Verfassungsänderung in Russland - Denk' ich an Russland

Mit der jüngsten Verfassungsänderung hat sich Wladimir Putins Riesenreich endgültig vom Westen losgesagt – und wir sollten uns schleunigst darauf einstellen. Der Abgesang eines ehemaligen Russlandverstehers auf eine Nation, die ihm noch immer am Herzen liegt.

Russland ist auf dem Weg zu einem anderen Europa / ddp
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Autoreninfo

Andreas Steininger ist ausgebildeter Jurist und Ingenieur. Nach mehrjähriger Tätigkeit in Aserbaidschan und Russland wurde er als Professor für Wirtschaftsrecht an die Hochschule in Wismar berufen. Zusammen mit dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement gründete er 2009 das Ostinstitut Wismar (www.ostinstitut.de), das Wirtschaftsjuristen für deutsche Unternehmen in Russland ausbildet.

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Ich bin genervt. Es ist mal wieder spät geworden, und ich soll einen Aufsatz zu Russland schreiben. Einen Aufsatz, der auch das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen, zwischen Russland und Deutschland beleuchtet. Nicht, dass mir dazu nichts einfiele – sämtliche Stereotypen über das Russland der vergangenen Jahre kenne ich in- und auswendig. Und obwohl Anfang dieses Jahres in Russland eine tief greifende Verfassungsreform durchgeprügelt wurde, die den Staat zu einem Mittelding zwischen Zarenreich und Sowjetunion machen könnte; obwohl ich mit dem Ostinstitut/Wismar eine Institution leite, die sich jeden Tag mit der Entwicklung Russlands auseinandersetzt; obwohl ich als Berater einer Kanzlei und als Richter am Moskauer Schiedsgericht ständig mit deutschen Unternehmen arbeite, die in Russland investieren: Das Thema ist extrem undankbar. Woran liegt das?

Seit Beginn der Ukrainekrise im Jahr 2014 haben sich in Deutschland zwei Lager verfestigt: Das eine Lager, die sogenannten Russlandversteher, besteht vor allem aus wirtschaftsnahen Verbänden oder Industrie- und Handelskammern. Im anderen Lager, dem der Russlandkritiker, sammeln sich meist linksliberale Organisationen. Auch viele Medien sind weitgehend russlandkritisch eingestellt. Oft ist es gar nicht mehr nötig, sich inhaltlich mit Experten oder Journalisten auseinanderzusetzen; man braucht nur den Namen des Kommentators in der Zeitung zu lesen, um zu wissen, was gleich folgt. Nichts Neues, kein Perspektivenwechsel, Verharrung. Seit Jahren!

Deutsche Politik ist unfähig zur einheitlichen Strategie

Die Argumente der jeweiligen Seiten sind und bleiben unverändert. Die Russlandkritiker verweisen auf den Völkerrechtsbruch durch die Annexion der Krim, auf den Krieg in der Ostukraine und auf die fehlenden demokratischen Strukturen innerhalb Russlands. Die Russlandversteher führen ins Feld, dass man lieber miteinander als übereinander sprechen sollte; dass es faktisch eine Nato-Osterweiterung gegeben habe, und dass Russland das westliche Militärbündnis nicht in seinem Vorgarten stehen sehen wolle. Oder dass die Sanktionspolitik vor allem deutschen Unternehmen schade, der gewünschte Erfolg, ein russischer Politikwechsel, jedoch ausbleibe.

Alle diese Argumente sind genauso richtig wie einfallslos, sie sind bei Hunderten von Podiumsdiskussionen und Konferenzen vorgetragen und diskutiert worden, ohne dass sich auch nur die geringste Annäherung zwischen den Lagern ergeben hätte. Psychologisch interessant ist eigentlich nur, wie wenig die Vertreter beider Lager bereit sind, sich auf die Argumentation der Gegenseite einzulassen. Daher mein Frust. Zumal die deutsche Politik offensichtlich nicht in der Lage ist, eine Strategie für den künftigen Umgang mit Russland zu entwickeln.

