Cicero im Oktober - Ende einer Ära

Angela Merkel war schon oft auf dem Cover von Cicero. In unserer aktuellen Oktober-Ausgabe ist es wahrscheinlich das letzte Mal. Vier bekannte Persönlichkeiten aus dem Ausland bilanzieren ihre Kanzlerschaft – und sagen, in welcher Lage sich Deutschland nach 16 Merkel-Jahren befindet.

Cicero im Oktober / Illustration Marco Wagner
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Angela Merkel war schon oft auf dem Cover von Cicero abgebildet, zuletzt im März 2020. Schon vor anderthalb Jahren ging es um das Ende ihrer Kanzlerschaft – diesmal allerdings steht das Finale der Ära Merkel unmittelbar bevor. Grund genug zurückzuschauen: 16 Jahre war die Kanzlerin im Amt, und die Bundesrepublik hat sich in dieser Zeit stark verändert. Die ehemals großen Volksparteien SPD und CDU sind auf Mittelformat geschrumpft und werden kaum je zu einstiger Größe zurückfinden. Durch das Aufkommen der AfD sind die Unionsparteien zudem nicht mehr stark genug, um gemeinsam mit der FDP sogenannte bürgerliche Mehrheiten zu gewinnen – ohne die Mitwirkung linker Parteien ist im Bund praktisch keine Regierungsbildung mehr möglich. Die Christdemokraten haben sich verschlissen, und welchen Anteil ihre langjährige Parteivorsitzende daran hatte, werden Historiker ergründen. Doch das sind alles weitgehend innerdeutsche Probleme.

Welche Richtung aber hat Deutschland in den vergangenen anderthalb Dekaden genommen, wenn man von außen auf uns schaut? Oft erscheinen die Dinge mit einigem Abstand ja klarer als aus unmittelbarer Nähe. Wir haben deshalb vier bekannte Persönlichkeiten aus dem Ausland darum gebeten, Bilanz zu ziehen und ihre persönlichen Eindrücke der Kanzlerschaft Merkels zu schildern: den britischen Historiker Anthony Glees, den amerikanischen Geopolitik-Analysten George Friedman, den russischen Kreml-Kenner Dmitri Trenin sowie den bulgarischen Autor und international renommierten Politologen Ivan Krastev. Jeder von ihnen setzt ganz eigene Schwerpunkte, die Perspektiven könnten unterschiedlicher kaum sein. Und doch bekommt man bei allen vier den Eindruck, dass da etwas falsch gelaufen ist in den langen Merkel-Jahren. 

Weitsicht benötigt

Die Kanzlerin hinterlässt ein Land, das seine Rolle in der Welt nicht gefunden hat, das sich hartnäckig weigert, den neuen Realitäten ins Auge zu sehen. Es ist eine Republik, die stets das Gute will – und oft das Gegenteil davon erreicht. Eine Nation, die keine sein möchte und die sich daran gewöhnt hat, „auf Sicht“ durch die immer stürmischer werdende Weltpolitik dirigiert zu werden.

Oft heißt es jetzt, man werde Merkel noch nachtrauern. Mag sein. Aber die Tiefe dieser Trauer hängt maßgeblich davon ab, wer ihr nachfolgt. Eines ist jedenfalls sicher: Wenn Deutschland im internationalen Konzert nicht endgültig bei den zweiten Geigen landen will, braucht es jetzt einen starken, weitsichtigen Kanzler mit historischem Bewusstsein. Dass die hierfür zur Verfügung stehenden Kandidaten genau diese Eigenschaften nicht verkörpern, ist das eigentliche Drama dieser Bundestagswahl. Aber angeblich wächst man ja mit seinen Aufgaben. Hoffen wir das Beste.

Die nächste Cicero-Ausgabe erscheint am 28. Oktober.

 

Dieser Text stammt aus der Oktober-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

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