Islamische Netzwerke in der SPD - Genosse Muslimbruder

In ganz Europa haben Islamisten damit begonnen, Vereine, Parteien und staatliche Organisationen zu unterwandern. Zum Beispiel in Berlin – die islamistischen Netzwerker nutzen dabei die SPD als strategischen Brückenkopf

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Die Ditib- Moschee in Köln, auch ein Treffpunkt für Islamisten und Muslimbrüder / picture alliance
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Daniel Fallenstein ist Redakteur des Blogs „Ruhrbarone“.

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Ralf Fischer arbeitet als freier Journalist in Berlin.

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Mehr als 1000 Islamisten sind in den vergangenen Jahren aus Deutschland ausgereist, um im Irak oder in Syrien für den „Islamischen Staat“ zu kämpfen. Eine Strategie jedoch, wie mit IS-Kämpfern und ihren Angehörigen umzugehen ist, die nach dem Ende des Bürgerkriegs nach Deutschland zurückkehren, gibt es nicht. Die Bundesregierung versucht das Problem auszusitzen. Der amerikanische Präsident Donald Trump hat Deutschland unlängst aufgefordert, IS-Kämpfer zurückzunehmen und als Terroristen vor Gericht zu stellen. 62 deutsche IS-Anhänger sitzen nach Auskunft der Bundesregierung derzeit im Irak und in Syrien in Haft, darunter 43 Frauen. Zudem leben dort mindestens 62 Kinder von IS-Anhängern, die mutmaßlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

Mit einer überraschenden Idee mischte sich Berlins sozialdemokratischer Innensenator Andreas Geisel Mitte Februar in die Debatte ein. Er schlug vor, bei der Reintegration von Angehörigen des IS auf die Hilfe von radikalen Muslimen zurückzugreifen, auf sogenannte Legalisten. Als Legalisten bezeichnen die Sicherheitsbehörden solche Islamisten, die anders als terroristische Gruppierungen auf Gewalt verzichten und stattdessen die liberale Demokratie nutzen, um dem gemeinsamen Endziel eines Gottesstaats näherzukommen. „Wir müssen auch den Dialog mit gemäßigten islamistischen Gruppen suchen, um Auffangstationen zu schaffen“, so Geisel. Zwar mahnte der Berliner Innensenator zugleich zur Vorsicht, weil es „noch Überschneidungen zu Extremisten“ gebe, doch der Dialog mit jenen, „die keine Gewalt ausüben und Gewalt ablehnen“, hält der SPD-Politiker für sinnvoll. Legalistische Islamisten könnten die Militanten in den eigenen Reihen besser ansprechen und zumindest von Gewalt abbringen.

Islamistisches Astroturfing

Die Kritik folgte prompt. Von einem „absurden Vorschlag“ sprach der innenpolitische Sprecher der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus, Marcel Luthe, „der Staat macht sich so zum Helfershelfer der Islamisten, die die moderne Demokratie beseitigen wollen“. Die Sozialdemokratin Sigrid Herrmann-Marschall, die sich in ihrem Blog „Vorwärts und nicht vergessen“ kritisch mit dem Islamismus auseinandersetzt, spricht von einer „öffentlichen Kapitulation“ vor Organisationen wie der Muslimbruderschaft. Doch Geisel verteidigt seine Initiative: „Wir müssen konsequent an der Deradikalisierung arbeiten“, erklärte der Berliner Innensenator auf Nachfrage, und „dass Legalisten keine Freunde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind, das ist mir klar.“

Es ist vielleicht dennoch kein Zufall, dass ein solcher Vorschlag von einem Berliner Sozialdemokraten unterbreitet wird. Schon seit mehr als einem Jahrzehnt versuchen legalistische islamistische Gruppierungen die Berliner SPD zu unterwandern und sie als Brückenkopf zu benutzen für ihr Netzwerk in der deutschen Zivilgesellschaft. Das Geflecht von Organisationen, auf das vor allem die Muslimbrüder dabei zurückgreifen, ist schwer durchschaubar, wird aber überwiegend von einem kleinen Personenkreis getragen. So ist es den Muslimbrüdern gelungen, intensive Kontakte in die Parteien, die Politik und in hohe Ämter der Bundesrepublik zu knüpfen. „Diese Strategie kann man treffend als islamistisches Astroturfing bezeichnen“, so Sigrid Herrmann-Marschall, als vermeintliche Graswurzelbewegung, die in Wirklichkeit künstlich geschaffen und strategisch gesteuert wird.

