CDU-OB-Kandidat zu Connewitz-Ausschreitungen - „Auch die Staatsgewalt muss sich an Recht und Gesetz halten“

Seit den Ausschreitungen in Leipzig Connewitz tobt eine Debatte um Linksextremismus und Polizeigewalt. Sachsens CDU-Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow will Leipzigs neuer Oberbürgermeister werden. Im Cicero-Interview mahnt er, nicht über Ideologie, sondern über Straftaten zu sprechen

Krawallnacht von Leipzig-Connewitz / picture alliance
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Autoreninfo

Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Sebastian Gemkow ist der CDU-Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Leipzig am 2. Februar 2020. Er war sächsischer Justizminister und ist nun Wissenschaftsminister in der Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD.

Herr Gemkow, die New York Times zählt Leipzig aktuell zu den weltweit 52 „Places to Go“. Die Stadt sei eine „cool kid town“. Warum braucht ausgerechnet eine seit Jahren boomende Stadt Sie als neuen Oberbürgermeister?
Weil genau diese Attraktivität der Stadt zum Problem für die Stadt werden kann. Wir erleben seit Jahren einen unglaublichen Zuzug und haben inzwischen die 600.000er-Marke geknackt. Die Stadt wird weiter wachsen. Das bringt Probleme bei der Mobilität, beim Wohnraum und auch beim Thema innere Sicherheit mit sich. Wir müssen jetzt dringend Entscheidungen treffen, die für die nächsten 10, 20, vielleicht sogar 30 Jahre von Bedeutung sind. Es geht um Verkehrsprojekte mit großem Planungsvorlauf. Ich trete an, weil diese Entwicklungen unsere Zukunft und die kommender Generationen betreffen.

Seit Silvester wurde der Stadtteil Connewitz bundesweit zum Thema der Berichterstattung wegen gewalttätiger Ausschreitungen. Wie würden Sie als gebürtiger Leipziger Menschen von außerhalb diesen Stadtteil beschreiben?
Es ist ein spannender, vielfältiger und auch ein schöner Stadtteil. Viele Menschen leben hier friedlich zusammen und fühlen sich wohl. Aber es gibt auch einen Kern von Menschen, die den Weg des friedlichen Diskurses schon seit vielen Jahren verlassen haben.

Wie meinen Sie das?
Diese Entwicklung dauert mittlerweile seit mehr als 30 Jahren an. In regelmäßigen Abständen und leider auch in einer gestiegenen Intensität überschreiten diese Leute die Grenzen des Rechts und begehen mittlerweile sogar schwere Straftaten. Sie richten sich nicht mehr nur gegen Sachen, sie verletzen andere Menschen. Die Opfer und Angriffsziele rücken immer weiter in die Mitte der Gesellschaft. Diese Szene maßt sich an, zu definieren wer Ziel und wer Opfer ist. Mittlerweile sind nicht mehr nur Polizisten deren klassische Feindbilder, sondern auch Vertreter etwa der Immobilienwirtschaft.

Können Sie diese Szene beschreiben?
In Connewitz hat sich ein harter, linksextremistischer Kern entwickelt. Das hat Gründe. Dieser Stadtteil war in den achtziger Jahren zu einem großen Teil zum Abriss vorgesehen. Die Häuser waren dort wie überall in der Stadt in Leipzig sehr heruntergekommen und ruinös. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation in der DDR hat man den geplanten Abriss damals aber nicht verwirklicht. Und so zogen viele junge Menschen und Studenten auch aufgrund der Wohnungsknappheit in diese Häuser und haben sie schlichtweg schwarz bewohnt. Das hat niemanden gestört. Im Zweifel sagte der Staat, wir drücken da mal die Augen zu, weil das unser Problem ein bisschen löst. Auch Verwandtschaft von mir wohnte dort und ich habe als Kind viel Zeit in diesen Häusern verbracht. Die Toiletten waren im Hinterhof, durchs Dach regnete es rein und die Leute wanderten dann von einem Stockwerk ins nächst untere, wo es noch trocken war.

