Frauen-Union - „Was nutzen tolle Frauen, wenn sie nicht gewählt werden?“

Die Frauen-Union fordert, die CDU soll alle Listen paritätisch mit Frauen besetzen. Doch die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will eine Abstimmung über die Quote auf dem Parteitag in Leipzig vermeiden. Was nach Revolution aussah, wird nun zum Rückzieher

Annegret Kramp-Karrenbauer prüft die CDU / picture alliance
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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Frau Pantel, der Frauen-Anteil der CDU sinkt. Aktuell liegt er nur noch bei 26,3 Prozent. Warum haben es die Frauen in Ihrer Partei so schwer?
Weil es immer noch häufig die Doppelbelastung von Frauen gibt und weil in der CDU weniger Frauen als Parteimitglieder vorhanden sind. Um in Mandate wie Bundestag oder Landtag zu kommen, sollten sie auch gewisse Erfahrungen haben, ob in den Bezirksvertretungen oder in den Kommunalparlamenten oder im Landtag. Man muss die Frauen erstmal motivieren sich mehr für Politik zu interessieren – und sie dann davon überzeugen, ein Mandat anzunehmen. Einfach ist es nicht, da wir ja wissen , dass Frauen bereits häufig mehrfach belastet sind.

Das Problem haben die anderen Parteien auch. Und trotzdem liegt der Frauen-Anteil bei den Grünen immerhin bei 40,5 Prozent.
Wir unterscheiden in der CDU nicht nur nach Frau und Mann. Bei uns gibt es auch noch die Senioren-Union, die Junge Union, die Frauen-Union und den Proporz der Gebiete.Es wäre einfach, zu sagen, wir vergeben die Mandate nur nach einer Landesliste. Die Direktmandate haben Vorrang. Und in der CDU ist es so, dass der Wahlkreis-Inhaber in dem Gebiet verwurzelt sein sollte, um die Interessen der Bürger zu kennen, die vertreten werden sollen. Und da wird es schwierig.

Warum?
Sie müssen auch um einen guten Platz kämpfen, um auf diese Liste zu kommen. Das entscheiden die Parteimitglieder. Diese Listen sollten ja auch die Gesamtbevölkerung abbilden.

Und da haben es Frauen da schwerer?
Da fragen Sie die falsche. Ich habe nie einen  guten Listenplatz erhalten, aber immer meinen Wahlkreis direkt gewonnen.

Aber in der CDU gibt es doch ein Quorum, demzufolge jeder dritte Listenplatz an eine Frau gehen muss.
Aber was nutzt das, wenn diese Liste nicht gezogen hat? Wir hatten bei der vergangenen Bundestagswahl tolle Frauen, aber die wurden leider nicht gewählt.

Warum nicht?
Bestimmt nicht deswegen, weil sie Frauen waren. Die CDU hat gegen die anderen Parteien verloren. Da haben die SPD oder die Grünen gewonnen, entweder ein Mann oder eine Frau.

Kann es sein, dass das Programm der CDU für weibliche Wähler nicht besonders attraktiv ist?
Nein, daran kann es nicht liegen. Die CDU hat insgesamt nicht nur die meisten Stimmen gewonnen. Der Anteil der Frauen ist seit 2009 auch wieder deutlich gewachsen.

Sylvia Pantel, CDU

In dem Antrag, den die Frauen-Union  an den Parteitag an diesem Wochenende gestellt hat, heißt es, bei der Förderung von Frauen gebe es ein „Umsetzungs- und Durchsetzungsproblem“.
Das habe ich ja gerade erklärt. Wir müssen uns darüber verständigen, welche Kriterien bei der Vergabe der Listenplätze und der Direktmandate Vorrang haben. Entscheiden wir nach Länderproporz, Alter, Mittelstand, Arbeitnehmer oder nach Geschlechtern?

Ihr Ziel sei außerdem „die hälftige Teilhabe“ der Frau auf allen Ebenen und in allen Funktionen. Sollte die Geschlechterfrage da nicht zumindest erstmal so lange Vorrang haben, bis dieses Ziel erreicht ist?
Um auf Nummer sicher zu gehen, könnten wir natürlich sagen, wir brauchen über 50 Prozent Frauen, weil man ja davon ausgehen muss, dass nicht alle Kandidatinnen gewählt werden. Aber dafür würden wir in der Partei bestimmt keine Mehrheit bekommen.