Die Brüche gehen tiefer

Ich habe selbst lange in Russland gelebt und kann von mir sagen, dass ich dieses Land durchaus schätze, sogar verehre. Je mehr man sich in die Menschen dort hineinversetzen kann, desto größer ist auch das Verständnis für deren Ansichten und Lebensgewohnheiten. Als erfahrener Russlandversteher kann ich tatsächlich nachempfinden, dass viele Russen sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gedemütigt fühlten und dass dieses Gefühl der Demütigung wie eine Wunde ist, die bis heute nicht heilen konnte. Es ist letztlich auch völlig egal, ob im Rahmen der Budapester Verträge gegenüber Russland das Versprechen abgegeben wurde, dass sich die Nato nicht nach Osten ausdehnen würde. Jedenfalls ist die Nato an die russischen Staatsgrenzen herangerückt, und die meisten Russen fühlen sich hintergangen.

Mit Blick auf die Ukraine, die zunächst durch ein Assoziierungsabkommen an die Europäische Union gebunden werden sollte, um dann möglicherweise EU-Mitglied zu werden, lag der Gedanke nicht fern, dass früher oder später auch eine Nato-Mitgliedschaft folgen würde. An diesem Punkt war das Maß voll, es ging gefühlt immerhin um slawisch-russisches Kernland, um die alte Achse Kiew-Moskau. Nicht zuletzt hat der sogenannte Westen in den vergangenen Jahren vorgemacht, wie man seine eigenen Interessen verfolgt – auch die Vereinigten Staaten, bisweilen unter Missachtung des Völkerrechts. Und ich persönlich finde es durchaus auch problematisch, wenn sich Deutschland vor dem Hintergrund seiner Geschichte mitunter als moralische Instanz aufspielt – bei geschätzt 18 Millionen Russen, die dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen sind.

Allerdings keimen mittlerweile noch ganz andere Zweifel in mir auf – und zwar nicht nur an der Haltung des Westens, sondern auch an der von Russland. Es war ein schleichender Prozess: Zunächst konnte man in den vergangenen Jahren in den russischen Medien und dann auch im eigenen Umfeld beobachten, dass insbesondere Deutschland als ein von Amerika abhängiger und verweichlichter Staat gesehen wurde; dass westliche Demokratie immer mehr als Ausdruck von Dekadenz und Schwäche galt. Vor allem seit der Flüchtlingskrise 2015 hat sich in Russland das Bild verfestigt, in Deutschland regiere das Chaos. Womöglich ließe sich das alles noch als eine Art Reaktion aus enttäuschter Liebe interpretieren. Aber die Brüche gehen tiefer.

Selbst für eingefleischte Russlandversteher irritierend

Denn auch in der russischen Wirtschaft hat sich vieles verändert, nahm das Dickicht der Verwaltung immer mehr zu. Eigentlich hätten die 2014 gegen Russland verhängten Sanktionen eine große Chance für die ökonomische Entwicklung sein können. Über sogenannte Sonderinvestitionsverträge wurde zunächst versucht – übrigens eine durchaus intelligente Idee –, ausländische Investoren ins Land zu holen, um die russische Wirtschaft zu stärken. In manchen Bereichen, etwa in der Landwirtschaft, hat das auch geklappt. In anderen Branchen hingegen, zum Beispiel dem Maschinenbau, funktioniert dieses Modell aufgrund einer teilweise überbordenden Bürokratie schon weit weniger gut. Da haben sich besonders in der russischen Provinz administrative Strukturen entwickelt, bei denen keiner entscheidet, dafür aber jeder noch so subalterne Beamte alles verhindern kann. Für eine Firmeneröffnung braucht es gefühlt tausend Unterschriften. Auf diese Weise bremst sich Russland selber aus.

