Hans-Georg Maaßen - Die Amtsanmaaßung

Hans-Georg Maaßen verheddert sich in Widersprüchen. Entgegen einer ersten Äußerung hat der Verfassungsschutzpräsident die Echtheit des Videos aus Chemnitz bestätigt. Damit ist es fraglich, ob er im Amt bleiben kann. Nur ein Ausweg bleibt ihm noch

Eine Frage bleibt: Hat Hans-Georg Maaßen Unrecht oder in Teilen Recht? / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Die Fakten und der Verlauf der Affäre Hans-Georg Maaßen: Vergangene Woche hat der Verfassungsschutzpräsident in einem Interview Zweifel an der Echtheit eines Schlüsselvideos angemeldet, auf dem zu sehen ist, wie Rechtsradikale zwei ausländisch aussehenden jungen Männern kurz nachstellen. Er hat in Zweifel gezogen, dass es in Chemnitz zu Hetzjagden kam, und darüber spekuliert, dass dieses Video und die Behauptung der Hetzjagden dazu dienten, von dem vorangegangenen „Mord“, wie er sagte, abzulenken. Für ihn sprachen gute Gründe" für "eine gezielte Falschinformation". Damit hatte er sich gegen die Bundesregierung, auch gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel gestellt, die sich den Begriff der Hetzjagd zu eigen gemacht hatte. 

Nun hat Maaßen laut Medienberichten in einer schriftlichen Erklärung kundgetan, dass das Video echt sei. Er aber den sorglosen, weil ungeprüften Umgang der Medien mit diesem Video kritisch sehe. 

Um das klar zu sagen: Der oberste Verfassungsschützer dieses Landes ist dazu da, Fakten zu liefern. Dafür ist seine Behörde mit Sonderrechten ausgestattet, weshalb von ihr auch zu Recht besondere Erkenntnisse erwartet werden. Der Verfassungsschutz und deren Chef sind aber nicht für die Interpretation dieser Fakten zuständig. Maaßen ist kein Semantiker, nicht Mitglied des Presserates und auch nicht Inhaber eines Lehrstuhls für Medienethik. Und Politiker ist er auch nicht. Er ist oberster Faktenlieferant. Der einzig entscheidende Bestandteil seiner nachgereichten Erklärung ist daher die Einlassung zur Echtheit des Videos. 

Nur ein Ausweg bleibt

Ich hätte es schlechterdings nicht für möglich gehalten, dass ein Behördenchef mit dieser Erfahrung, dass ein Spitzenbeamter wie Maaßen nichts in der Schublade hat, wenn er solche Zweifel an einem Beweisstück öffentlich äußert. 

Alles andere tritt dahinter zurück. Ob der Begriff Hetzjagden angemessen ist, liegt nicht in der semantischen Zuständigkeit eines Hans-Georg Maaßen, ob die Medien sauber gearbeitet haben, liegt nicht im Ermessen  von Hans-Georg Maaßen. Er ist Dienstleister des Staates und nicht Kommentator des politischen Geschehens. Bis hierher muss man sagen: Er hat eine Amtsanmaßung sondergleichen begangen. Vielleicht sollte man den Begriff künftig mit zwei a vor dem scharfen s schreiben. 

Eine klitzekleine Chance hat Maaßen noch: Wenn er morgen im Innenausschuss den Nachweis führen könnte, dass das Video zwar echt ist, aber dass es in den Ausschnitten so manipuliert wurde, dass dem Betrachter der Anlass für die kurze Verfolgung absichtlich vorenthalten wurde. Dann wären beide Aussagen zutreffend: das Video zwar echt, aber eben nicht authentisch. 

Wenn nicht, muss Maaßen gehen. Oder gegangen werden. 

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