Donald Trump - Von Gut und Böse

Egal was Donald Trump macht, es ist immer falsch. Zumindest wenn man seine politischen Gegner fragt. Dabei sind seine Ideen im Grundsatz oft richtig

Donald Trump gilt aktuell „als Prinzip des Bösen“ / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

So erreichen Sie Frank A. Meyer:

Anzeige

Jetzt kommt der Beelzebub also doch nicht nach Davos. Allzu viele Probleme in Washington halten ihn auf. Dabei sollen die Vorbereitungen seines WEF-Trips bereits 2,8 Millionen Franken verschlungen haben, von geplanten 3,45 Millionen. In den USA warten derweil 800.000 Regierungsmitarbeiter auf ihr Gehalt, weil der oberste Chef auf dem Shutdown beharrt.

Erst wenn ihm die Demokraten im Repräsentantenhaus fünf Milliarden Dollar zugestehen, mit denen er seine sagenumwobene Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen kann, will er die Regierungsmaschine wieder anwerfen.

Der Böse aus dem Weißen Haus wird seinem Ruf gerecht. Er verdirbt nicht nur die Welt. Nein, er verdirbt sogar die heile Weltwirtschaftsforums-Welt, die doch, selig verhüllt vom schneeweißen Unschuldskleid, nichts, aber auch gar nichts kann für die Misere, die Donald Trump rund um sich herum tagtäglich wahrzunehmen glaubt, wenn er sie nicht gleich selbst heraufbeschwört.

Weltpolitik mit Schweizer Absender

In der winterlich gedämpften Atmosphäre von Davos geben sich sogar die Gäste aus den globalen Geld- und Machtgefilden – von den Medien ehrerbietig als Elite bezeichnet – friedlich und bisweilen, wie berichtet wird, sogar nachdenklich. Alles nette Leute. Die immer noch weihnachtlich anmutende Herberge im Bündnerland bleibt nicht ohne Wirkung.

Hätte der amerikanische Gottseibeiuns in diese Atmosphäre auf 2.000 Meter Höhe gepasst? Er tat es bereits im vergangenen Jahr. Denn zum WEF passen, heißt, zum Ruf des WEF passen: „Seid ihr alle da? Jaaaa!“ Der oft so ungeschickte Donald war immerhin beinahe fast zum zweiten Mal da. Man wird zwischen Davos und Washington getwittert haben. Das ist nicht nichts. Eine schmeichelhafte Anekdote ergibt es auf jeden Fall.

Dennoch hätte man ihn gern erneut von Nahem besichtigt auf seinem Schweiz-Abstecher, allein schon wegen des grauslichen Gefühls, das seine weltweit gefürchtete Unberechenbarkeit verströmt: Was hätte er kraft seiner Macht nicht alles anstellen können mitten in unseren schönsten Bergen: Die Welt erschüttern mit fünf gefakten Tweets! Von Davos aus! Endlich Weltpolitik mit Schweizer Absender!

Die dunkle Seite des Globus

Sei's drum, er bleibt uns ja erhalten: als Prinzip des Bösen. Als Gegenbild zu Xi Jinping, der globalen Lichtgestalt – als die Chinas Diktator vielen erscheint, wenn sie nur lange genug über Donald Trump hergezogen sind. Verurteilen wir nicht täglich und stündlich und mit Leidenschaft den mächtigsten Mann des Westens als Verderber des Westens? Was heißt des Westens? Als Verderber der Welt malen wir ihn an die Wand – in Wort, Ton und Bild? Vor allem wir Journalisten.

Eben gerade sind die Chinesen auf der dunklen Seite des Mondes gelandet. Ein weiteres leuchtendes Beispiel dafür, dass sie hienieden für die helle Seite des Globus stehen.

Donald Trump steht für die dunkle.

Wieso eigentlich?

Hat er denn so völlig unrecht mit der so völlig unschönen Idee einer Mauer zu Mexiko? Staatsgrenzen gehören geschützt. Auch gegen die Völkerwanderung. Schweizer Bürgern ist das Thema geläufig. Trump tut nur, worüber bereits seine Vorgänger nachgedacht haben. Allerdings macht er dabei Richtiges mit Vorliebe falsch, weil grobschlächtig, auf keinen Fall menschenfreundlich, tollpatschig auch. Eine Mauer im 21. Jahrhundert? Für Europäer mit der Erfahrung der DDR-Mauer im Hinterkopf ein grässlich-groteskes Unding. Aber er hat's seinen Wählern nun mal versprochen!

Der Antiamerikanismus ist frei von Logik

Dann der Abzug der amerikanischen Soldaten aus Syrien und Afghanistan! Auch so ein Wahlversprechen. Der Rückzug der USA als Weltpolizist müsste in Europa zu Freudenkundgebungen der versammelten Linken führen: Hat man dafür in den vergangenen fünfzig Jahren nicht die Strapazen Tausender von Demos auf sich genommen? Mit „Amis raus aus Vietnam!“ begann es. Und hörte nie wieder auf. Plötzlich erfüllt Donald Trump den linken Traum. Und wieder ist es nicht recht. Der Antiamerikanismus ist frei von Logik, ein linkes Grundgefühl, nur ideologisch-genetisch zu erklären.

Darum ist auch Trumps wirr-spontan inszenierter Versuch, mit Nordkorea ins Friedensgeschäft zu kommen, kein Grund für Milde. Er hat zwar unternommen, was kein Vorgänger wagte. Doch unter seinen Händen verwandelt sich die gute Tat offensichtlich stets zur schlechten Sache. Donald Trump dürfte übers Wasser wandeln, ihm würde vorgeworfen: Er kann nicht schwimmen.

Neues Wintermärchen?

Und der Handelskrieg mit China? Sein Kampf gegen den Technologie-Klau durch die Diktatur in Peking? Daran kauten auch schon die Vorgänger. Und unternahmen nichts. Die Europäische Union lag auf den Knien vor den chinesischen Kleptomanen. Erst recht die Unternehmer und Aktionäre,
die ihre technologischen Spitzenfirmen aus schierer Gier per Verkauf und Fusion in chinesische Hände gaben!

Der unmögliche Donald Trump versucht Unmögliches, das an seiner eigenen Unmöglichkeit zu scheitern droht. Wenns scheitert, weil der frühere Immobilien-Mogul das politische Handwerk nicht beherrscht und darum verachtet, bleibt wenigstens die Erkenntnis, dass die Probleme, die er zum Thema macht, nicht die falschen sind.

Zur westlichen Selbsterkenntnis und damit Selbstkritik hat der Kerl, der des Teufels ist und deshalb weder zu Selbsterkenntnis noch zu Selbstkritik neigt, schon allerhand beigetragen. Sollte er wider Erwarten doch noch nach Davos reisen – das Wintermärchen wäre perfekt.

Dieser Text erschien zuerst im Schweizer Blick.

Anzeige