Cicero im Februar - Deutschland, doppelt blockiert

Deutschland steht vor einem zweifachen Dilemma, weil es doppelt föderal strukturiert ist: national und auf EU-Ebene. Doch nicht erst die Coronakrise zeigt die Ineffizienzen dieses Systems. In unserer Februar-Ausgabe werfen wir ein Licht auf die Schwachstellen der Republik.

Cicero im Februar
Anzeige

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

So erreichen Sie Christoph Schwennicke:

Anzeige

James Madison, Gründungsvater der Vereinigten Staaten von Amerika und deren vierter Präsident, konnte beim Blick nach Europa nichts Nachahmenswertes finden beim Aufbau der Neuen Welt: Ein „kraftloser Körper“ sei das, schrieb er 1787/1788 in einem der „Federalist Papers“, einer Art amerikanischer Gründungsakte, „unfähig, seine eigenen Mitglieder zu organisieren; unsicher gegenüber äußeren Gefahren; und aufgewühlt von unaufhörlicher Gärung in seinen Gedärmen“. Die Geschichte des Kontinents, schloss Madison (zusammen mit seinem Co-Autor Alexander Hamilton), war „einfach eine Ansammlung an allgemeinem Schwachsinn, Verwirrung und Elend“.

Madison urteilte damals über den Vorläufer der Europäischen Union, das Heilige Römische Reich (deutscher Nation), aber es kommt nicht von ungefähr, dass viele Standardwerke über das organisierte Europa bis heute auf dieses Zitat zurückgreifen. Auch heute leidet die Europäische Union unter Blähungen, der Unfähigkeit zur eigenen, gemeinsamen Verteidigung und der Unfähigkeit, schnell und effizient zu handeln. Nichts hat das unerbittlicher vor Augen geführt als die Corona-Seuche und das Impfstoffdebakel. 

Deutschland steht vor einem zweifachen Dilemma, doppelt blockiert, weil doppelt föderal strukturiert: einmal im europäischen Verbund und dann noch mal im nationalen Rahmen. Auch hier legt Corona die Misere offen: Der real existierende Föderalismus ist national wie europäisch zu langsam für diese Welt und für ein Virus, das auf Subsidiarität und Einstimmigkeitsprinzip keine Rücksicht nimmt. 

Reform des Föderalismus vonnöten

Unser Titelautor Mathias Brodkorb hat den deutschen Föderalismus von innen kennengelernt, er war acht Jahre lang Landesminister (erst für Bildung, dann für Finanzen) der SPD in Mecklenburg-Vorpommern. Seiner Einschätzung nach kommt im partiell dysfunktionalen Gefüge dieses Landes in der Bevölkerung gerade die wichtigste Ressource abhanden: das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Staates. 

Wir stehen am Beginn eines wichtigen Wahljahrs mit mehreren Landtagswahlen und einer Bundestagswahl Ende September. Eine neue Regierung, die sich im Anschluss finden wird, wäre gut beraten, eine Inventur des bundesdeutschen Föderalismus beherzt anzugehen. Der letzte Versuch in diese Richtung liegt mehr als zehn Jahre zurück und hat nichts Grundsätzliches bewirkt. Die Corona-Krise hat viele Schwachstellen unserer Republik offengelegt, jetzt liegt es an uns allen, das Beste daraus zu machen.

Dieser Text stammt aus der Februar-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

Jetzt Ausgabe kaufen

 

 

Anzeige