Was noch keinen Linksextremus erzeugt.
Nein, aber aus dieser Szene heraus hat sich Anfang der neunziger Jahre schnell ein politisch-ideologischer Kern gebildet. Das waren nicht immer dieselben Leute. Immer wieder zogen junge Leute dazu und fanden hier eine Szene vor, die ihnen zusagte. Es kam schon damals zu Straßenkämpfen mit brennenden Barrikaden. Anfang der Jahrtausendwende-Jahre beruhigte sich das Ganze weitergehend. Doch in den letzten Jahren gab es wieder verstärkt Zuzug aus anderen Städten wie Berlin oder Hamburg, auch weil dort die Gentrifizierung dort schon weiter vorangeschritten war. Daraus hat sich offensichtlich eine Verstärkung des extremistischen Kerns ergeben.

Ist Connewitz heute ein Problemviertel?
Ich würde nicht von einem Problemviertel sprechen. Dafür gibt es dort viel zu viele Menschen, die sich friedfertig begegnen. Die wollen, dass ihr Stadtteil schön und lebenswert ist. Aber es gibt auch eine zu große Zahl derer, denen nicht daran gelegen ist, sich an Recht und Gesetz zu halten, die sich bis hin zu Straftaten auch gegen das Recht stellen.

Wer linksextremistische Gewalt thematisiert, bekommt schnell den Vorwurf, damit das Problem rechtsextremistischer Gewalt zu verharmlosen. Umgekehrt ist ebenso. Woran liegt das?
Was man beobachten kann ist, dass das Problembewusstsein bezüglich einzelner Extremismusarten immer dann besonders ausgeprägt ist, wenn es einen Anlass dafür gibt. Man kann beobachten, wie nach Berichterstattung und natürlich auch nach Vorfällen bestimmte Arten von Extremismus als besonders gefährlich erscheinen. Ich glaube an eine ganz einfache Formel: die Betrachtung von der Rechtsordnung aus. Es gibt Vorschriften und es gibt Straftatbestände. Es geht nicht in erster Linie um die ideologische Komponente. Es geht um Sachbeschädigung und Körperverletzung. Es geht um schwere Körperverletzung, es geht um Totschlag und es geht auch um Mord. Wer sich nicht an die Rechtsordnung hält, der ist zu verfolgen, ungeachtet seiner ideologischen Motivation.

In der Silvesternacht von Connewitz standen auch Wasserwerfer und Panzerwagen in den Seitenstraßen bereit. Polizisten liefen in Kampfmontur auf. Muss man da so massiv reingehen?
Nicht jedes Jahr gleicht dem vorangegangenen. Es gab immer wieder schwere Ausschreitungen und gewalttätige Auseinandersetzungen an Silvester. Darum ist es richtig, dass die Polizei vor Ort ist. Das ist in einem Rechtsstaat keine Provokation. Polizei ist Teil des Rechtsstaats. Sie ist die wichtigste Institution mit der Rechtfertigung, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Staat hat das Gewaltmonopol und setzt es richtigerweise durch, wenn es in Frage gestellt wird.

Nicht die pure Anwesenheit der Polizei wurde kritisiert, sondern die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes und der Sprache. Ministerpräsident Michael Kretzschmar sprach von „linkem Terror“, der Polizei-Gewerkschaftler Rainer Wendt von „neuer RAF“ und der Leipziger Polizeipräsident von „Unmenschen“. Passen diese Worte in Zeiten, in denen rechtsextremistische Terroristen Menschen planmäßig ermorden?
Ich beteilige mich nicht an Dialektik. Ich versuche das Problem zu analysieren. Was sind die Ursachen? Wer hat Berechtigung zu bestimmten Verhaltensweisen? Und wer hält sich letztlich nicht an Recht und Gesetz? Das muss die Basis der Betrachtung sein. Denn jedes Verhalten in der Silvesternacht, unabhängig von welcher Seite, muss sich daran messen lassen: an der Einhaltung von Recht und Gesetz.

