AfD-Parteispenden-Affäre - „Die Schäden sind gewaltig“

Mit einer Resolution fordern bislang 14 Bundestagsabgeordnete der AfD, dass Mandats- und Funktionsträger wie Jörg Meuthen und Guido Reil finanziell selbst für Verfehlungen gerade stehen. Weshalb, erklärt der Abgeordnete Martin Sichert

Im bayerischen Landtagswahlkampf noch bester Laune: Martin Sicher und Jörg Meuthen / picture alliance
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Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Herr Sichert, wie haben Sie von der 400.000-Euro-Strafe für die AfD wegen illegaler Parteispenden an Ihren Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und das Bundesvorstandsmitglied Guido Reil erfahren?
Ich habe davon heute aus den Medien erfahren.

Vor wenigen Tagen haben Sie als bayerischer Bundestagsabgeordneter eine Resolution gestartet, in der Sie unter anderem fordern, dass „Mandatsträger und Kandidaten, die von Spenden oder externer Unterstützung persönlich profitieren, für finanzielle Schäden, die der Partei dadurch entstehen, persönlich aufkommen“. Haben Sie also mit der Strafzahlung für die AfD gerechnet?
Wir wollten damit einige Dinge festhalten, die wir als selbstverständlich erachten im Umgang mit der Partei und miteinander. Da stehen noch etliche andere Forderungen drin. Dinge, die selbstverständlich sein sollten, bei denen es aber nicht immer jeder geschafft hat, sich daran zu halten. Mit unserer Resolution wollten wir alle, insbesondere unsere Funktionsträger in Bayern, nochmal daran erinnern. Sich dazu zu bekennen, setzt ein klares Signal, wie wir uns persönlich und insgesamt als Partei verhalten wollen.

War also der kürzliche Streit innerhalb der Bayern-AfD der eigentliche Grund für diese Art Erinnungsschreiben?
Nein, das hatte nicht nur mit Bayern zu tun. Wir haben einfach festgestellt: Wir als AfD müssen die Partei der einfachen Bürger bleiben und dürfen uns nicht irgendwelchen Verlockungen von Macht hingeben. In Bayern sind wir deutlich Basis geprägter als andere Landesverbände. Auch weil wir erst 2018 in den Landtag eingezogen sind. Wir sind eine Bürgerbewegung und wollen das auch bleiben. Und wir erwarten auch, dass unsere Repräsentanten sich so verhalten.

Was geht Ihnen denn noch gegen den Strich?
Wir haben in Bayern diesen Herbst die Kandidaten-Aufstellungen zur Kommunalwahl. Wir haben in die Resolution zum Beispiel reingeschrieben, dass wir es als selbstverständlich erachten, dass jeder, der auf unserer Unvereinbarkeitsliste steht und nicht Mitglied werden kann, auch auf keiner kommunalen Liste auftaucht. Leute, die in der Vergangenheit in irgendwelchen extremen Gruppierungen gewesen sind, wollen wir nicht. In Ulm beispielsweise wurde eine Person, die einst bei der NPD war, auf den Stadtratslistenplatz 1 gesetzt. Für uns undenkbar. Wir sagen ganz klar: Wir sind eine bürgerlich-konservative Partei und wollen das auch dem Wähler vermitteln.

Die anderen Parteien bezeichnen Sie in Ihrer Resolution als „Altparteien“. Diese stünden für „Lobbyismus“, „Korruption“, „Vetternwirtschft“ und „abgehobene Eliten“. Machen Herr Meuthen und Herr Reil die AfD damit nicht komplett unglaubwürdig und ihre Resolution zum Feigenblatt?
Nein, die große Resonanz und Akzeptanz, die wir für unsere Resolution bekommen, zeigt, dass die Partei für diese grundsätzlichen Werte steht. Innerhalb der Europäischen Union fordern wir jedes Land dazu auf, für die Fehler, die es selbst begangen hat, auch selbst einzustehen. Da ist es eine logische Konsequenz zu sagen, dass wir erwarten, dass Politiker für ihr Verhalten die Verantwortung übernehmen.

Die Strafe wird aber für die Partei ausgesprochen. Wie wollen Sie denn erreichen, dass Herr Meuthen oder Herr Reil für die Zahlung von mehr als 400.000 Euro aufkommen werden?
Das ist für mich eine Einstellungssache. Unsere Resolution ist ein ganz klarer moralischer Appell. Wir erwarten von unseren Funktionsträgern, dass sie sich vorbildlich verhalten. Und da gilt grundsätzlich, je höher man steht, desto höher ist auch die Verantwortung und die Erwartung, dass unsere gemeinsamen Werte aktiv gelebt werden.

Was meinen Sie damit konkret?
Ich hatte beispielsweise jemanden, der sich mit mir in einem Café treffen wollte. Als er mir einen Umschlag mit Geldscheinen für meinen Wahlkampf übergeben wollte, habe ich ganz klar gesagt: Lassen Sie das mal schön stecken. Wenn Sie was machen wollen, haben wir ein Parteikonto, auf das können Sie ordentlich und sauber spenden.

Haben Herr Meuthen, Herr Reil oder auch Frau Weidel auf Ihren Appell bereits reagiert?
Nein, noch nicht. Übrigens ist bei den von Ihnen angesprochenen Fällen noch nichts entschieden. Es werden Rechtsmittel eingelegt und soweit ich informiert bin, stehen die Chancen gut, dass es am Ende keine Strafe gibt. Es geht uns in der Resolution nicht um einzelne Fälle, sondern wir wollen dafür sensibilisieren, dass sich jeder schon im Vorfeld überlegt, was er tut. Die Schäden die wir als Partei davon tragen können, sind einfach gewaltig. Es hat auch negative Auswirkungen auf die ordentlichen Spender und die Mitglieder, die ihre Beiträge zahlen. Die wollen mit ihrem Geld etwas im Land bewegen und erwarten zu Recht, dass das Geld in vollem Umfang in die politische Arbeit investiert wird.

Mit Ihnen haben unter anderem 14 Bundestagsabgeordnete und 10 Landtagsabgeordnete aus Bayern die Resolution erstunterzeichnet. Werden Herr Meuthen und Herr Reil nachfolgen?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Herr Meuthen und Herr Reil das Papier mitzeichnen würden. Damit würden sie sagen: Das sind unsere Grundwerte, zu denen bekennen wir uns. Das ist für uns selbstverständlich. Aus den anderen Bundesländern kamen jedenfalls bislang deutlich mehr positive als negative Rückmeldungen.

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