Klimaplan - Wir, Robert Habeck

Der grüne Wirtschaftsminister will Deutschland mit absolutistischem Gestus nun so umbauen, wie es seine 14,8-Prozent-Partei versprochen hat. Die Medien spielen die Begleitmusik dazu. Die Bürger sitzen dabei am Katzentisch.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorstellung seines Klimaplans / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

So erreichen Sie Frank A. Meyer:

Anzeige

Da steht er also vor Schloss Sanssouci, Friedrich der Große, und blickt auf den Park, der sich zu seinen Füßen ausbreitet. Er lässt das Auge schweifen – leicht vorstellbar, dass er in diesem erhabenen Augenblick dekretiert: „Das Antlitz des Landes wird sich verändern.“ Fürwahr ein herrschaftlicher, ein Satz für die Geschichte, vorgetragen in absolutistischem Gestus, zugleich aufklärerisch und zukunftsfroh. Gesagt aber hat ihn nicht der König von Preußen, sondern das Regierungsmitglied eines demokratischen Landes, fast 250 Jahre später, im Dezember 2021: Robert Habeck

Der Alte Fritz wusste alle Macht im Staate hinter sich, beim jungen Robert sind es 14,8 Prozent der Wähler. Der neue Bundeswirtschaftsminister will ganz Deutschland verändern, wie er zu verkünden beliebt: Die vertraute Umwelt soll nicht mehr nur Umwelt sein, stattdessen umweltgerecht – und zwar nachhaltig, wie noch alle geschichtlichen Gestalten ihre jeweiligen Gesellschaften zu gestalten trachteten. 

Der Erklärer

Mit monarchischem Zungenschlag setzt der Grünen-Politiker hinzu: „Es wird vielleicht auch Zorn geben.“ Was er meint, ist Volkszorn! Aufwallung der Gefühle! Bebende Irrationalität! Nicht etwa rationale Opposition oder wohlüberlegter politischer Widerstand, wie in bürgerlichen Demokratien üblich. Das Bild ist in jeder Hinsicht beeindruckend. Ein deutsches Bild.

Ein hässliches Bild: 2 Prozent der Landfläche sollen mit Windrädern bestückt werden, ungefähr die Hälfte der Fläche Schleswig-Holsteins. Der Kinderbuchautor Habeck erläutert seine Absichten in aller Härte: Sein Programm werde „tief in die gesellschaftliche Wirklichkeit eingreifen“. Es werde „die kulturelle Identität von ländlichen Räumen“ verändern. Habecks Vision: „Das Land noch einmal frisch denken.“

Auch dies könnte Friedrich II. formuliert haben, war er doch nicht nur König einer europäischen Großmacht, sondern auch Freund des französischen Aufklärers Voltaire, mithin revolutionären Neuerungen zumindest theoretisch zugeneigt. 

Und wie will Robert Habeck seine Revolution durchsetzen? „Ich werde viel im Land unterwegs sein, um die Menschen zu überzeugen.“ Sein Ministerium werde „viel Achtsamkeit“ an den Tag legen und die Programme zum Klimaschutz in alltägliche Sprache überführen, um „küchentischtaugliche Debatten“ zu ermöglichen. 

Auch das die Tonalität einer Verkündung von der Schlossterrasse – hinunter zum gemeinen Volk. Der Habeck-Rede fehlt nur noch der Pluralis Majestatis. 

Grüne Indoktrination

Die Republik wird revolutionärer Remedur unterzogen durch die 16,2-Prozent-Grünen, die das Gute zu 100 Prozent verkörpern. Und was sagen die Landeskinder am Küchentisch zum moralischen Absolutismus? 

Hofpoeten im Bundestag sollen ihnen das Hohelied singen – zeitgenössische Hofnarren. Die Idee in feudalistischer Tradition entspringt der evangelisch durchtränkten Vorstellungswelt von Vize-Parlamentspräsidentin Katrin Göring­‑­Eckardt. Überhaupt sind die Grünen bestrebt, das rabiate Umpflügen der ersten dem Westen gewidmeten deutschen Demokratie kulturell aufzuhübschen: Laut Programm sollen „Künstler*innen und andere Kreative als Ideen- und Impulsgeber*innen in Transformationsprozesse einbezogen werden. Mitarbeitende und Beamt*innen der öffentlichen Verwaltung sollen außerdem in ihrer Expertise und Qualität, etwa durch Fortbildungen, gefördert und gestärkt werden“. 