Polemik gegen Israel

In Berlin steht der Verein Inssan im Zentrum dieser Strategie. Dessen bekannteste Vertreterin Lydia Nofal ist zugleich Mitglied der SPD und Sprecherin des Arbeitskreises der Muslime in der SPD (AKMS). Die Gründung dieses Arbeitskreises initiierte Nofal 2014 mit Unterstützung der damaligen Bundesintegrationsbeauftragten und stellvertretenden Parteivorsitzenden Aydan Özoguz. Nofal und Özoguz waren sich schon zuvor im deutschen Netzwerk der Muslimbrüder begegnet. Beide stehen auf der Teilnehmerliste des exklusiven Seminars „Zurück zu den Wurzeln: Islamleben“ vom 16. bis 18. September 2011. An dem Treffen in der hessischen Provinz nahmen vor allem in- und ausländische Vertreter der Muslimbrüder teil.

„Der Arbeitskreis will sich dafür einsetzen, dass die SPD als politische Heimat für Musliminnen und Muslime wahrgenommen wird“, hatte Özoguz anlässlich dessen Gründung erklärt. Vor allem aus dem Berliner Landesverband jedoch drängten legalistische Islamisten in die Führungsspitze des AKMS. Mohamed Ibrahim etwa, von 2014 bis 2016 Sprecher des Arbeitskreises, unterstellte der israelischen Armee, „Massaker“ an Palästinensern zu begehen, und rief zum Boykott israelischer Waren auf. Im Juli 2016 trug der Sozialdemokrat während einer Kundgebung in Berlin ein T-Shirt mit der Aufschrift „Boykott Israel“. Das AKMS-Gründungsmitglied Faten El-Dabbas dichtete im August 2014 bei Facebook: „IS und ISrael / sind die zwei Hauptfiguren / die in der Welt / das Lied vom Tod vorführen“. So setzte sie den jüdischen Staat mit der Terrororganisation gleich.

Die SPD reagiert auf Nachfragen dünnhäutig

Nachdem verschiedene Medien darüber berichteten, wurde der Text wieder gelöscht. Anfang 2015 trat die Poetryslammerin in Berlin bei einem Festakt zum 46. Jahrestag der Gründung der marxistisch-leninistischen Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) auf. Zur selben Zeit arbeitete El-Dabbas in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Auswärtigen Amtes unter Führung von Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die DFLP ist unter anderem für das Massaker von Ma’alot verantwortlich, bei dem im Jahr 1974 25 Israelis, davon 22 Kinder, ermordet wurden.

Auf die Äußerungen ihres Mitglieds angesprochen, reagierte die Sprecherin der Berliner SPD, Birte Huizing, dünnhäutig. Dem SPD-Landesverband seien „die genannten Textstellen nicht bekannt, ebenso wenig die Nähe von Dabbas zur DFLP“. Aber: „Da Faten El-Dabbas als Poetryslammerin auftritt und dies unter anderem auch mit jüdischen Künstlern zusammen“, sei „ein Pauschal-Urteil nicht abzugeben.“ Die SPD stehe zur „Meinungsfreiheit sowie zur künstlerischen Freiheit“.

Nach außen geben sie sich tolerant

Nicht nur in Berlin, sondern in ganz Europa haben Islamisten damit begonnen, Vereine, Parteien und staatliche Organisationen zu unterwandern. Die aus Ägypten stammende Muslimbruderschaft verfolge eine Doppelstrategie, so Sigrid Herrmann-Marschall. Nach außen werde ein tolerantes und dialogbereites Image gepflegt. Die Öffentlichkeitsarbeit wird größtenteils in der jeweiligen Landessprache gehalten, die Binnenkommunikation dagegen auf Arabisch oder Türkisch, mit entsprechend fundamentalistischeren Tönen. Für die Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates zählen die Muslimbrüder „neben den Salafisten zu den Brückenbauern für gewaltbereiten Extremismus, weil sie dafür die ideologische Grundlage schaffen“.

