Haushalt von Olaf Scholz - Für die Hiesigen nichts, für draußen mehr

Obwohl er der SPD angehört, will Finanzminister Olaf Scholz bei seinem ersten Bundeshaushalt nicht vom harten Sparkurs abrücken. Der Steuerzahler hat nichts vom Boom, muss aber weiterhin für teure Maßnahmen wie die Flüchtlingspolitik aufkommen. So verprellt Scholz die Klientel seiner Partei

Olaf Scholz freut sich über sinkende Schulden. Doch was hat der Steuerzahler davon? / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Feinsinn und Humor sind nicht zwingend ein Zwillingspärchen. „Die rote Null“ titelt die taz und färbt Finanzminister Olaf Scholz entsprechend ein. Das etwas platte Plakat auf der größten Schülerzeitung der Welt signalisiert dem Vizekanzler der dritten Merkel-Groko aber, worauf er sich gefasst machen kann über die kommenden Wochen.  

Scholz stellt seinen ersten Bundeshaushalt bis 2022 vor. Er will dabei nicht vom harten Sparkurs abrücken, muss der Verteidigungsministerin noch zusätzliche drei Milliarden für eine marode Bundeswehr überlassen und sieht sich mit einer Forderung des Entwicklungsministers konfrontiert, der bei einem Etat von etwa acht Milliarden Euro eine Milliarde obendrauf haben möchte. Zeitgleich plant EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger den Etat der Europäischen Union für die kommenden Jahre und fordert von Deutschland etwa zwölf Milliarden Euro zusätzlich jedes Jahr. 

Scholz in der Klemme

Da kommt ein Finanzminister, insbesondere von der Sozialdemokratie, gehörig in die Klemme. Denn einerseits muss er Milliardenforderungen erfüllen, die der ganzen Welt und den umliegenden europäischen Nachbarn zugute kommen sollen, auch wenn manches vom deutschen EU-Geld natürlich über die Strukturhilfen wieder zurückfließt. Andererseits tut er nichts dafür, ganz normal verdienende Arbeitnehmer zu entlasten. So nimmt er zwar die globale Verantwortung Deutschlands wahr, vergisst dabei aber seine treuhänderische Verantwortung gegenüber dem deutschen Steuerzahler. 

Die leiden als Kleinsparer unter der Niedrigzinspolitik des EZB-Präsidenten Mario Draghi, die das Wunder der schwarzen Null im Bundeshaushalt erst möglich macht. Und müssen obendrein für die mindestens 25 Milliarden Euro aufkommen, die im Jahr in Deutschland für die unmittelbaren Folgen der europaweit einzigartigen Flüchtlingspolitik ausgegeben werden. 

Der deutsche Facharbeiter hat nichts vom Boom

Für die Hiesigen nichts, für die draußen mehr. Das ist zwar eine polemische Zuspitzung, aber sie hat einen insoweit wahren Kern, dass damit politisch agitiert werden kann. Denn es sieht tatsächlich durch die Gleichzeitigkeit der Ereignisse schwer danach aus, dass eine Fernstenliebe in der deutschen Politik diejenigen außer Acht lässt, die mit ihren Steuern diese Fernstenliebe erst möglich machen. Die sogenannte kalte Progression frisst inzwischen schon einem erfolgreichen Facharbeiter die Gehaltserhöhungen komplett weg, die er in den Jahren davor erhalten hat. Er hat also persönlich nichts von dem Boom, der Deutschland erfreulicherweise seit Jahren brummen lässt, sondern muss seinen Anteil an dieser erfreulichen Entwicklung fast komplett in Scholz‘ Staatssäckel geben. 

Da stimmt was nicht. Wenn Olaf Scholz da keine Einsicht zeigt, dass der in ganz normalen Arbeitsverhältnissen stehende Teil der Bevölkerung, den man gemeinhin als Mittelschicht bezeichnet, nicht vernachlässigt werden sollte, wenn die Steuereinnahmen sprudeln, dann wird die SPD als natürliche Lobbyistin dieser Klientel das büßen müssen. Im Moment steht sie in den Umfragen bei 18 Prozent. Das muss noch nicht der Boden sein.   

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