USA kündigen Klimaschutzabkommen - Der Verlierer ist Trump selbst

US-Präsident Donald Trump hat den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verkündet. Was als Demonstration der Stärke gemeint war, wird die Vereinigten Staaten international isolieren und auch die eigene Wirtschaft enorm schwächen

Selten war Amerika so allein / picture alliance
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Andreas Sieber ist freier Journalist und schreibt vor allem zu Umwelt- und Klimaschutzthemen.

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Fröhliche Jazzmusik spielte im Rosengarten des Weißen Hauses, bevor Donald Trump ans Mikrofon trat. Die Vereinigten Staaten ziehen sich zurück aus dem Pariser Klimavertrag, verkündete der US-Präsident, der sei „sehr unfair für Amerika“. Donald Trump führt damit die USA weiter in die Isolation.

194 Länder haben das 2015 beschlossene Pariser Klimaabkommen unterzeichnet. Nur drei Länder lehnen es ab: die USA, Nicaragua und Syrien. „Wir konnten beim G7-Gipfel beobachten, wie sehr Trumps Sicht auf den Klimawandel die USA isoliert. Er reduziert seinen Handlungsspielraum damit auch auf anderen Politikfeldern, sei es bei Handel oder Sicherheitspolitik“, analysiert Alden Meyer von der Union of Concerned Scientists gegenüber Cicero. Nun ging Trump noch einen Schritt weiter und verkündete den offiziellen Rückzug aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Gleichzeitig will er neu verhandeln.

Neue Verhandlungen sind unrealistisch

Man werde mit sofortiger Wirkung die Umsetzung aller Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen stoppen, sagte Trump. Dies gelte sowohl für den bisher angekündigten nationalen Reduktionsbeitrag der USA wie auch für alle Zahlungsverpflichtungen für den internationalen Klimaschutz. Sofort zurückziehen können sich die Vereinigten Staaten jedoch nicht. Das Pariser Klimaabkommen besitzt eine vierjährige Ausstiegsfrist. Es könnte sein, dass der Präsident der USA dann nicht mehr Donald Trump heißt.

„Wir werden neue Verhandlungen beginnen und sehen, ob wir einen Deal hinbekommen, der fair ist“, kündigte Trump an. Die Staatschefs von Italien, Frankreich und Deutschland erteilten diesem Plan jedoch sofort gemeinsam eine Absage. Aus französischen Regierungskreisen war sogar zu vernehmen, dass Emmanuel Macron dem US-Präsidenten die zukünftige Zusammenarbeit beim Klimaschutz generell aufkündigte. Es kann als Beleg für den chaotischen Zustand der Trump-Administration gelten, den Vorschlag einer Neuverhandlung als realistisch einzustufen. Mehrfach hatte das Weiße Haus zuvor die endgültige Entscheidung zum Pariser Klimaabkommen verschoben.

Der Klimaschutz wird weitergehen

Obwohl die USA im Vorfeld der Pariser Klimakonferenz eine diplomatische Führungsrolle übernommen hatten, blieb das nationale Klimaschutzziel wenig ambitioniert: Der ursprüngliche Beitrag der USA hätte einem Rückgang der Treibhausgas-Emissionen um 9 bis 16 Prozent bis 2025 entsprochen. Zum Vergleich: Die Europäische Union hat sich verpflichtet, ihre Emissionen bereits fünf Jahre früher um 20 Prozent zu reduzieren.

Bereits mit seinem „America First Energy Plan“ schmälerte Donald Trump diesen Beitrag deutlich: Nur zwischen 7 und 10 Prozent werden die USA damit bis 2025 reduzieren. Donald Trump hat somit Verfügungsgewalt über weniger als 2 Prozent der globalen Emissionen – und das, sollte er nicht wiedergewählt werden, für weniger als vier Jahre.

Weltweit reagierten Politiker entsprechend enttäuscht, aber optimistisch: „Der Klimaschutz wird weitergehen und sich von dieser Entscheidung nicht aufhalten lassen. Der Rest der Welt ist noch enger zusammengerückt, das Bekenntnis zum Klimaschutz ist noch größer geworden“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Es gibt zahlreiche Anzeichen, dass sie damit Recht behält.