Eine solche Absicht ließe sich auch weniger verquast benennen: als Indoktrination der Staatsorgane – im schlimmsten Fall als Umerziehung. 

Derweil dirigiert der publizistische Arm der grünen Bewegung die Begleitmusik dazu. Der WDR erteilt fröhliche Ratschläge für den Fall, dass die Energiewende böse Folgen zeitigen sollte, zum Beispiel Stromausfälle. Für derlei Malheurs rät ein grün beseeltes Redaktionsteam zu folgenden Vorkehrungen: „Grundvorrat für zehn Tage. Lebensmittel: Frisches und Konserven, die auch kalt gegessen werden können. Wasser: Nicht nur in Flaschen zum Trinken, sondern auch zum Waschen, Kochen, Spülen …“
Ja, wer das Antlitz des Landes zu verändern entschlossen ist, von der Verschandlung durch Windräder bis zur Verhunzung der Verwaltungssprache, der bedarf witziger Lässigkeit, wie der WDR mit folgenden Worten: „Der Kanal gibt immer wieder ganz konkrete Tipps für den Alltag.“

Mut zur Spaltung

Die Kinder am Katzentisch wollen behütet sein. Man stelle sich das grüne Revolutionsszenario unter Schweizer Umständen vor: Referenden, Initiativen, Volksabstimmungen mit Bürgerdebatten wären die Folge – Demokratie vom Heftigsten. Tag für Tag. Soll man, darf man Deutschland derlei wünschen?

Die Volksabstimmungen vielleicht nicht, die Debatten hingegen schon. Provoziert und angeführt durch demokratiebewusste Medien, die endlich nicht mehr jeden Abweichler vom korrekten linksgrünen Weg als Rechten brandmarken und jedweden Streithahn, der sich der Dialog-Konsens-Pflicht verweigert, als braunen Beelzebub. 

Nach 16 Jahren Merkel fehlt etwas in Deutschland: die Liebe zur Spaltung – dem Lebenselement der Demokratie. Gesellschaft statt Gemeinschaft. 

Das bedeutete dann ätzende Spiegel-Titel über Machthaber Habeck – wie einst über Kohl, als Der Spiegel noch Der Spiegel war; das bedeutete dann direkten Widerspruch – wie in der Zeit, als mit Gerd Bucerius noch ein Verleger für sein Blatt stand; das bedeutete TV- und Radio-Beiträge junger Journalisten, die sich von der reinen Fridays-for-Future-Lehre emanzipiert haben; das bedeutete nicht zuletzt die Rückverwandlung der Zeitschrift Stern vom grünen Aktivisten-Blatt zum Wochenmagazin, das sich wieder dem journalistischen Handwerk verpflichtet fühlt. 

Der benevolente Landesherr

Die mächtigste Macht in der deutschen Demokratie sind die Medien – bisher weitgehend unhinterfragt, weil sie sich in einer freien Gesellschaft nur selbst hinterfragen können. Die Renaissance ihres ideologiefreien Widerspruchsgeists wäre die Voraussetzung, dass der grüne Teppich, der übers Land gelegt werden soll, die Demokratie nicht erstickt. 

Der sanfte Robert Habeck sieht sich als knallhart handelnde Autorität. Seine Rede tönt entsprechend: „Voll ins Risiko“ will er gehen – „vielleicht gelingt es ja auch.“ Und wenn es nicht gelingt? Wer trägt das Risiko? Die Landeskinder – zwischen den Wahlen politisch entmündigt. 

Landesherr Habeck meint es gut. Und das ist die Gefahr.

Dieser Text stammt aus der Februar-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

Sie sind Cicero-Plus Leser? Jetzt Ausgabe portofrei kaufen

Sie sind Gast? Jetzt Ausgabe kaufen

Anzeige