Und dann kam Anfang dieses Jahres eine Verfassungsänderung, die sogar eingefleischte Russlandversteher irritiert haben dürfte. Schon seit einiger Zeit war darüber spekuliert worden, wie sich Wladimir Putin über das Jahr 2024 hinaus (in dem seine letzte Amtszeit als Präsident offiziell ausläuft) an der Macht halten könnte. Das Projekt „Verfassungsänderung und Machterhalt“ begann am 15. Januar 2020 mit der traditionellen Neujahrsbotschaft des Präsidenten, bei der die Einsetzung eines „Staatsrats“ verkündet wurde.

Der bei der Bevölkerung wegen medialer Fehltritte und seines angeblich märchenhaften Reichtums in Ungnade gefallene Ministerpräsident Dmitri Medwedew wurde bei dieser Gelegenheit durch den farblosen und Putin-hörigen Technokraten Michail Mischustin ersetzt, bis dahin Chef des Föderalen Steuerdiensts. Weil Putin keine alten Weggefährten fallen lässt, darf sich Medwedew künftig immerhin über den Posten als stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrats der Russischen Föderation freuen. 

Fast alle politischen Beobachter gingen also davon aus, Putin werde Russland nach dem Ende seiner Präsidentschaft faktisch über einen erstarkten Staatsrat weiter regieren, der bislang nur beratende Funktion hatte. Doch diese Erwartung erwies sich als trügerisch. Denn bei einer Begegnung mit Bürgern am 6. März 2020 in der Stadt Iwanowo nordöstlich von Moskau verkündete Putin, dass er keine Doppelherrschaft zwischen Staatsrat einerseits und Präsidentschaft andererseits wolle. Das war ein klares Abweichen von der ihm bisher unterstellten Strategie.

Sowjetunion pur

Die nächste Szene im russischen Staatstheater erfolgte am 10. März 2020. An diesem Tag sollte in der Duma im Eilverfahren ein Gesetz zur Verfassungsänderung durchgezogen werden. Geboten wurde eine Aufführung, die an einen Parteitag der KPdSU erinnerte: Die altgediente Kosmonautin und Duma-Abgeordnete Walentina Wladimirowna Tereschkowa betrat überraschend die Bühne und verlangte aufgrund der instabilen Weltpolitik, dass Wladimir Wladimirowitsch im Zweifel doch weitermachen möge. Eilends wurde ein Antrag eingebracht, Artikel 81 Absatz 3 der Verfassung der Russischen Föderation so zu ergänzen, dass die Zahl der Amtszeiten zwar auf zwei begrenzt wird – jedoch „ohne Berücksichtigung der Anzahl der Amtszeiten, in denen es diese Position zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes innehatte und (oder) innehat“. Damit dürfen alle nachfolgenden Präsidenten maximal zwei Amtszeiten regieren – mit Ausnahme der bisherigen Präsidenten Putin und Medwedew, deren Regierungszeit quasi „auf null“ gesetzt wird.

Das Spektakel fand seine Vollendung, als Putin „zufällig“ in der Duma vorbeigeschneit kam, sich zunächst ein wenig zierte – um dann schweren Herzens das vom Parlament beschlossene Änderungsgesetz zur Kenntnis zu nehmen. Im Westen blieb der übliche Aufschrei aus, weil die Corona-Krise alle anderen Ereignisse überschattete. 

Jetzt kann Putin also ganz offiziell weitere 16 Jahre regieren, bis ins Jahr 2036. Dieses Gemisch aus Polittheater, Staatsstreich und KPdSU-Parteitag erinnert an Sowjetunion pur: eine komplett rückwärtsgewandte Entwicklung, woran auch die ursprünglich für den 22. April 2020 vorgesehene Volksbefragung zur Verfassungsänderung nichts ändert. In ihrer Rede hob die Kosmonautin und Duma-Abgeordnete Teresch­kowa nicht ohne Grund immer wieder auf „Sicherheit“ und „Stabilität“ ab: Beide Argumente fallen in der russischen Bevölkerung wegen der historischen Erfahrung auf besonders fruchtbaren Boden. Das ist zwar verständlich. Allerdings kann eine Stabilität, die bereits mehr als 20 Jahre besteht und noch weitere 16 Jahre andauern soll, zum Hemmschuh bei der Entwicklung eines Staates werden. Es geht ja nicht nur darum, dass Putin Präsident bleibt. Der Ämterschacher zugunsten eines bei der Bevölkerung in Ungnade gefallenen Politikers wie Medwedew zeigt in aller Deutlichkeit, dass Putin nur noch umgeben ist von einer Phalanx treuer Gefährten in der Präsidialadministration und in den Ministerien. Auch diese Leute werden bleiben, auch sie werden wieder auf treue Gefährten setzen und im Laufe der Jahre eine Art mittelalterliche Lehenspyramide ausbilden. Das Ergebnis ist ein Staatsapparat, der auf gegenseitigen Abhängigkeiten und Begünstigungen beruht.