Der Historiker und Islamismusexperte Heiko Heinisch beschreibt in seinem kürzlich erschienenen Buch „Alles für Allah“ die unterschiedlichen Strategien des islamistischen Extremismus. Er sieht keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen den Islamisten des Wortes und der Tat. „Islamisten jeder Couleur, ob legalistisch oder gewaltbereit, versuchen das, was sie als Regeln ihrer Religion betrachten, als allgemeine Regel durchzusetzen“, so Heinisch. Beispiel sei der Karikaturenstreit im Jahr 2005 gewesen. Mit diesem sei eine fundamentalistische Regel erfolgreich der gesamten Gesellschaft aufgezwungen worden.

Antiintegrative Form des Islams

Auch Verfassungsschützer warnen. Der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, hält die Muslimbrüder für eine „weitaus größere Gefahr für die deutsche Demokratie“ als die Salafisten, deren militantesten Vertreter terroristische Organisationen wie Al Qaida oder den IS unterstützten.

In Berlin lässt sich die Strategie bis zur Jahrtausendwende zurückverfolgen. Von Anfang an habe der Verein Inssan dabei das Ziel verfolgt, „eine konservative, antiintegrative Form des Islams zu fördern, die mit der Islam­auffassung der Muslimbruderschaft übereinstimmt“, so formulierte 2008 der amerikanische Journalist und Pulitzer-Preisträger Ian Johnson, der damals die Hintergründe eines gescheiterten Moscheebauprojekts von Inssan erst in Berlin-Neukölln und anschließend in Berlin-Charlottenburg recherchiert hatte. Der Autor stieß darauf, dass der Verein im November 2002 „nach einem Jahr Vorbereitungszeit“ gegründet worden war. Ausschlaggebend für die Gründung waren die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York. Die mitgliederstärkste Organisation der Muslimbrüder in Deutschland, die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD), war daraufhin verstärkt in das Visier internationaler Strafverfolgungsbehörden geraten. Der damalige Vorsitzende, Ghaleb Himmat, wurde von den Vereinten Nationen aufgrund seiner Tätigkeit als Direktor der in Lugano ansässigen Finanzfirma Al-Taqwa der Terrorismusfinanzierung verdächtigt.

Finanzielle Unterstützung für dubioses Netzwerk

Die IGD, die inzwischen unter dem Namen „Deutsche Muslimische Gemeinschaft“ firmiert, kündigte die Gründung des Vereins Inssan auf ihrer Internetseite an. In einem Beitrag über die Planung für das Jahr 2002 war die Rede von „Strukturreform und Gründung von Ortsvereinen und Erwerb eines Grundstücks in Berlin in Kooperation mit dem European Trust“. Schon im März schloss der European Trust einen Kaufvertrag über ein Grundstück in Neukölln – ein halbes Jahr, bevor Inssan offiziell gegründet wurde.

Der zweite Anlauf in Charlottenburg stieß neben den Protesten der Anwohner auf baurechtliche Probleme. Doch Inssan erhielt unerwartete Unterstützung vom damaligen Innensenator von Berlin, Ehrhart Körting (SPD). Dieser positionierte sich öffentlich für das Bauprojekt: „Eine Kirche oder eine Moschee geht immer.“ Die Beanstandungen des Bauamts bezeichnete er als „fadenscheinig“.

Der Berliner Innensenator und Dienstherr des Verfassungsschutzes engagierte sich für das Projekt, obwohl ihm zum damaligen Zeitpunkt klare Erkenntnisse darüber vorlagen, dass Inssan zum Geflecht der Muslimbrüder gehört. In den Jahren 2007 bis 2009 zählte das Landesamt für Verfassungsschutz Inssan in seinen Berichten zu jenen Berliner Gruppierungen, die Verbindungen zur IGD hatten. In darauffolgenden Jahren wurde Inssan nicht mehr in Verfassungsschutzberichten erwähnt, während andere muslimbrudernahen Organisationen weiterhin aufgeführt wurden. Als Begründung für seine damalige Intervention erklärt Körting heute: „Sie sind dialogfähig und haben nichts mit gewaltbereiten Gruppen zu tun. Gerade mit orthodoxen Gruppen wie der IGD, Milli Görüs und Inssan müssen wir den Dialog führen, wenn wir langfristig Integration wollen.“ Letztlich scheiterte trotz der Intervention auch das zweite Moscheebauprojekt des Vereins Inssan.

