker attestieren ihr, dass sie es versteht, Botschaften so zu verpacken, dass sie in 280 Zeichen bei Twitter passen oder in eine Schlagzeile. Es ist ein Talent, das zu ihrem Sprungbrett werden könnte. Ende April wählt die FDP eine Nachfolgerin für Generalsekretärin Nicola Beer, die als Spitzenkandidatin bei der Europawahl kandidiert. Teuteberg gilt als aussichtsreiche Kandidatin – neben Katja Suding, der Fraktionsvize aus Hamburg.

Darüber sprechen möchte sie nicht. „Es ist ja kein Job, um den man sich bewerben könnte“, sagt sie. Dabei zeigt schon das Setting für das Gespräch mit Cicero, dass sie diese nächste Sprosse auf der Karriereleiter ins Visier genommen hat. Sie organisiert die Begegnung nicht in ihrem Abgeordnetenbüro, sondern im modernsten Konferenzraum im Jakob-Kaiser-Haus, mit Blick auf die Reichstagskuppel. Es ist ein symbolträchtiger Ort. Wenn Teuteberg in grauer Flanellhose, weißer Bluse und purpurfarbenem Sakko vor der Kamera posiert, ist es, als markiere sie schon mal ihr Revier. Jede ihrer Bewegungen, jeder ihrer Sätze signalisiert: Ich kann Generalsekretärin.

Aufgewachsen in der DDR

Ehrgeizig, überehrgeizig, perfekte Karrieremaschine. Das sind Attribute, die männliche Parteikollegen ihr, der Juristin aus Brandenburg, angehängt haben. Offenbar macht ihr steiler Aufstieg einigen Angst. Mit 17 tritt Teuteberg den Jungliberalen bei, mit 28 zieht sie in den Landtag ein. 2017 schafft sie es als Spitzenkandidatin der brandenburgischen FDP in den Bundestag. Ein triumphales Comeback, für sie und ihre Partei.

Die FDP gilt immer noch als klassische Männerpartei. Nur 22 Prozent der Abgeordneten sind weiblich – lediglich der Frauenanteil in der AfD ist noch geringer. Eine Arbeitsgruppe sucht jetzt nach Wegen, weiblichen Nachwuchs zu rekrutieren. Teuteberg eiert ein bisschen herum, wenn man sie fragt, wie das denn gehen soll ohne Quote. Die lehnt sie rigoros ab. Sie sagt: „Mir ist es wichtig, dass es nach Eignung und Leistung geht.“

Es ist ein männlicher Blick auf die Politik, doch ihre eigene Biografie beweist ihr, dass es auch ohne Quote geht. Teuteberg ist ein Kind der DDR. Sie ist acht, als die Mauer fällt. Gott sei Dank, sagt sie heute. Als Tochter evangelischer Christen habe sie früh gelernt, dass es Dinge gäbe, über die man in der Schule nicht spreche. Religion zum Beispiel. Und nein, sie möge sich lieber nicht ausmalen, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn der Arbeiter- und Bauernstaat nicht kollabiert wäre. Teuteberg lächelt. „In meinen Zeugnissen stand immer ziemlich wörtlich: ,Linda will alles sehr genau wissen.‘ Im weiteren Verlauf hätte mir das noch ziemliche Probleme bereitet.“

„Guidos Wunderwaffe“

Doch auch so eckt sie in der Politik an. Viele erinnern sich noch an ihren Streit mit Brandenburgs ehemaligem Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Als „süß“ verspottete er ihre Forderung im Landtag, auch Richter müssten auf ihre Stasi-Vergangenheit überprüft werden. „Süß ist keine Kategorie in dieser Debatte“, konterte Teuteberg cool.

Weiblich, konfliktfähig – und aus dem Osten. Damit erfüllt sie schon drei Kriterien, um das Image der FDP gegen den Strich zu bürsten. Mal ganz von ihrem politischen Verkaufstalent abgesehen. Das, so sagt sie, habe sie ihrem Vorbild abgeschaut: Guido Westerwelle. Der hat auch mal als Generalsekretär angefangen, bevor er Teuteberg als Parteichef im Wahlkampf 2009 in die Talkshow von Maybrit Illner mitnahm. Aus dem „Fräuleinwunder“ wurde „Guidos Wunderwaffe“. Ein Foto ihres 2016 verstorbenen Mentors postete sie erst neulich auf Facebook. Er fehle ihr, schrieb sie darunter. Wäre doch gelacht, wenn sie nicht in seine Fußstapfen treten würde.

Dies ist ein Artikel aus der März-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder in unserem Online-Shop erhalten.

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