Vorwärts nimmer, rückwärts immer

Schon jetzt sitzen in den Provinzen des Riesenreichs häufig Gouverneure, die zwar der Zentralregierung hörig sind, sich aber ansonsten wie kleine Potentaten verhalten. Das dürfte mit ziemlicher Sicherheit zu großem Reformstau führen, zu wirtschaftlicher Lethargie und zu einem Braindrain der Bildungselite. Bereits in den vergangenen Jahren ging es beim Abschluss der einst ambitionierten Sonderinvestitionsverträge mit ausländischen Unternehmen nur noch schleppend voran. Und der häufig bemühte Vergleich mit dem ebenfalls autoritär regierten China greift ohnehin ins Leere: Die chinesische Wirtschaft ist diversifiziert und produktionsorientiert, die russische Wirtschaft setzt im Wesentlichen auf die Förderung von Öl, Gas und natürlichen Ressourcen. 

Wie labil die russische Wirtschaft ist und wie problematisch der Einfluss einzelner Personen im Umfeld Putins sein kann, hat unter anderem der seit Anfang März in Gang gekommene Ölpreiskrieg mit Saudi-Arabien und den USA gezeigt. Eine wesentliche Rolle dürfte dabei der Chef des Ölkonzerns Rosneft (und Putin-Vertraute) Igor Setschin gespielt haben, weil er von der künstlichen Stabilisierung des Ölpreises durch Absprachen grundsätzlich nichts hält. So wurde ganz bewusst weiter Öl produziert, um die amerikanische Fracking-Industrie unter Druck zu setzen, die erst bei einem Rohölpreis von etwa 50 bis 55 US-Dollar pro Barrel Gewinne einfährt. Weil Russland für seinen eigenen Staatshaushalt mit einem Ölpreis von mindestens 42 Dollar kalkuliert, liegt die Vermutung nahe, dass man auf einen Ölpreis abzielte, der unter dem amerikanischen Fracking-Limit liegt, aber gerade noch oberhalb der für Russland sensiblen 42-Dollar-Grenze. Anfang April kam es schließlich doch noch zu einer Einigung aller ölproduzierenden Länder; Russland hatte eingelenkt. Doch zeigt der Vorfall, welches Spiel Setschin und Putin betrieben – und vor allem gibt er Einblick in die politischen Entscheidungsprozesse. 

Russland will ein anderes Europa sein

Zurück zur Verfassungsänderung und der Frage, ob diese womöglich noch eine andere Botschaft enthält als lediglich Wladimir Putins Willen zum Machterhalt. In Moskau wurde spekuliert, Putin wolle eigentlich gar nicht bis 2036 an der Macht bleiben, sondern habe mit seinem Coup lediglich darauf abgezielt, bis zum Ablauf seiner regulären Amtszeit im Jahr 2024 nicht als „lame duck“ regieren zu müssen. Das allerdings scheint eher unwahrscheinlich, denn nach 20 Jahren an der Spitze des Staates hat er längst genügend Autorität, um sich gegen etwaige Angriffe von Widersachern zu wehren (zumal überhaupt keine Konkurrenten erkennbar sind).