Inzwischen mehren sich Zeugenberichte, von Personen, die von der Polizei verletzt worden sein sollen.
Sich an Recht und Gesetz zu halten, gilt auch für Personen, die Staatsgewalt ausüben. Auch das ist kein rechtsfreier Raum. Und wenn dort Grenzen des Rechts verletzt werden, das Handeln nicht rechtmäßig ist, muss das überprüft werden. Aber auch das ist Aufgabe des Staates. Im Zweifel von unabhängigen Gerichten und nicht von selbst ernannten Rechtswächtern oder Personen, die meinen, ihre Ansprüche mit dem Faustrecht durchsetzen zu können.

CDU-Kandidat für die OB-Wahl:
Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow
/ Bastian Brauns

Als Sie Justizminister von Sachsen waren, haben sie gemeinsam mit ihrem Innenminister-Kollegen Roland Wöller die „Soko Linkx“ gegründet. Warum halten Sie diese für notwendig?
Die Strafverffolgung im Bereich Linksextremismus ist in der Vergangenheit regelmäßig auf Erschwernisse gestoßen. Es handelt sich um eine sehr professionell agierende Szene, die für die Ermittlungsbehörden nicht immer einfach zu durchleuchten ist. Straftaten blieben unaufgeklärt. Die handelnden Personen aus der Szene wechseln. Die Kommunikation ist hoch professionell. Die laut Strafprozessordnung erlaubten Ermittlungsinstrumente reichen oft nicht aus, um moderne Kommunikation zu durchdringen. Mit der Soko Linkx wollen wir die Vernetzung auf polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher Seite effizienter gestalten. Wir haben Personal aufgestockt bei Polizei und Staatsanwaltschaft.

Aber warum gerade jetzt?
Das geschah zu einem Zeitpunkt als deutlich wurde, dass sich die Qualität der Gewalt verändert hat. Eine völlig unbeteiligte Person wurde in ihrer Privatwohnung tätlich angegriffen und bedroht mit Grüßen der sogenannten „Kiezmiliz“ aus Connewitz. Es war das erste Mal, dass die Szene offenbar auch außerhalb ihrer traditionellen Feindbilder Straftaten begeht.

Den Polizeieinsatz von Connewitz verantwortet Ihr CDU-Kabinettskollege im Innenministerium. Sie werben auf ihren Wahlplakaten mit dem Thema Sicherheit. Nützt ihnen so eine Art impliziter Wahlkampfhilfe?
Wer das sagt, sollte darüber nachdenken, was der Auslöser dieses Polizeieinsatzes gewesen ist. Warum es überhaupt zu diesen gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Wenn Steine geworfen werden, wenn Feuerwerkskörper und Raketen auf Polizisten geschossen werden. Wenn ein brennender Einkaufswagen durch die Straße rollt, dann kann man nicht die Polizei verantwortlich machen. Schon das erklärt deutlich, dass das nichts mit Wahlkampfhilfe zu tun hat, sondern schlicht eine Reaktion auf unrechtmäßiges Verhalten gewesen ist.

Wie können Sie als Oberbürgermeister überhaupt die Sicherheit in der Stadt erhöhen?
Mein Slogan „Sicheres Leipzig“ meint mehr, als nur das Verfolgen extremistischer Gewalt zu intensivieren. Das Thema Sicherheit betrifft die ganze Stadt. Dabei geht es auch um die Dealerszene, die sich in einigen Bereichen verfestigt hat. Ich möchte, dass der gemeindliche Vollzugsdienst enger mit der Landespolizei zusammenarbeitet. So wird Bürokratie abgebaut und Ermittlungen werden effizienter.

