Presseschau zu Wahlen in Österreich - „Kurz machte die Wut- zu Hoffnungsbürgern“ / „Ein Wunder hat er nicht abgeliefert“

Sebastian Kurz und seine ÖVP haben die Wahlen in Österreich gewonnen, doch der Sieg fiel weniger deutlich aus als erwartet. Was hat den Ausschlag gegeben und welche Koalition ist am wahrscheinlichsten? Die gesammelten Stimmen der österreichischen Presse

Mit wem wird sich Wahlsieger Sebastian Kurz über eine Koalition verständigen? / picture alliance
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Der Standard

Es war wenig überraschend, dass das Thema Ausländer den Wahlkampf vielfach dominierte. Erklärungsbedürftig ist jedoch, warum der Sog zu ausländerpolitischen Härteparolen so stark war, dass ihm wenig bis nichts entgegengehalten wurde. Die SPÖ zerriss es über dieses Thema fast. Und die anderslautenden Ansagen der Grünen wirkten zuweilen wie Widerstandsparolen in einem von der Rechten bereits hegemonial bestimmten System.

Kronen Zeitung

Sebastian Kurz hat die große Unzufriedenheit im Land erkannt, die wirklich großen Probleme thematisiert und hat konkret an die Leistungsträger appelliert. Die Chance, dass er als jüngster Staatschef Europas in das Kanzleramt einzieht, ist gewaltig groß - nur noch eine eigentlich undenkbare Koalition zwischen Rot und Blau könnte ihn daran hindern. Dem 31-jährigen ÖVP-Chef ist aber schon jetzt eins zu verdanken: Kurz machte aus den vielen „Wutbürgern“ eine breite Bewegung an „Hoffnungsbürger“. Die bereits im Land massiv spürbare Aggression auf „die da oben“ konnte auf die Stimmung „Wir schaffen gemeinsam Veränderung“ gemildert werden. Die tiefe Frustration weicht der Zuversicht, dass jetzt endlich vieles besser wird.

Kleine Zeitung  

ÖVP-Chef Sebastian Kurz wurde von seiner Partei vor zwei Monaten noch wie ein Messias be- und gehandelt. Ein Wunder jedoch hat er heute nicht abgeliefert. Es langte zwar für einen soliden Platz eins, da sich Rot-Blau jedoch auch ausgeht, ist er, wenngleich Wahlsieger, nicht in der besten Ausgangssituation für die anstehenden Koalitionsverhandlungen. 

Die Presse

Kanzler Christian Kern, der beste Spitzenkandidat, den die SPÖ seit langem hatte, hatte mit dem Gegenwind aus der eigenen Partei zu kämpfen wie auch mit dem internationalen Zeitgeist, der heute rechts ist und nicht links. Das hat insbesondere mit dem Thema Migration zu tun, auf das die SPÖ auch lange Zeit nur unzureichende Antworten fand. Hinzu kommt freilich auch noch eine ausgesprochen schlechte Menschenkenntnis Kerns in Bezug auf seine ihn umschwirrenden Berater und Einflüsterer.

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