AfD in Sachsen - „Informell ein wenig mitregieren“

Legt man aktuelle Umfragen für Sachsen zugrunde, genügen der AfD die ihr nun gerichtlich zugestanden 30 Listenkandidaten. Aber was heißt das für Bündnisse nach der Wahl? Es gibt ein Szenario, nachdem die AfD informell zumindest ein wenig mitregieren könnte

AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban dem Anwalt Michael Elicker beim Verfassungsgerichtshof in Leipzig / picture alliance
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Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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In einem Interview des Spiegel erläutert der stellvertretende Leiter des Berliner Instituts für Parlamentarismusforschung, Benjamin Höhne, wie die Machtverhältnisse in Sachsen aussehen könnten. Nachdem der Verfassungsgerichtshof in Leipzig entschieden hat, dass die AfD bei der sächsischen Landtagswahl am 1. September mit immerhin 30 statt der ursprünglich nominierten 61 Listenkandidaten antreten darf. Wegen formaler Mängel bei der Kandidaten-Aufstellung hatte zuvor der Landeswahlausschuss nur 18 Kandidaten der AfD zugelassen.

Im Interview sagt der Parlamentarismusforscher: „Vertraut man auf die jüngsten Umfragen, dürften die 30 Listenplätze ausreichen.“ Demnach werde es wohl nicht zu einer Diskrepanz zwischen dem Votum der Wähler und den Sitzen im Parlament kommen. Nur, wenn die AfD deutlich besser als in den aktuellen Umfragen abschneiden würde, könnte sie weniger Sitze im Landtag bekommen, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen würden.

Besonders spannend liest sich, was Benjamin Höhne zu einer durchaus wahrscheinlichen und möglichen CDU-Minderheitsregierung in Sachsen sagt: „In einer Minderheitsregierung würde die CDU – möglicherweise auch gemeinsam mit der FDP – trotz fehlender Mehrheit im Landtag regieren.“ Dann müsste man wechselnde Mehrheiten mit einer oder mit mehreren Parteien organisieren oder konkrete Vereinbarungen treffen. Das Kniffelige dabei aber ist: Bei der Wahl des Ministerpräsidenten würde im zweiten Wahlgang laut sächsischer Verfassung die einfache Mehrheit aller abgegebenen Stimmen reichen. Aber dann müssten andere Parteien sich enthalten und nicht gegen den Kandidaten der  Minderheitsregierung stimmen.

Und hier könnte die AfD ins Spiel kommen. Denn wenn es rechnerisch für eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen reichen würde, sie sich aber nicht einigen können, stellt sich laut Höhne die Frage: „Warum sollten sie der CDU die Stimmen geben, ohne formell in einer Koalition mitregieren zu dürfen?“ Dann blieben für die CDU-Minderheitsregierung nur die Linke und vor allem die AfD. „Für sie bestünde dann die Möglichkeit, informell ein wenig mitzuregieren, also Bedingungen zu stellen.“ Dies wäre seit Bestehen der AfD ein Novum auf Landesebene.

Das allerdings dürfte eine besonders komplizierte Lage ergeben, denn laut einem Bundesbeschluss der CDU ist jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Zum ganzen Spiegel-Interview

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