Zwei Türken werden als Helden von Wien gefeiert - „Wir türkischen Muslime verabscheuen jede Art von Terror“

Weil sie einen Polizisten und eine Frau aus dem Kugelhagel gerettet haben, werden zwei türkisch-stämmige Kampfsportler in Wien als Helden gefeiert. Ihre Geschichte räumt mit allen Vorurteilen gegenüber Moslems auf – und wird gerade darum von einem türkischen TV-Sender verbreitet.

Screenshot aus dem Instagram-Account con Mikail Özen
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Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Er hörte Schüsse, als er am Montagabend im 1. Wiener Bezirk aus dem Auto stieg. Er sagt: „Ich dachte, es wäre ein Film oder so.“ Mikail Özen erkannte schnell, dass das, was er dort erlebte, blutiger Ernst war. Er und sein Freund Recep Gültekin, beide langjährige Kampfsportler, haben einer Frau und einem Polizisten aus dem Kugelhagel geholfen. 

Recep Gültekin wurde dabei selbst am Bein angeschossen. Blutverschmiert meldete er sich kurz nach seinem Einsatz mit einem kurzen Video auf Instagram, um seinen Freunden zu erzählen, was passiert war. „Leute, mir geht es gut. Ihr braucht euch keine Sorgen machen. Wir sind gerade sicher. Es ist alles okay.“ 

Kritiker setzten Islam mit Islamismus gleich

Es ist wohl kein Zufall, dass dieses Video jetzt von dem türkischen Rundfunk- und Fernsehsender TRT auf Twitter verbreitet wird. Denn der Attentäter, soviel gilt jetzt schon als sicher, hat im Auftrag der Terrormiliz Islamischer Staat gehandelt. Kaum hatten sich die Bilder der Schießereien im Internet verbreitet, da wurde Kritik an der Integrationspolitik der österreichischen Bundesregierung laut. Der Islam fördere Terror, hieß es auch in Deutschland. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel forderte: „Alle Ausreisepflichtigen haben unser Land umgehend zu verlassen. Insbesondere Gefährder müssen sofort ausgewiesen und bis dahin festgesetzt werden.“ 

 

Dabei, auch das weiß man inzwischen, handelt es sich bei dem Täter um einen bereits wegen Terrorismusverdacht  vorbestraften 20-Jährigen mit mazedonischen Wurzeln, dessen Eltern bis dahin unauffällig als Moslems in Österreich gelebt haben sollen. Indem Kritiker jetzt aber Islam mit Islamismus gleichsetzen, stellen sie alle in Europa lebenden Muslime unter Generalverdacht. Diesen Eindruck will TRT Deutsch mit dem Video von Mikail Özen und Recep Gültekin revidieren.  

Die Helden von Wien 

Auch die beiden türkisch-stämmigen Österreicher wurden anfangs als Täter gehandelt. Es wurde das Gerücht, verbreitet, sie hätten selbst geschossen. Völlig unwahr, wie sich herausstellte. Jetzt werden die beiden wie Helden gefeiert.

Der öffentlich-rechtliche Sender TRT nutzt das Video, um das ramponierte Image der Türkei zu retten. Was der angeschossene Kampfsportler Recep Gültekin davon hält, ist nicht bekannt. Auf Instagram hat er ein Foto seiner blutverschmierten Hose gepostet. Sein Video endet mit den Worten: „Wir türkischen Muslime verabscheuen jede Art von Terror. Wir stehen zu Österreich. Wir stehen für Wien. Wir sind zu jeder Zeit zur Hilfe bereit.“ 

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