Demagogische Trittbrettfahrer - Das Worst-of der Corona-Sprüche

Auch Extremsituationen wie die Coronaviruskrise halten Menschen nicht davon ab, hanebüchenen Unsinn von sich zu geben. Ob Bundestrainer oder Bundesminister, ob von links oder von rechts – von überall her hagelte es in den vergangenen Tagen Sentenzen, auf die wir hätten verzichten können.

Jogi Löw: Besser mal den Mund halten? /dpa
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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In der Krise und in der Not zeigt sich ja angeblich der wahre Charakter eines Menschen. Dafür gibt es dieser Tage viele anschauliche Beispiele. Jene Mitbürger etwa, die noch bis zuletzt Corona-Partys in öffentlichen Parks gefeiert haben und mit derlei ostentativer Rücksichtslosigkeit die staatlich verordnete Ausgangsbeschränkung erforderlich machten.

Oder eben auch diejenigen, die mit ihrer Arbeit – von den Supermarktkassen bis in die Krankenhäuser – überhaupt erst dafür sorgen, dass das Leben trotz Krise irgendwie weitergehen kann. Und dann muss man stets auch solche Leute ertragen, die noch die übelste Notlage dafür nutzen, um irgendwelche Sprüche zu klopfen, damit sie selbst besser dastehen. Man könnte von Trittbrett-Laberern, Trittbrett-Beschwichtigern und Trittbrett-Demagogen sprechen.

Eine Worst-of-Liste der Corona-Zitate

Ferda Ataman / dpa

Platz eins: Ferda Ataman
Die sogenannte „Integrationsaktivistin“ und Spiegel-Online-Kolumnistin schrieb am Montag auf Twitter: „Ich habe irgendwie eine Ahnung, welche Bevölkerungsgruppen in Krankenhäusern zuerst behandelt werden, wenn die Beatmungsgeräte knapp werden.“ Mit anderen Worten: Menschen mit Migrationshintergrund müssen im deutschen Gesundheitssystem damit rechnen, vernachlässigt zu werden; zur Not lässt man sie einfach sterben. Damit unterstellt Ataman tausenden Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern (welcher Herkunft auch immer) nicht nur Rassismus, sondern pure Menschenverachtung. Und das in einer Situation, in der viele genau dieser Leute unter persönlicher Aufopferung alles dafür tun, um die medizinische Versorgung sicherzustellen und Leben zu retten. Mehr Niedertracht als im Tweet von Ferda Ataman ist kaum möglich. Sie betreibt keine Integration, sondern mit aller verbalen Gewalt eine Spaltung der Gesellschaft. Wer so schreibt, redet den Bürgerkrieg herbei. Unfassbar, dass so jemand weiter bei Spiegel Online kommentieren darf.

Andreas Winhart / dpa

Platz zwei: Andreas Winhart
Der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete ist schon früher durch seinen Rassismus und seine offen zur Schau getragene Dümmlichkeit aufgefallen. Da ließ er sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen und kommentierte die Tatsache, dass Angela Merkel unter Corona-Quarantäne steht, wie folgt: „Merkel ist in Quarantäne! Gut, hinter Gitter wäre besser, aber ist ja schon mal ein Anfang.“ Natürlich tat er das, wie Ferda Ataman auch, auf Twitter. Man kann wirklich sagen: Wenn’s drauf ankommt, holt dieser Kurznachrichtendienst das Schlechteste aus den Menschen heraus. Natürlich löschte Winhart seinen Post nach kurzer Zeit wieder und wünschte „allen Betroffenen viel Kraft“. Das ist selbstverständlich die pure Verlogenheit. Was Typen wie Winhart sich wirklich wünschen, zeigt seine ursprüngliche Krisenkommunikation in aller Deutlichkeit.

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Jutta Ditfurth / dpa

Platz drei: Jutta Ditfurth
Die Ex-Grüne und Abgeordnete im Frankfurter Stadtparlament konnte am 26. Februar der Versuchung von Twitter ebenfalls nicht widerstehen und brachte folgende Nachricht über ihren eigenen Gesundheitszustand in Umlauf: „Beim letzten Stadtparlament hab ich mir Influenza eingefangen, 14 Tage heftig krank. Konnte ein paar Tage arbeiten. Jetzt wieder krank. Morgen nächstes Stadtparlament. Ich werde mich in den Römer schleppen und niesend durch die Reihen der AfD gehen, versprochen!“ Absichtliches Anstecken von unliebsamen Parlamentskollegen zu Zeiten einer Pandemie: Sollte das irgendwie ironisch gemeint gewesen sein, dann fällt das in die Kategorie von menschenverachtendem Zynismus. Wer wählt solche Leute eigentlich in ein Parlament?

Joachim Löw / dpa

Platz vier: Joachim Löw
Der Fußball-Bundestrainer glaubte, bei einer DFB-Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch angesichts der Krise den grüblerischen Philosophen geben zu müssen. Was ihm dann allerdings gedanklich entfleuchte, war Schwachsinn pur. „Die Erde scheint sich ein bisschen zu stemmen und zu wehren gegen die Menschen und gegen ihr Tun“, so Löw, der sich damit auch nicht viel von jenen orthodoxen Endzeit-Predigern unterscheidet, aus deren Sicht Corona eine Strafe Gottes für die sündige Menschheit ist. Ob Philosophen-Jogi seine Weltsicht auch in einer norditalienischen Corona-Ambulanz vortragen würde? Nach dem Motto: „Hey Leute, so sieht es eben aus, wenn die Erde sich gegen euch und euer Tun wendet!“ Einfach mal nichts zu sagen, das ist übrigens auch eine philosophische Tugend, Herr Löw. Und in Ihrem Fall kann man sie gar nicht streng genug beherzigen!

Madonna / dpa

Platz fünf: Madonna
Die einstige Queen of Pop nutzt Corona als gute Gelegenheit, um sich öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen – nackt in einer Badewanne, aber selbstverständlich trotzdem stylish geschminkt sowie mit allerlei Schmuck behängt. Und was ihr während der exhibitionistischen Körperreinigung im Blütenbad alles einfällt, das hat durchaus die Qualität ihres deutschen Philosophenkollegen Jogi Löw. So sinniert sie etwa: „Die Sache mit Corona ist: Es interessiert sich nicht dafür, wie reich du bist, wie berühmt du bist, wie lustig oder klug du bist. Wo du wohnst, wie alt du bist, welch tolle Geschichten du erzählen kannst.“ Und so weiter und so fort – bla, bla, bla. Diesen idiotischen Vortrag hält die 61-Jährige auch noch mit schmerzvoll-bewegtem Gesicht und esoterischer Klimpermusik im Hintergrund. Das alles wirkt dermaßen aufgesetzt, dass man sich am liebsten ins blütenbestückte Badewasser übergeben möchte.

Peter Altmaier / dpa

Platz sechs: Peter Altmaier
Kein einziger Arbeitsplatz werde wegen der Corona-Krise in Deutschland verlorengehen, verkündete der Bundeswirtschaftsminister vergangene Woche in einer Talkshow. Das erinnert irgendwie an den einstigen irakischen Informationsminister Muhammad as-Sahhaf, genannt „Comical Ali“. Dem gelang im Jahr 2003 bekanntlich das Kunststück, den bevorstehenden Sieg von Saddam Husseins Truppen vor laufender Kamera zu verkünden, während im Hintergrund schon die amerikanischen Panzer vorbeifuhren. Vielleicht wollte Altmaier aber auch einfach nur sagen, dass wegen Corona kein einziger Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst und beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk verloren geht. Und das ist ja wohl die Hauptsache.

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