Sie werben für ein grünes, buntes und modernes Leipzig. Klingt nicht typisch nach CDU. Warum kandidieren Sie nicht für die Grünen?
Ich habe einen differenzierten Blick auf die gesamte Gesellschaft und verschaffe mir einen Standpunkt nicht, indem ich nur die Realität einer bestimmten Gruppe betrachte. Die Lebenssituationen von Menschen sind unterschiedlich. Als Rentner, Pendler, Studenten oder Eltern mit Kindern? Als Gesunde oder Kranke? Es ist falsch, wenn man sagt: Wir müssen die Autos aus der Stadt verbannen. Oder: Wir müssen die Fahrräder zurück drängen. Wir brauchen einen Mix der Mobilitätsarten.

Was soll das konkret bedeuten?
Ich würde die Mobilitätsarten stärker entkoppeln, damit sie einander nicht behindern. Zum Beispiel sternförmige Fahrradwege als reine Fahrradwege anlegen. Zugleich brauchen wir aber auch Straßen, auf denen weiterhin Autoverkehr möglich ist. Das Ziel darf sein, Autoverkehr in der Stadt zu reduzieren, aber nicht über Verbote, sondern über zusätzliche Angebote für S-Bahn, Straßenbahn, Bus oder Fahrrad.

Alternative Stadtteile wie Connewitz prägen das attraktive Image von Leipzig. Das bringt aber auch das Gentrifizierungsproblem in die Stadt: steigende Mieten, Verdrängung und Verteuerung. Haben Sie eine Lösung, damit Leipzig bunt bleibt und nicht nur einen farbenfrohen Anstrich bekommt?
Nicht nur Connewitz trägt dieses Image nach außen. Auch Plagwitz oder Schleußig ziehen Kreative an. Wenn man sich Entwicklungszyklen von Stadtteilen anschaut, stellt man fest, dass es immer Dynamik gibt. Man wird nie durch Druck von außen dafür sorgen können, bestimmte Entwicklungen zu verhindern. Es ist fast außergewöhnlich, dass Connewitz über 30 Jahre hinweg im Prinzip seinen Status behalten hat. Junge, Kreative vielleicht auch Wilde ziehen in solche Stadtteile, finden dort Heimat, gründen Familie und entwickeln andere Bedürfnisse. Das verändert die soziale Zusammensetzung. Morgen bekommen Stadtteile, die heute vielleicht noch unattraktiv erscheinen, wiederum einen neuen Reiz und werden zu kreativen Hochburgen. Man kann eine Stadt oder einen Stadtteil nicht auf ewig konservieren.

Sie schreiben den Linksautonomen von Connewitz Konservatismus zu?
Das ist für mich eher eine Form von Egoismus. Aber tatsächlich, eigentlich ist das stockkonservativ, weil Zustände konserviert werden sollen, die sich in einem natürlichen Entwicklungsprozess von Städten zwangsläufig verändern. Es ist ein Festhalten am Status Quo. Das ist schon etwas spießig.

Wie attraktiv finden Sie Ihre Geburtsstadt wirklich? Der seit 14 Jahren amtierende SPD-Bürgermeister Burkhard Jung wäre eigentlich lieber Sparkassen-Präsident geworden. Und auch Sie haben einen gemütlichen Plan B im Dresdner Wissenschaftsministerium. Welcher Job gefällt Ihnen wirklich besser?
Ganz klar das des Bürgermeisters, sonst würde ich mich dafür auch nicht bewerben. Natürlich würde ich auch gerne als Wissenschaftsminister weiterarbeiten, schlicht, weil es ein spannendes Amt ist und man viel gestalten kann. Aber ich bin hier geboren, ich liebe diese Stadt ich will, dass sie sich weiterhin positiv entwickelt. Ich möchte, dass diese Stadt wieder die Bedeutung zurück erlangt die sie einst hatte. Leipzig hat einst im Krieg unglaublich gelitten und in den darauf folgenden vier Jahrzehnten DDR einen Abschwung erlebt, der sie ganz weit zurückgeworfen hat.

