Comeback von Friedrich Merz - Warum Merz nicht Schulz ist

Der Wirbel um das geplante Comeback von Friedrich Merz als Parteivorsitzender der CDU erinnert viele an das Theater um den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Dabei hinkt der Vergleich. Als personifizierter Gegenentwurf zur Kanzlerin hat der Christdemokrat bessere Karten

Kann Friedrich Merz der CDU zu neuer Stärke verhelfen? /picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Die Analogien waren ebenso schnell zur Hand wie intellektuell unzulänglich: Der Wirbel um das Comeback von Friedrich Merz als Bewerber um die Nachfolge Angela Merkels gleiche dem Buhei, das im Frühjahr 2017 um den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz gemacht wurde. Und werde sich folglich auch ebenso schnell wieder legen.

Daran ist fast alles falsch bis auf den Umstand, dass beide, Schulz und Merz überraschend, out of the blue auf den Plan getreten sind. Und dass beide die Projektionsfläche für eine verbreitete Sehnsucht nach einer personellen Alternative abgaben – beziehungsweise abgeben.

Genau hier fängt die Parallele an – und genau hier hört sie dann auch schon wieder auf. Martin Schulz hatte eine Strecke von mehreren Monaten vor sich, auf der er gewaltige Fehler gemacht hat. Bis hin zu jenem, sich von Hannelore Kraft wegen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen vier Wochen Wahlkampf verbieten zu lassen. In den Monaten erwies sich dann auch schnell, dass die Hoffnung unberechtigt war, in Schulz einen satisfaktionsfähigen Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel zu sehen. Schulz hatte schlicht nicht das Format dafür. 

Der personifizierte Gegenentwurf zur Kanzlerin 

Schon der erste Auftritt von Friedrich Merz vergangene Woche in der Bundespressekonferenz hat gezeigt, dass er von gänzlich anderem Kaliber ist. Und dass er der personifizierte Gegenentwurf zur Kanzlerin und Parteivorsitzenden Merkel ist. Er füllt das immense Vakuum, das Wertkonservative und Wirtschaftsliberale in der CDU in den vielen Merkeljahren immer schmerzhafter verspürt haben. Und er hat nur wenige Wochen an Strecke vor sich, kein gutes halbes Jahr. Die Gefahr, dass die Welle bricht, ist da ungleich geringer. 

Die Kampagne des Friedrich Merz richtet sich im Unterschied zur Kanzlerkandidatur des Martin Schulz auch nicht an die gesamte Wählerschaft, sondern an die Parteimitglieder und am Ende an die Delegierten eines Parteitages der CDU.Merz muss anders gesagt also nicht einer breiten Masse gefallen, sondern einer ganz spezifischen Wählerschaft innerhalb der CDU. In Schulz sahen seinerzeit viele Wählerinnen und Wähler die Fata Morgana eines möglichen Endes der Regentschaft der Kanzlerin. In Friedrich Merz sehen viele innerhalb er CDU aus gutem Grund eine Personalie, die im Falle des Sieges mit einer grundlegend neuen Ausrichtung der CDU einherginge. Das versuchen seine Gegner als Rechtsruck zu diffamieren und als eine Rückkehr zu Überkommenem. Das wäre eine Restauration im klassischen Sinne. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass diese Merz-CDU zu einer Renaissance führen würde, zu einer Renaissance nicht nur der CDU, sondern  möglicherweise beider Volksparteien. 

Rückkehr zum Wettstreit mit der SPD 

Die Klügeren und Weitsichtigeren unter den Sozialdemokraten erkennen zu Recht in Merz die Chance, den großkoalitionären Dauerzustand zu beenden und wieder ein Stück weit zu dem am Ende politisch viel vitaleren Wettbewerb von Konservativen versus Sozialdemokraten zurückzukehren. Denn dieser Wettbewerb wird zur Zeit ersatzhalber an den Rändern von Grünen auf der einen Seite, einer luxuslinken Bohème, und der AfD auf der anderen Seite, als einer konservativ-reaktionären Partei, ausgefochten. 

Dieser Wettstreit gehört aber besser in die verantwortungsvollen Hände von Union und SPD und deren Anhängerschaften. Franz Müntefering hat einmal gesagt, die Stabilität des politischen Systems in Deutschland bestehe darin, dass sich SPD und CDU zwar wie wild beharken im Wahlkampf, aber im Falle einer Niederlage beide gleichermaßen wüssten, dass das Land auch bei den anderen nicht in völlig falschen Händen ist. Zu diesem Zustand sollte die Republik zurückfinden. Das wäre die Renaissance, für die Friedrich Merz der Anfang sein könnte.  

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