Weil in der Partei noch das Frauenbild der drei K’s herrscht: Kinder, Küche, Kirche?
Nein. Mir ist das persönlich auch noch nicht begegnet. Wenn ich mir meine Kollegen so angucke, glaube ich auch nicht, dass das die Ursache ist. Die Männer sind weiter. Es sind ja inzwischen auch viele jüngere Frauen und Männer dabei.   

Ist nicht genau das das Problem: der Konkurrenzkampf zwischen Männern und Frauen?
Richtig, schwierig wird es da, wo Frauen fordern: Ich möchte Deinen Platz, lass mich dahin. Das gilt aber auch unter Männern.

Als Vorsitzender der Antragskommission hat CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak vorgeschlagen, den Antrag der Frauen-Union nicht auf dem Parteitag zu behandeln, sondern an andere Gremien weiterzureichen. Fühlt sich die Frauen-Union noch von der Partei noch ernst genommen?
Ja, ich halte diesen Vorschlag für klug.

Warum?
Weil man erstmal in den verschiedenen Gremien beraten muss, wie wir mehr Frauen in die Ämter bekommen. Sonst wird die Mehrheit so etwas nicht mittragen.

Sie meinen die Männer?
Ja, aber auch einige Frauen. Es hatten sich schon einige junge Frauen dazu geäußert, die keine Quotenfrauen sein wollen.

Annegret Kramp-Karrenbauer verdankt ihre Wahl zur Parteivorsitzenden auch der Frauen-Union. Warum macht sie Ihren Antrag jetzt nicht zur Chefsache, sondern lässt ihn über ihren Generalsekretär abwimmeln?
Ich würde es für unklug halten, diesen Antrag auf dem Parteitag durchdrücken zu wollen.

Aus welchem Grund?
Wir haben noch so viele andere Anträge, da kann man nicht durchdiskutieren: Wollen wir die Direktmandate ausschalten? Brauchen wir keine Bürgernähe mehr? Wollen wir nur noch Listenwahlen machen und die Listen dann paritätisch besetzen?  Das ist eine längere Diskussion. Ich denke, die Lösung sollen auf Fachebene gesucht werden und dann dem Parteitag zur Abstimmung vorgelegt werden.

Aber warum stellt die Frauen-Union erst einen Antrag an den Parteitag und rudert dann wieder kleinlaut zurück?
Wir rudern ja nicht zurück. Wir haben die Zusage von unserem Generalsekretär, dass die Diskussion weitergeführt wird.

Kann es sein, dass Sie Ihre angeschlagene Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer aus der Schusslinie nehmen wollen, weil sich jetzt schon abzeichnet, dass es für diesen Antrag keine Mehrheit gibt?
Aber sie hat den Antrag doch gar nicht gestellt. Der kommt von uns, von der Frauen-Union.

Aber ist es Annegret Kramp-Karrenbauer den Mitgliedern der Frauen-Union das nicht schuldig, diesen Antrag zur Chefsache zu machen?
Frau Kramp-Karrenbauer möchte ja mehr Mandate für Frauen. Wenn man von der Partei Unterstützung haben möchte, ist es aber klüger, den Antrag erstmal in die Gremien zu geben.

Wo er dann jahrelang liegenbleibt?
Nein, wir kommen wieder.

Sogar CSU-Chef Markus Söder hat sich auf dem letzten Parteitag der CSU für einen höheren Anteil ausgesprochen – wenn auch ohne Erfolg. Ist es nicht ein Armutszeugnis, dass Annegret Kramp-Karrenbauer kneift?
Es liegt nicht daran, dass wir nicht mehr Frauen haben wollen. Es liegt an der Frage: Wie kriegen wir es hin. Wir haben nicht die Eile, dass Frau Kramp-Karrenbauer wegen eines Antrages, den sie nicht gestellt hat etwas riskieren sollte, ...

..., mit dem Markus Söder krachend gescheitert ist. Sie sind gar nicht wütend auf die Parteivorsitzende?
Nein, ich schätze sie. Dass man jetzt überall darüber diskutiert und die Parteispitze gesagt hat, wir gucken, dass wir es hinkriegen, damit haben wir doch schon viel gewonnen.

Das Gespräch führte Antje Hildebrandt

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