Neue Klimabündnisse gegen Trump

Bereits am Dienstag hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres mit klar impliziertem Zeigefinger in Richtung USA gewarnt: „Diejenigen, die jetzt nicht auf eine grüne Wirtschaft setzen, werden in einer grauen Zukunft leben.“ Die Financial Times berichtete von einer Allianz zwischen der EU und China, die für Freitag erwartet wird. Ziel sei es, gemeinsam „die Energiewende anzuführen“. Zeitgleich trifft der indische Premierminister Narendra Modi in Paris ein. Es gilt als wahrscheinlich, dass er zusammen mit dem französischen Präsidenten ein starkes Bekenntnis zum Klimaschutz abgeben wird. Selbst das nicht als Vorreiter in Sachen Klimaschutz bekannte Russland bekräftigte erstaunlich offensiv sein Engagement dafür. 

Trumps einzig verbleibender Bündnispartner auf dem Gebiet scheint die Türkei zu sein. Die Regierung Erdogan hat das Pariser Abkommen zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.

„Amerika ist zurück!“, verkündete US-Vizepräsident Mike Pence, bevor Donald Trump ans Podium trat. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Selten war Amerika so allein. „Trump gibt die globale Führungsrolle der USA auf“, sagte Jennifer Morgan, Geschäftsführerin von Greenpeace International gegenüber Cicero. „Wir werden Zeuge eines Erdrutsches in der globalen Ordnung, in der Europa, China und andere jetzt zeigen, wo es langgeht.“

Wirtschaftlicher Schaden für die USA

Mehrfach hatte Trump in der Vergangenheit betont, dass das Pariser Abkommen den USA wirtschaftlich schade. Es koste die USA Millionen Jobs, behauptete der Präsident. Als Beispiel verwies er auf die Kohleindustrie und fügte hinzu „und ich liebe nun mal die Kohleindustrie“. Zudem werde die US-Wirtschaft massiv benachteiligt und müsse mehr Lasten tragen als andere Staaten.

In der Tat sieht das Pariser Klimaabkommen vor, dass Länder mit großer historischer Verantwortung für den Klimawandel und hohem Wohlstandsniveau ambitionierter vorangehen. Schon vor Trumps Einschnitten war der US-Beitrag zum Klimaschutz als nicht ausreichend kritisiert worden.

Zahlreiche Experten sehen es jedoch umgekehrt: Der Austritt aus dem Pariser Abkommen schadet Trump. „Anders als die US-Regierung sehen Länder auf der ganzen Welt das Pariser Abkommen als Job- und Wachstumsmaschine“, erläutert Wendel Trio, Direkter des Climate Action Network Europe.

Tatsächlich berichtete das US-Energieministerium Anfang des Jahres, dass die Solarbranche in den USA mehr Menschen beschäftigt als Kohle-, Gas- und Ölindustrie zusammen. Kritiker fürchten nun, dass diese Jobs zukünftig nach Indien, China und Europa abwandern. Mehr als 350 Unternehmen hatten die US-Regierung deshalb aufgefordert, nicht aus dem Pariser Abkommen auszusteigen, darunter die großen Tech-Firmen Apple und Tesla. Und selbst Öl-Konzerne wie Exxon Mobil hatten sich für einen Verbleib ausgesprochen.

Der Preis ist die Isolation

Er aber sei verantwortlich für die amerikanische Bevölkerung, „nicht Paris, sondern Pittsburgh!“, rief der amerikanische Präsident. „Die Menschen in unserem Land werden begeistert sein“, prophezeite er. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Die Mehrheit der US-Amerikaner ist für den Verbleib der USA im Pariser Abkommen, selbst eine relativ deutliche Mehrheit der Republikaner.

Auch der Bürgermeister von Pittsburgh sah sich genötigt, zu widersprechen. 80 Prozent der Menschen in seiner Stadt hätten für Hillary Clinton gestimmt. Umfragen sehen auch in Pittsburgh eine deutliche Mehrheit für das Pariser Abkommen.

Donald Trump hat mit dem Ausstieg ein zentrales Wahlversprechen eingelöst. Doch mit der Entscheidung hat er sich nicht nur international, sondern auch innerhalb der USA weiter isoliert. 

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