Der deutsche Russlandexperte Alexander Rahr, wahrlich kein ausgemachter Putin-Kritiker, deutet die Verfassungsänderung denn auch als ein Signal, mit dem sich Russland endgültig vom liberalen Westen losgesagt habe: Russland wolle ein „anderes Europa“, ein Europa mit anderen Traditionen und Werten darstellen. Und ich muss sagen: Inzwischen sehe ich das genauso. Russland will sich als eine Weltmacht definieren, die unabhängig ist vom Rest Europas. Putin hat mit der Verfassungsänderung dem Westen den Laufpass gegeben nach dem Motto: „Eure Werte gehen uns nichts an, wir sind kein Teil von euch!“ Es war ein bewusster Schritt, ein klares Signal an das Ausland. Aber wegen der alles überwölbenden Corona-Krise scheint es im Westen kaum vernommen worden zu sein.

Jetzt müssen sowohl Russlandversteher als auch Russlandkritiker in Deutschland gleichermaßen umdenken. Den Russlandkritikern sollte klar werden, dass es keinen Sinn mehr ergibt, Russland ständig das hohe Lied der Werte vorzusingen und teils trotzig, teils voller Illusionen davon auszugehen, dass man das Land von außen verändern oder es gar zu irgendetwas zwingen könne. Bei anderen Staaten, die nicht unseren Wertvorstellungen entsprechen – ob Saudi-Arabien oder China –, versuchen wir das ja auch nicht. Die Russlandversteher wiederum sollten ihre mitunter allzu euphorisch vorgetragenen Hymnen von wegen wirtschaftlicher Kooperation und Völkerverständigung künftig eher in Moll und vor allem leiser singen. Keine Frage: Russland braucht und will Investitionen – aber nur zu seinen Bedingungen. Für Deutschland bleibt Russland auch künftig ein wichtiger Markt. Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse sollte man sich jedoch darauf einstellen, dass das Investitionsklima rauer werden wird. Das merkt man schon heute.

Die deutsche Politik muss Russland nüchterner sehen

Bleibt die Frage, wie sich der Westen auf das neue Russland einstellen sollte. Und an dieser Stelle komme ich auf meine eingangs beschriebene Genervtheit zurück. Denn außer des alten Sermons ist weit und breit keine auch nur halbwegs tragfähige und realistische Strategie in Sicht. Und ich glaube auch nicht, dass sich „nach Corona“ an dieser gähnenden Leere etwas ändern wird. Natürlich kann man sich fragen, ob wir Russland nicht einfach links liegen lassen sollten. Was das angeht, gilt allerdings eine Wahrheit, die auch ein bisschen abgestanden klingt (ohne deswegen an Gültigkeit verloren zu haben): Ohne Russland ist kaum ein weltpolitisches Problem zu lösen. Auch benötigen wir russisches Gas und Öl, wir brauchen den russischen Markt für unsere Produkte. Und nicht zuletzt könnte Russland vielleicht in näherer Zukunft sogar zu einem Bollwerk gegen chinesischen Wirtschaftsimperialismus werden.

Die deutsche Politik sollte sich daran gewöhnen, Russland nüchterner zu sehen. Dazu könnte gehören, die Krimfrage zunächst so weit auszuklammern, dass eine Annäherung zwischen Russland und dem Westen wieder möglich ist. Da wäre womöglich eine Art Sonder­status denkbar; hierfür könnte die Ukraine in westliche Wirtschaftsstrukturen eingebunden werden, wobei gleichzeitig klar sein müsste, dass sie politisch neutral bleibt und ein Nato-Beitritt nicht infrage kommt. Außerdem wäre es an der Zeit, mit allem Elan eine neue Sicherheitskonferenz für Europa in Gang zu setzen: Warum nicht klein anfangen, etwa mit einer Sicherheitskonferenz der Ostseeanrainer? Das alles wären sinnvolle Aufgaben für eine neue deutsche Ostpolitik. In jedem Fall gilt nämlich das Bismarck zugeschriebene Bonmot „Scheint Russland stark, so ist es nicht so stark, wie es scheint; scheint Russland schwach, so ist es nicht so schwach, wie es scheint.“

Dieser Text stammt aus der Juni-Ausgabe von Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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