Aufstieg innerhalb der Zivilgesellschaft

Die Verantwortlichen bei Inssan zogen aus dem zweimaligen Scheitern ihres Moscheebauprojekts Konsequenzen und stellten sich grundlegend neu auf. Einige besonders engagierte Mitglieder setzten ihren Marsch durch die zivilgesellschaftlichen Institutionen und die Sozialdemokratische Partei fort.

Ein Aufstieg innerhalb der Zivilgesellschaft gelang zum Beispiel Mohammad Imran Sagir, der 2005 erstmals als Vertreter von Inssan öffentlich auftrat. Er begann seine politische Karriere während der Jahrtausendwende als Vorsitzender der Muslimischen Jugend Deutschlands (MJD), die wegen ihrer Gründungsgeschichte als Jugendorganisation der IGD gilt. Sagir betreibt unter anderem das Muslimische Seelsorge-Telefon Berlin, engagiert sich in der Gefängnisseelsorge und im Verein Leadership Berlin.

Die Vereinsvorsitzende Lydia Nofal begann eine Karriere als gut vernetzte Multifunktionärin bei den Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e.V. (RAA Berlin). In der Öffentlichkeit präsentiert sich Nofal, die vor einem Vierteljahrhundert vom Katholizismus zum Islam konvertiert war und nach eigenen Angaben unter anderem für das Palestine Human Rights Information Center (PHRIC) in Jerusalem und das UNWRA Justice Department in Gaza gearbeitet hat, als moderne Muslimin. Sie trägt kein Kopftuch, tritt sehr selbstbewusst auf. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit betreut sie junge Muslime in sogenannten Empowerment-Programmen. Lydia Nofal ist zudem als Leiterin des Projekts „Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen“ eine viel gefragte Ansprechpartnerin für antirassistische Initiativen in der Hauptstadt. Das Projekt finanziert sich zu zwei Dritteln aus dem Haushalt des Berliner Integrationsbeauftragten, ein Drittel steuert die Open Society Foundation (OSF) bei.

Staatliche Förderung von „Demokratie leben“

Das Netzwerk ist nicht das einzige Projekt aus dem Umfeld islamistischer Organisationen, das mittlerweile staatlich finanziert wird. 2010 hob Nofal gemeinsam mit einem Sozialarbeiter das bundesweit bekannte Projekt JUMA (jung, muslimisch, aktiv) aus der Taufe. Gefördert wird es unter anderem mit Geldmitteln von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt. Als prominente Initiatorin dieser Jugendinitiative gilt Sawsan Chebli (SPD), Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales. Damals arbeitete die Sozialdemokratin als Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Ihr Dienst­herr war Ehrhart Körting. Dank ihrer guten Verbindungen in die Berliner Politik konnte die vielfach gefeierte Jugendinitiative in der Vergangenheit mehrfach den Veranstaltungssaal des Roten Rathauses für eigene Veranstaltungen kostenlos nutzen – und Nachwuchs rekrutieren: „Das erste Projekt, bei dem ich mich engagierte, war JUMA“, erklärte Faten El-Dabbas 2015 in einem Zeitungsinterview.

2010 erhielt der Verein Inssan für sein Projekt „Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit“ im Rahmen des Berliner Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ auch das erste Mal unmittelbar staatliche Fördermittel. Die Unterstützung durch den Berliner Senat für dieses Projekt betrug in den Jahren 2010 bis 2018 über 330 000 Euro. Darüber hinaus erhielt der Verein Inssan im Rahmen des Partizipations- und Integrationsprogramms (PartInt) für Projekte mit Flüchtlingen seit 2016 noch einmal rund 216 000 Euro direkte Förderung. Neben dem Hauptverein erhalten auch organisatorische Ableger und andere von Inssan-Mitgliedern gegründete Projekte öffentliche Fördergelder.

