Hackerangriff - Der Staat selbst hält Hintertüren zur Überwachung offen

Die Piraten galten als Hoffnung für Datenschutz. Dann verschwanden sie in der außerparlamentarischen Versenkung. Angesichts des Datendiebstahls bei Bundestagsabgeordneten wirft ihr Vorsitzender Sebastian Alscher der Regierung vor, solche Fälle bewusst in Kauf zu nehmen

Gewünschte Sicherheitslücken kritisiert der Vorsitzende der Piratenpartei
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Autoreninfo

Sebastian Alscher ist ein deutscher Politiker und seit November 2018 der Bundesvorsitzende der Piratenpartei Deutschlands.

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In einem „Adventskalender“ auf Twitter hat ein vermeintlicher Hacker Links zu Daten von Personen des öffentlichen Lebens veröffentlicht. Von deutschen und auch internationalen Medien wurde dies nun aufgegriffen und zu Recht ist die Aufregung groß. Material für skandalträchtige Berichte fanden sich nicht, allerdings wurden persönliche Daten von beispielsweise Youtubern und etlichen Politikern der Parteien CDU/CSU, SPD, LINKE, GRÜNE und FDP veröffentlicht. Noch bedauerlicher ist die Veröffentlichung der Daten eines weiteren Personenkreises, der sich in den Adressbüchern einiger dieser Personen befanden.

Die Identität wie auch die Motive der Hacker sind bisher noch ungeklärt. In vielen Fällen geht es den Tätern hierbei um Ruhm, Anerkennung und Aufmerksamkeit. Ebenfalls noch unbekannt ist die Quelle der privaten Daten und die Strategie, diese zu erlangen. Möglich sind ein schlichtes Erraten der Passwörter, wahrscheinlicher aber ist das Ausnutzen bestehender Software-Lücken. Der angebliche Hacker selbst spricht von einer Lücke in der 2-Faktor Authentifizierung. Auch das sogenannte „Spearfishing“, das gezielte Versenden von plausibel aussehenden E-Mails, die korrekte persönliche Informationen enthalten und somit täuschend echt wirken und das Opfer dazu verleiten, infizierte E-Mail-Anhänge zu öffnen, ist ein Angriffsweg, der zumindest für einen Teil der erbeuteten Daten in Frage kommen könnte. Dies wäre insbesondere deshalb plausibel, da es Berichte über das Auftauchen solcher E-Mails im Bundestag über die letzten Monate hinweg gab. Der Täter oder die Täterin haben hierfür ein deutliches Maß an krimineller Energie aufgebracht, um offensichtlich private Daten zu veröffentlichen.

Jeder muss vorsichtig sein, der Staat ganz besonders

Wir Piraten lehnen jeden Eingriff in die Privatsphäre ab! Dazu gehört selbstverständlich auch die Veröffentlichung privater Daten, wie Adressen, Telefonnummern, Zeugnissen oder Personalausweisen. Jeder Mensch soll selbst darüber entscheiden, welche seiner Informationen bekannt werden dürfen. Dieses Grundrecht gilt nicht nur für Politiker, es steht allen Menschen zu.

Unser Appell an alle ist deshalb: Zum einen sollte man selbst jederzeit bewusst entscheiden, welche Informationen man wo hinterlässt und überdenken, ob man der entsprechenden Person oder Institution einen geeigneten und angemessenen Umgang mit den persönlichen Informationen zutraut. Wer leichtfertig seine persönlichen Informationen streut, für denjenigen sollte es kaum überraschend sein, diese an anderer Stelle im Internet wieder zu finden.

Unser Appell an die handelnden Politiker ist: Ungleich wichtiger hingegen ist jedoch die Rolle des Staates, der hier beständig im Hintergrund seinen Teil dazu beigetragen hat, solche kriminellen Taten zu ermöglichen. Wesentliche Aufgabe des Staates ist, uns als Bürger zu schützen. Diese Schutzpflicht gilt für Angriffe aus allen Sphären, auch für Angriffe auf unsere informationelle Infrastruktur, in der wir unsere Daten und Informationen lagern und über die wir dieselben transportieren. Wenn Staaten sich regelmäßig dazu entscheiden, für Überwachungszwecke Sicherheitslücken zu erwerben, dann wird sehr deutlich gezeigt, dass auf den Schutz der Infrastruktur und damit den Schutz von uns als Bürgern verzichtet wird.

Die Regierung lässt Sicherheitslücken bewusst zu

Durch genau diese beabsichtigten Hintertüren können eben auch staatliche Behörden Zugriff auf unsere Computer erhalten, auf Privatcomputer genauso wie auf einen Server im Internet. Der Staat entscheidet sich also bewusst dafür, bekannte Sicherheitslücken vor den Softwareherstellern zurückzuhalten, damit Geheimdienste diese nutzen können. Das ist unverantwortlich – denn diese gefundenen Sicherheitslücken können ebenso von Dritten ausgenutzt werden.

Jeder von uns hat das grundlegende Bedürfnis, sicher und vertraulich kommunizieren zu können. Jeder von uns hat das grundlegende Recht auf Schutz der Privat- und der Intimsphäre. Dass nun private Daten von Personen bekannt geworden sind, zeigt, wie angreifbar jeder sein kann und wie dringend Handlungsbedarf besteht.

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