USA und Nordkorea - Trumps kurze Zündschnur

Donald Trump hat seine Rhetorik gegenüber Nordkorea verschärft und damit die Eskalation in dem Konflikt vorangetrieben. Warum der amerikanische Präsident eine Gefahr für den Weltfrieden ist

„Forrest Trump“ hält es für große Tatkraft und Entschlossenheit, was er da gegen Nordkorea vollführt / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

So erreichen Sie Christoph Schwennicke:

Anzeige

Große Kriege, das lehrt die Geschichte, suchen sich oft vergleichsweise kleine Anlässe. Das kann ein unfreiwilliger Sturz dreier Männer aus dem Fenster einer Burg in Prag sein. Das kann eine listig formulierte Depesche aus einem kaiserlichen Kurtort sein. Oder eine Kugel im Kopf eines Thronfolgers. 

„Sarajewo Incidents“ nennt man diese Auslöser im angelsächsischen Sprachraum in Anlehnung an das Attentat auf Franz Ferdinand in der Stadt am Ufer der Miljacka. Nicht immer entstehen Kriege aus diesen Anlässen. Manchmal lassen sie sich gerade noch abwenden. Die Kuba-Krise von 1962 steht dafür. Der letzte „Sarajewo Incident“, den die Welt erlebt hat, war der ungeklärte Abschuss eines Passagierflugzeugs über der Ukraine. Auch das gewaltsame Ende des Flugs MH17 hatte das Zeug dazu, Großes auszulösen. 

Ein zweiter Stellvertreterkrieg wäre fatal

Aktuell ist das atomare Drohgebaren zwischen dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un und dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump so ein Anlass, von dem eine Gefahr für die ganze Welt ausgeht. Es geht dabei nicht um die Frage, ob der Führer der westlichen Welt sich von einem hochneurotischen Diktator eines kafkaesk-kommunistischen Landes in einen Konflikt ziehen lässt. Nordkorea, schwach und zugrunde regiert, ist ein Klecks auf der Weltkarte.

Aber an einem Korea-Krieg der USA kann sich mehr entzünden. Denn die Welt sucht gerade eine neue Ordnung. Die Hegemonie des Westens ist gebrochen. Russland, China und der Westen tarieren ihre globale Macht neu aus. Die jüngste gigantomanische Militärparade in Peking hat gezeigt, dass China nach langen Jahren der Zurückhaltung auch imperialistische Ansprüche erhebt. Die Dauerblockade Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat künden darüber hinaus vom Armdrücken der großen Drei. Der westlichen Welt, China und Russland.

Ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und dem US-geführten Westen tobt schon in Syrien. Ein zweiter wäre fatal. Und Korea liegt geostrategisch in der unmittelbaren Einflusssphäre Chinas. Eine amerikanische Intervention in Nordkorea bliebe nicht ohne chinesische Reaktion. 

Trump fehlt jegliches Gespür

Mit den Drohgebärden zwischen Donald Trump und Kim Jong Un ist die Welt jenem Albtraum schneller nahe gekommen, als man sich das hätte ausmalen mögen. Das ganze Gebaren Trumps vor seiner Präsidentenwerdung ließ schon immer ein blümerantes Gefühl zurück beim Gedanken daran, dass der amerikanische Atomkoffer in den Händen dieses Mannes liegen wird. Seine verbalen Breitseiten gegen Pjöngjang, ausgestoßen mal eben zwischen Golfplatz und Whirlpool, nähren dieses mulmige Gefühl weiter.

Dass den nordkoreanischen Machthaber ein Grusel umweht: so weit, so klar. Dafür muss man nicht einmal alle Schauergeschichten glauben, wie er sich seiner engsten Familienmitglieder entledigt, wenn sie nicht mehr stramm zu seiner Linie stehen. 

Aber dass der gewählte Präsident der mächtigsten Demokratie der Welt so agiert, wie er agiert, hat eine ganz andere Dimension. Der Mann, das haben die vergangenen Monate zweifelsfrei erwiesen, hat die politische Weitsicht und den Charakter eines Kleinkindes. Er hält es für große Tatkraft und Entschlossenheit, was er da gegen Nordkorea vollführt. Aber er hat auch seine Äußerungen zur Figur von Emmanuel Macrons Ehefrau in deren Beisein  für ein Kompliment gehalten. Ihm fehlt jegliches Gespür. Ihm fehlt die nötige Besonnenheit und rationale Kühle. Ihm fehlt jedes Geschichtsbewusstsein. Sowie jedwede politisch-strategische Intelligenz. Er ist so grotesk wie Forrest Gump. Er ist „Forrest Trump“, wie der Tagesspiegel vor einigen Wochen trefflich getitelt hat.

Eine Gefahr für die Welt

Es hat schon öfter amerikanische Präsidenten gegeben, die dem Amt in Wahrheit intellektuell nicht gewachsen waren. Aber sie alle waren immerhin klug genug, sich diese individuellen Begrenzungen einzugestehen und sich auf ihren Stab, ihre jeweiligen Experten zu verlassen. Eben das tut Trump offenkundig nicht. Nur so ist zu verstehen, dass sein eigener Verteidigungsminister öffentlich vor den Folgen der Trumpschen Nordkorea-Politik (so man das überhaupt Politik nennen kann) warnt. Was James Mattis da ausstößt, ist ein Hilfeschrei. Nichts weniger als der Hilfeschrei eines Mannes, dem es vor seinem eigenen Präsidenten graut.        

Bislang hat man sich – mit etwas Humor – sein mulmiges Gefühl bei diesem Twitter-Präsidenten auch mal von der Seele lachen können. Damit ist es vorbei. Da gibt es nichts mehr zu lachen. Dieser Präsident ist ein großes Unglück für die Vereinigten Staaten von Amerika. Und eine Gefahr für die ganze Welt.  

Anzeige