Erika Steinbach - Abgang ohne Stil

Erika Steinbach tritt aus der CDU aus, ohne ihr Mandat im Bundestag niederzulegen. Offenbar will sie ihrer Partei maximal schaden, die AfD streckt schon ihre Fühler nach ihr aus. Die Aktion steht im Widerspruch zu dem Anstand, auf den Steinbach immer Wert gelegt hat

Erika Steinbach haut zum Austritt aus ihrer Partei noch einmal mächtig auf die Pauke / picture alliance
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Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Erika Steinbach will nicht mehr. Die Politik der Bundeskanzlerin hält sie „schädlich für Deutschland“, die CDU ist ihr zu sozialdemokratisch geworden, vor Schwarz-Grün im Bund graut ihr. Also tritt sie aus der CDU ebenso aus wie aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Dazu muss man wissen: Die Konservative, die noch in der hessischen Alfred-Dregger-Union politisch sozialisiert worden war, hatte zwar ihren Frankfurter Wahlkreis seit 1990 fast immer direkt gewonnen, selbst gegen einen Joschka Fischer. In der stark grün imprägnierten Frankfurter CDU war sie jedoch immer stärker zur Außenseiterin geworden. Auf eine abermalige Kandidatur bei der Bundestagswahl 2017 hatte sie deshalb schon im vergangenen Jahr wohlweislich verzichtet. Sie hat also nichts mehr zu verlieren.

Unzufriedenheit mit der Partei nachvollziehbar

Man kann nachvollziehen, dass Steinbach mit dem Kurs einer Partei hadert, in der Konservative offenbar nur noch nach dem Grundsatz „Duldung mit Arbeitserlaubnis“ (Wolfgang Bosbach) willkommen sind. Aber sie hat innerhalb der CDU nie vehement für eine Kurskorrektur gekämpft. Solange sie Präsidentin des Bundes der Vertriebenen war (bis Ende 2014), war ihr die Unterstützung von Angela Merkel für das von ihr initiierte „Zentrum gegen Vertreibungen“ wichtiger als der innerparteiliche Kampf um den Weg der CDU. Deshalb fiel sie auf Parteitagen nicht als Kritikerin auf. Im konservativen „Berliner Kreis“ war sie dabei, aber keine treibende Kraft.

Jetzt tritt sie also aus Partei und Fraktion aus. Sie haut dabei mächtig auf die Pauke, will ihrer Ex-Partei offenbar so viel schaden, wie es Steinbach nur möglich ist. Ihr Bundestagsmandat will sie behalten, um künftig im Parlament – höchst publikumswirksam – gegen die Kanzlerin zu agieren, für deren Wahlsieg sie noch 2013 gekämpft hat. Jetzt hofft sie wohl auf einen Wahlerfolg der AfD und wird dafür tun, was sie kann.

Roter Teppich von der AfD

Die AfD hat Steinbach bereits den roten Teppich ausgerollt. Die Ex-CDU-Frau will derzeit nicht eintreten, schließt es aber nicht kategorisch aus. Ohnehin ist eine parteilose ehemalige CDU-Abgeordnete, die im Bundestag im Sinne der Rechtspopulisten spricht, für die konservativ-völkische-antieuropäische AfD wertvoller als ein neues Mitglied. Als solches wäre sie nämlich auch eine Konkurrentin der derzeitigen, heftig zerstrittenen Mitglieder der AfD-Führung.

Erika Steinbach hat – auch in heftigen politischen Auseinandersetzungen – immer Wert auf Stil und Anstand gelegt. Wenn konservativ eine Haltung ist, dann müsste sie jetzt ihr Mandat niederlegen. Aber genau das tut sie nicht. Das unterscheidet sie eben von Wolfgang Bosbach, einem Konservativen mit Stil: Der ist kreuzunglücklich über den Kurs seiner CDU, tritt deshalb 2017 nicht mehr an, würde aber nicht einmal unter starkem Alkoholeinfluss gemeinsame Sache mit den Rechtsauslegern von der AfD machen. So konservativ wie Bosbach ist Steinbach dann doch nicht.

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