Autonomen-Anwalt Andreas Beuth - „Ich trage politische Mitverantwortung“

Der Rechtsanwalt Andreas Beuth war einer der Chefplaner hinter den völlig eskalierten Protesten zum G20-Gipfel. Mit seinen Aussagen nach den schweren Krawallen am vergangenen Wochenende sorgte er bundesweit für Empörung. Im Interview sagt er, er sei falsch verstanden worden

Protestler im Hamburger Schanzenviertel: „Vielleicht haben wir das Gewaltpotenzial unseres Aufrufs unterschätzt“ / picture alliance
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Christoph Heinemann ist Redakteur im Lokalteil des Hamburger Abendblatt.

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Herr Beuth, sie haben nach den Krawallen am Freitag gesagt, sie hätten „gewisse Sympathien“ für „solche Aktionen“ nur bitte nicht im Schanzenviertel. Wie meinen Sie das?
Ich habe mich missverständlich ausgedrückt und bin falsch verstanden worden. Ich möchte ganz klar feststellen: Solche Aktionen sind sinnentleerte Gewalt und haben eine Linie überschritten. Ich distanziere mich auf das Schärfste von dem, was dort am Freitagabend passiert ist. Auch wir sind fassungslos über die Geschehnisse.

Sie haben noch gefragt, warum die Krawalle nicht in gutbürgerlichen Vierteln hätten stattfinden können. Wie kann das missverständlich sein?
Ich meinte damit, dass ich Sympathien für friedliche Aktionen in solchen Vierteln hege. Auch geringere Sachbeschädigungen können ein Ausdruck zivilen Ungehorsams sein. Aber die Randale hat jeden legitimen Rahmen überschritten. Die große Verwunderung in der Öffentlichkeit darüber kann ich jedoch nicht nachvollziehen.

Als Mitorganisator der Demonstration „Welcome to Hell“ haben sie die Menschen erst nach Hamburg eingeladen, die nun die schwere Randale verübt haben.
Wir wollten eine kraftvolle, friedliche Demonstration, die bis zum Ende der Route führt. Im Bezug auf Donnerstag muss man klar feststellen, dass die Polizei mit ihrem überharten Eingreifen die Situation wesentlich provoziert hat, die danach folgte. Dafür kann die Politik, wie sie es jetzt versucht, uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben. Polizei und Senat tragen beide eine wesentliche Verantwortung, der sie nicht entfliehen können.

Andreas Beuth / picture alliance

Und Sie, als Gastgeber des „Schwarzen Blocks“, tragen keine Schuld?
Wir repräsentieren die gemäßigten Autonomen in Europa und haben diese Menschen nicht eingeladen. Die Gruppen, die wir kontaktiert haben, sind keineswegs mit dem Vorsatz gekommen, hier zu Brandschatzen und schwere Gewalt zu verüben. Das lehnen wir generell ab.

Selbst wenn das stimmt: Sie hätten doch wissen müssen, dass ihrem Aufruf auch Gewalttäter folgen würden. Sie sprachen selbst noch Vorfeld von einem der größten Schwarzen Blöcke, die es je gegeben hat.
Ja, das ist richtig. Vielleicht haben wir das Gewaltpotenzial und die Reichweite unseres Aufrufs unterschätzt. Wir haben insbesondere am Freitag eine neue, abscheuliche Dimension der Gewalt dieser Menschen gesehen. Dafür trage ich eine politische Mitverantwortung. Alle Beteiligten müssen sich verantwortlich fühlen.

Aus der Verantwortung müssen Konsequenzen folgen. Was bedeutet das für Sie?
Soll ich als Sprecher der Autonomen zurücktreten? Das geht ja nicht. Wenn es eine ähnliche Lage wie das Großereignis des G20-Gipfels gibt, stehen wir in der Pflicht, alles zu unternehmen, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen. Insgesamt müssen wir die Geschehnisse am Wochenende sehr intensiv aufbereiten und Schlüsse ziehen.

Das hilft den Opfern der Krawalle – insbesondere im Schanzenviertel – nicht weiter.
Ich habe bereits das Gespräch mit einigen Geschäftetreibenden gesucht. Wir sind sicher nicht reich, aber werden auch finanzielle Hilfe für die stark betroffenen Geschäfte leisten. Denkbar ist etwa ein Solidaritätskonzert.

Wie geht es unmittelbar in der Roten Flora weiter? 
Es darf nicht sein, dass die Rote Flora zum alleinigen Sündenbock erklärt wird. Die Realität ist deutlich komplizierter, als jetzt in Politik und Medien getan wird. Ich werde mich zunächst ganz intensiv mit Herrn Blechschmidt austauschen. Am kommenden Woche wird es gruppenübergreifend ein Treffen geben, um die Geschehnisse aufzugreifen. Wir werden aber vorher schon deutliche Signale setzen müssen. Mir ist bewusst, dass es diesmal mit einer Pressemitteilung nicht getan ist.

Das Interview erschien zuerst im „Hamburger Abendblatt“

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