Kritische Nachfragen nicht erwünscht

Begibt man sich in die Niederungen der Lokalpolitik, wird die Verflechtung des islamistischen Netzwerks der Muslimbrüder zwischen Zivilgesellschaft und SPD noch deutlicher. Ende 2018 musste der Berliner Innensenat einräumen, dass „in der Zeit vom 10. Oktober 2014 bis 30. November 2017 dem Verein Teiba Kulturzentrum zur Förderung der Bildung und Verständigung e.V. nach jeweiliger Antragsstellung die Nutzung der Ballsporthalle der Bruno-Gehrke-Halle für jeweils zwei Stunden genehmigt“ wurde, um dort ihre Freitagspredigten abzuhalten. Der Verein aus Berlin-Spandau wurde in diesem Zeitraum durch den Verfassungsschutz beobachtet. Er gilt als muslimbrudernah.

Der Fall der Bruno-Gehrke-Halle wirft Fragen auf. Geschäftsführer und zweiter Vorsitzender von Teiba war seinerzeit der Wirtschaftsjurist und Sozialdemokrat Mohamad Hajjaj. Er ist der Prototyp eines legalistischen Aktivisten, er kennt die Narrative, die in der Mehrheitsgesellschaft gern gehört werden, spricht viel von Integration, Dialog und Empowerment. In seinem Profil bei Xing erwähnt Hajjaj Aktivitäten in der Spandauer Jugendarbeit, als Projektmoderator für die RAA Berlin, als Berater des Senats in Integrationsfragen und im Landesbeirat für Integration. Er zählt sein Engagement für JUMA neben seiner Tätigkeit für den Berliner Landesverband des Zentralrats der Muslime (ZMD) und in der Geschäftsführung von Inssan auf.

Kritische Nachfragen zu diesem Netzwerk von Islamisten aus dem Umfeld der Muslimbrüder blockt die Spitze der Berliner SPD ab. Lediglich der ehemalige Berliner Innensenator Ehrhart Körting verteidigt den Dialog. Die Frontorganisationen der Muslimbrüder in Deutschland seien „durchaus Ansprechpartner der Politik, andererseits nicht frei von Brüchen“, so Körting.

Franziska Giffey distanziert sich nicht

Als sie noch Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln war, verteidigte Franziska Giffey vor drei Jahren ihren Auftritt bei der vom Verfassungsschutz beobachteten Neuköllner Begegnungsstätte (NBS). Giffey verwies darauf, dass ein Dialog miteinander angesagt sei, anstatt ständig nur übereinander zu sprechen. Auf Facebook schrieb sie zu ihrer Verteidigung: „Mir ist sehr wohl bewusst, dass die NBS Mitglied der Islamischen Gemeinde Deutschland ist, dem Verband der Muslimbruderschaft in Deutschland“. Allerdings hätte „nahezu jede arabische Moschee in Berlin Verbindungen zur Muslimbruderschaft“. Eine Sprecherin der inzwischen zur Bundesfamilienministerin aufgestiegenen Giffey hingegen verweist lediglich darauf, dass die aktuell laufenden Projekte alle beanstandungsfrei seien.

Der ehemalige Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), kommentierte das Verhalten seiner Nachfolgerin sehr entschieden. „Frau Giffey hatte schon in Neukölln Probleme, deutliche Distanz zum politischen Islam zu zeigen. Wenn sie sagt, Muslimbrüder und Salafisten seien ihre Dialogpartner der Zukunft, frage ich: Wie bitte? Hat dir jemand etwas in den Tee getan?“ Doch Buschkowsky ist in seiner Partei ein einsamer Rufer.

Bundespräsidiales Lob für islamistische Netzwerkarbeit

Selbst bis ins Bundespräsidialamt reichen stattdessen die Kontakte des islamistischen Netzwerks. Im Juni 2017 nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin am Iftar-Essen von JUMA teil. Dort schwärmte das Staatsoberhaupt beeindruckt vom Engagement der „JUMAnerinnen und JUMAner“ und dankte dem versammelten Publikum für ihre gemeinnützige Arbeit.

Jeden Kontakt des Staatsoberhaupts zu Inssan verneint ein Sprecher des Bundespräsidialamts. Trotzdem kann man diesen Auftritt Steinmeiers mit einiger Berechtigung als bundespräsidiales Lob für die islamistische Netzwerkarbeit des Vereins Inssan, den Verfassungsschützer zum Umfeld der Muslimbrüder zählen, betrachten.


Dies ist ein Artikel aus der Mai-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder in unserem Online-Shop erhalten.









 

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