Rishi Sunaks Frau - Eine „Non-Dom“ als First Lady

Akshata Murty, die Frau des neuen britischen Premierministers Rishi Sunak, ist Inderin und verfügt als Tochter der Gründer des Tech-Giganten Infosys über ein riesiges Vermögen.

Akshata Murty auf einem Weihnachtsmarkt in London / dpa
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Autoreninfo

Christian Schnee studierte Geschichte, Politik und Public Relations in England und Schottland. Bis 2019 war er zunächst Senior Lecturer an der Universität von Worcester und übernahm später die Leitung des MA-Studiengangs in Public Relations an der Business School der Universität Greenwich. Seit 2015 ist er britischer Staatsbürger und arbeitet als Dozent für Politik in London.

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Bürger der Welt sind Bürger von nirgendwo“, ätzte Premierministerin Theresa May in ihrer Rede auf dem Parteitag ihrer britischen Konservativen 2016 in Birmingham zur Freude der national Gesinnten am populistischen rechten Rand der Partei. Es ist nicht ohne Ironie, dass der neue Partei- und Regierungschef Rishi Sunak, ein ehemaliger Investmentbanker bei Goldman Sachs, jenes Weltbürgertum so sehr personifiziert wie nur wenige seiner Vorgänger. 

Gleiches gilt für seine Ehefrau, die Inderin Akshata Murty, die aus dem südlichen Bundesstaat Karnataka stammt. Die heute 42-Jährige studierte unter anderem Wirtschaftswissenschaften an der Universität Stanford, wo sie und Sunak sich kennenlernten. Nach Jobs bei Deloitte und Unilever wollte sie ihre eigentliche Leidenschaft zum Beruf machen. Aber künstlerische Neigung – die ihr das Magazin Tatler attestierte – reichte schließlich nicht aus, um das eigene Modelabel zum Markterfolg zu führen. Heute kümmert sich Murty um ihre Beteiligungen an rund einem halben Dutzend Unternehmen sowie die Leitung ihrer Wagniskapitalfirma Catamaran Ventures. 

Jetzt voll steuerpflichtig

Gemeinsam mit ihrem Ehemann besitzt sie Immobilien im Wert von 18 Millionen Dollar, drei davon in London, sowie ein Penthouse mit Meerblick im kalifornischen Santa Monica. Das Paar pendelt an Wochenenden zwischen der Dienstwohnung in Downing Street und dem Familiensitz Kirby Sigston Manor im nordenglischen Yorkshire, einem denkmalgeschützten historischen Landhaus mit Park und See, das jetzt noch um einen Tennisplatz, ein Fitnessstudio und ein Hallenschwimmbad ergänzt wurde. 
Großbritanniens First Lady zeigt sich den Fotografen auf Parteiversammlungen als eifriger Cheerleader des Premierministers, pflegt sonst aber einen unauffälligen Stil und sucht nicht die Nähe zu den Medien. Die wenigen Details aus ihrem Privatleben – sie räume ungern auf und lasse ihre Schuhe überall im Haus verstreut liegen – platziert hin und wieder Sunak in Gesprächen mit Journalisten. Nur zu Beginn des Jahres fand sich Murtys Name in den Schlagzeilen. Es ging um ihren Status als „Non-Dom“, der es Ausländern mit Wohnsitz in Großbritannien erlaubt, sich mit einer Abschlagszahlung von 30.000 Pfund von Steuerforderungen auf weltweites Einkommen zu befreien. Auf diesem Weg soll Murty Steuern in Höhe von 22 Millionen Dollar gespart haben zum Ärger all jener, die ihre Einkünfte in voller Höhe deklarieren müssen. 

Die Diskussion über die umstrittene Steuerpraktik lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit auf das immense Vermögen des Paares Sunak-Murty, das von der Tageszeitung Times auf 730 Millionen Pfund geschätzt wird. Den bei Weitem größten Anteil daran hält Murty dank ihrer knapp 1-prozentigen Beteiligung an Infosys, einem Giganten der indischen Technologiebranche, den 1981 ihre Eltern N. R. Narayana Murthy und Sudha Murty gründeten. Als empörte Kommentatoren eine Neiddebatte lostraten, die Sunaks Chancen auf die Nachfolge von Boris Johnson zu gefährden schien, erklärte Murty ihren Verzicht auf den Non-Dom-Status und sagte zu, künftig ihre weltweiten Einkünfte voll in Großbritannien zu versteuern. Seither ist ihr Name wieder aus den Überschriften verschwunden. Darin unterscheidet sie sich von ihrer Vorgängerin Carrie Johnson, einer Aktivistin mit Parteikarriere und Ambitionen, von Downing Street aus ihre persönliche politische Agenda zu verfolgen. 

Zurückhaltend gegenüber Widrigkeiten

Bis dahin hatten sich die meisten First Ladies mit öffentlichen Meinungsäußerungen zurückgehalten, auch wenn das einigen – wie etwa Cherie Blair – nicht leichtfiel. Clarissa Eden störte sich vor allem daran, dass ihr Ehemann so viel Zeit im Büro verbrachte und zu gemeinsamen Mahlzeiten Mitarbeiter aus seinem Stab einlud. John Majors Ehefrau Norma klagte, dass sie bisweilen nachts aufgewacht sei, wenn ein Beamter, am Fußende des Bettes sitzend, sich mit ihrem Ehemann über Regierungsgeschäfte unterhalten habe. 

Widrigkeiten zu akzeptieren, wenn es der berufliche Erfolg erfordert, lernte Murty früh: Sie wuchs bei ihren Großeltern auf, Hunderte Kilometer entfernt von den Eltern, die mit dem Aufbau ihres Unternehmens so sehr beschäftigt waren, dass sie für die Erziehung ihrer Tochter und deren Bruder Rohan keine Zeit fanden. Ihren eigenen Töchtern ­Krishna und Anoushka, die derzeit eine private Grundschule für Mädchen in einem Londoner Vorort besuchen, will Murty die Zumutungen des politischen Rummels und der Medienberichterstattung ersparen. Skandalberichte über Partys in Downing Street und Ausgaben für eine aufwendige Neudekoration des Amtssitzes, mit denen Boris und Carrie Johnson für öffentliche Empörung sorgten, sind von ihr nicht zu erwarten.

 

Dieser Text stammt aus der Januar-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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