DFG-Papier über Corona-Aerosole - Abstand, Lüften und FFP2 gegen die vierte Welle

Ein Positionspapier der Deutschen Forschungsgemeinschaft gibt klare Handlungsempfehlungen, wie Corona-Infektionen über Aerosole, ein sehr häufiger Übertragungsweg, vermieden werden. Darüber hinaus wird in dem Papier deutlich, dass Infektionen im Freien unter Einhaltung der AHA-Regeln äußerst unwahrscheinlich sind.

Aerosole sind winzige Feuchtigkeitspartikel, die noch lange in der Luft schwebend Infektionen verursachen können / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Uta Weisse war Online-Redakteurin bei Cicero. Von Schweden aus berichtete sie zuvor als freie Autorin über politische und gesellschaftliche Themen Skandinaviens.

So erreichen Sie Uta Weisse:

Anzeige

Spätestens im Herbst und Winter, wenn wir wieder mehr Zeit in geschlossenen Räumen verbringen und ausgiebiges Lüften aufgrund der Kälte als lästig empfunden wird, würden uns weitere Infektionswellen drohen. Neue Virusvarianten und mangelnde Impfbereitschaft würden ein erneutes Erstarken der Pandemie begünstigen. Das schreiben Forscher der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in einem Positionspapier. Deshalb sei jetzt geboten, Corona-Infektionen über Aerosole zu verhindern.

Aerosole sind maximal einige Zehntausendstel Meter groß

Was genau aber sind Aerosole? Im Zusammenhang mit dem Corona-Infektionsgeschehen sind darunter alle luftgetragenen Feuchtigkeitspartikel aus den Atemwegen mit einem Durchmesser von einem Nanometer bis einigen 100 Mikrometern zu verstehen. Zur Einordnung: 100 Mikrometer entsprechen einem Zehntausendstel Meter. Und warum sind Informationen zur Ansteckung über Aerosole laut den Wissenschaftlern so wichtig? Weil laut DFG nur 70 Prozent der Bevölkerung ausreichend über die Ansteckungsgefahr Bescheid wisse. Dabei würden Aerosole erheblich zum Infektionsgeschehen beitragen.

Wenn es gelingt, die Ausbreitung von Aerosolen zu verhindern, würde das entsprechend die Zahl der Corona-Ansteckungen reduzieren. Und wie die Ausbreitung von Aerosolen wiederum verhindert werden kann, darüber solle das DFG-Positionspapier Aufklärung leisten. Die Empfehlungen stützen sich auf Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Direkte vs. indirekte Infektionen

Was in der Diskussion um die Verbreitung des Corona-Virus gern durcheinander gerate, seien die unterschiedlichen Übertragunswege – direkte und indirekte Infektionen, heben die Autoren des Papiers gleich zu Anfang hervor. Die direkte Infektion bezeichnet eine Übertragung durch Aerosolpartikel, die beispielsweise beim Atmen, Sprechen, Husten oder Niesen entstehen und in großer Anzahl über kurze Abstände, also weniger als eineinhalb Meter, direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Wenn Personen nur wenige Minuten lang Kontakt unter Einhaltung geringer Abstände hätten, zum Beispiel bei einem Gespräch oder ihre Arbeitsplätze sich nahe beieinander befänden oder Menschen gemeinsam öffentliche Verkehrsmittel nutzten, könnten die Corona-Viren direkt übertragen werden, erklärt die DFG. Denn die Konzentration der Erreger ist bei der direkten Übertragung, auch unter dem Begriff der Tröpfcheninfektion bekannt, sehr hoch.

Bei der indirekten Infektion können sich deutlich kleinere Partikel, die Viren enthalten, über mehrere Stunden in geschlossenen Räumen, beispielsweise Büros oder Klassenzimmern, ansammeln und in der Luft schweben. Steigt die Konzentration der Viren ausreichend an und befinden sich Personen länger als 15 Minuten in den Räumlichkeiten, könne es auch unter Einhaltung der Abstandsregel zu Ansteckungen kommen. Denn die Aerosole könnten über die Zirkulation der Luft lange Distanzen zurücklegen. Auch wenn sich eine infektiöse Person nicht mehr im Raum befinde, so die Erklärung der DFG, könnten die zurückgebliebenen Aerosolpartikel immer noch Infektionen bei anderen Menschen im Raum verursachen.

Infektionen im Freien unter Einhaltung von Abstand sehr unwahrscheinlich

Während in geschlossenen Räumen sowohl direkte als auch indirekte Ansteckungen möglich sind und deshalb in Innenräumen zu Schutzvorkehrungen geraten werde, sei es im Freien praktisch nur möglich, sich über direkte Infektionen, also aus nächster Nähe, anzustecken, so die Forscher. Werde aber an der frischen Luft ein Mindestabstand von eineinhalb Metern eingehalten, seien Tröpfcheninfektionen unwahrscheinlich. Indirekte Infektionen, also über Aerosolpartikel, seien dagegen noch unwahrscheinlicher, weil die Viruskonzentration durch die Luftzirkulation zu stark verdünnt oder die Viren direkt abgeführt würden, so die Begründung.

Empfehlungen für Innenräume

Die indirekte Infektionsgefahr könne in Innenräumen minimiert werden, indem sich Personen dort einerseits nur kurz aufhalten und darüber hinaus die Konzentration infektiöser Aerosole durch Lüften möglichst gering gehalten werde. Sprich Fenster auf und regelmäßig Querlüften, die Empfehlung ist hier sechsmal pro Stunde einen Durchzug durch Öffnen von Fenstern auf gegenüberliegenden Raumseiten herzustellen. Oder häufiges Stoßlüften, also alle vorhandenen Fenster vollständig zu öffnen.
Fest installierte raumlufttechnische Anlagen oder mobile Raumluftreiniger seien eine Alternative, wenn beispielsweise aufgrund niedriger Temperaturen das ständige Lüften als störend empfunden werde.

FFP2 auch nach potenziellem Ende der Maskenpflicht empfohlen

Da Lüften, fest installierte Filter und mobile Raumluftreiniger nur vor der indirekten Infektion schützen, aber keinen Schutz vor direkten Infektionen bieten, stellen sie keinen Ersatz für Masken jeglicher Art dar. Deshalb empfiehlt die DFG zusätzlich das Tragen FFP2-Masken geraten, die allerdings fest am Gesicht anliegen sollten, da ansonsten Aerosole in die Atemwege gelangen könnten.

Weil die partikelfiltrierenden Masken aber oft nicht über lange Zeiträume getragen werden und deshalb für den Schutz über den gesamten Arbeitstag oder Schulbesuch nicht geeignet seien, empfiehlt die DFG, die Masken zumindest konsequent in Innenbereichen zu tragen, die ansonsten nicht ausreichend geschützt werden könnten, also beispielsweise Fahrstühle, Flure, öffentlicher Nahverkehr oder im Taxi. Gleiches gelte für Menschen, die im engen Kontakt zu anderen Personen arbeiteten wie zum Beispiel im medizinischen Bereich, in der Pflege oder der Gastronomie. FFP2-Masken würden laut DFG eine „gute Möglichkeit zum eigenverantwortlichen, kurzfristigen Selbst- und Fremdschutz“ darstellen, auch wenn die Maskenpflicht vielleicht künftig nicht weiter bestehen würde und die Impfkampagne schon weiter fortgeschritten wäre.


Das Positionspapier der DFG finden Sie hier.

Anzeige