Wo sehen Sie Leipzig denn in zehn Jahren?
Leipzig war eine der größten Städte des Landes mit einer großen Dichte an Verlagen. Es war die Buchstadt, eine Handels- und Messestadt mit vielen Alleinstellungsmerkmalen, die Wohlstand gebracht haben. Ich möchte dazu beitragen, dass die Stadt weiterhin ihre Wunden heilt, die ich selber noch als Kind erlebt habe. Ich freue mich seither über jedes Haus, das saniert worden ist und über jedes Stadtviertel, das in neuem Glanz erstrahlt. Diese Stadt ist heute wahrscheinlich schöner als je zuvor. Ich möchte, dass diese Entwicklung weitergeht und nicht abgewürgt wird durch Instrumente wie Mietendeckel oder durch Einfrieren von Entwicklung. Das würde wieder zu Verfall führen und löst kein Wohnraumproblem.

Ihr Ur-Großonkel Hans Oster plante in der Widerstandsgruppe um Stauffenberg das Attentat auf Hitler mit. Er kam ins KZ und wurde von der SS ermordet. Wie stark fühlen Sie sich mit dieser Familiengeschichte dem Antifaschismus verpflichtet?
Zum Glück stehen wir in diesem Land nicht vor solchen Entscheidungen, wie sie damals sehr mutige Menschen getroffen haben. Hans Oster hat unsere Familie in allen Generationen geprägt, gerade in Bezug auf ein Selbstverständnis: sich für den Erhalt eines freiheitlichen Landes auch persönlich einzusetzen und im Zweifel auch Risiken dafür einzugehen. Ich spüre da einen Auftrag an mich selbst, dafür zu sorgen, dass es zu solchen Entwicklungen nie wieder kommt und dafür zu sorgen, dass eine Gesellschaft frei bleibt. Es ging damals gegen den Nationalsozialismus. Ganz grundlegend aber ging es darum, darauf zu achten, wo Unmenschlichkeit und Inhumanität beginnen. Darauf zu achten, die Vorzeichen zu erkennen. Da wach zu bleiben, ist die Herausforderung. Der Zweck legitimiert niemals die Mittel. Das zu verstehen und danach zu handeln ist die Botschaft, die für mich von ihm ausgeht.

Die so genannte Antifa trägt den Namen Antifaschismus im Namen. Was macht die in Ihren Augen dann falsch, wenn Sie doch eigentlich das gleiche Ziel haben?
Es ist die Wahl der Mittel. Gewalt gegen Sachen, Gewalt gegen Menschen, insbesondere das Missachten der Rechtsordnung eines Staates, dessen Rechtsordnung und Institutionen demokratisch legitimiert sind, kann nicht richtig sein. Wenn das Ziel auch richtig sein mag, die Art und Weise, wie es in Teilen verfolgt wird, ist zutiefst illegitim.

Sie selbst wurden 2015 Opfer eines mutmaßlich rechtsextrem motivierten Angriffs auf ihre Privatwohnung. Unbekannte warfen Pflastersteine durch ihre Fensterscheiben. Was geschah damals?
Damals nachts um 1:30 Uhr flogen Pflastersteine durch alle unsere Fensterscheiben. Es war ein Riesenglück, dass unser schlafendes Baby nicht getroffen wurde. Durch die entstandenen Fensteröffnungen wurden dann noch mit Buttersäure gefüllte Weihnachtsbaumkugeln hinterher geworfen. Mit der Folge, dass wir als Familie innerhalb von wenigen Sekunden aus der Wohnung ausgezogen und auch nie wieder dorthin zurückgekehrt sind.

Wie gehen Sie damit heute um?
Die ersten Tage waren wir verunsichert. Davon ist zum Glück nichts zurückgeblieben. Das Urteil, wie es jetzt ergangen ist, bei dem die mutmaßlichen Täter freigesprochen wurden, habe ich zu akzeptieren. Was bleibt, ist eine Enttäuschung darüber, dass es Menschen gibt, die in Kauf nehmen, andere Menschen zu verletzen. Das ist diese Inhumanität, von der ich gesprochen habe. Sie kann in jedem Menschen stecken und hervorbrechen. Es ist die Aufgabe von uns als Gesellschaft, solche Persönlichkeiten in ihre Schranken zu weisen.

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