Präsidentschaftswahlen in Polen - Wahlkampf mit antideutschen Tönen

Im Präsidentschaftswahlkampf setzen Präsident Andrzej Duda und die Regierungspartei PiS mal wieder auf antideutsche Töne. Diesmal hat sich Duda auf den WELT-Korrespondenten Philipp Fritz eingeschossen - mit weitreichenden Konsequenzen.

Der polnische Präsident Andrzej Duda beim Wahlkampf im Juni / picture alliance
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Autoreninfo

Thomas Dudek kam 1975 im polnischen Zabrze zur Welt, wuchs jedoch in Duisburg auf. Seit seinem Studium der Geschichts­­wissen­schaft, Politik und Slawistik und einer kurzen Tätigkeit am Deutschen Polen-Institut arbei­tet er als Journalist.

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Seit dem 1. Juli hat Deutschland keinen offiziellen Botschafter in Warschau. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, der Nachfolger des sechs Jahre in Polen amtierenden Rolf Nikel, erhielt bisher kein Beglaubigungsschreiben. Der Grund, wie der staatliche Nachrichtensender TVP Info berichtete und sich dabei auf Quellen aus dem polnischen Außenministerium berief, sind seine einstige Tätigkeit als Vizedirektor des Bundesnachrichtendienstes sowie die Einmischung deutscher Medien in den polnischen Präsidentschaftswahlkampf.

Ja, man liest richtig. Seit vergangener Woche wird der Präsidentschaftswahlkampf von dem Vorwurf der Nationalkonservativen überschattet, deutsche Medien würden sich vor der am Sonntag stattfindenden Stichwahl zwischen Amtsinhaber Andrzej Duda und seinem Widersacher Rafał Trzaskowski in den Wahlkampf einmischen.

Warschau bestellt den Amtsträger der deutschen Botschaft ein

Ein Vorwurf, der mittlerweile auch auf diplomatischer Ebene ausgetragen wird. Am Mittwoch wurde Knut Abraham, derzeitiger Geschäftsträger an der deutschen Botschaft in Warschau, ins polnische Außenministerium einberufen. Grund waren „manipulative“ und nur den oppositionellen Kandidaten Trzaskowski unterstützende Artikel „deutscher Medien“, wie Szymon Szynkowski vel Sęk, Staatssekretär im polnischen Außenministerium, erklärte.

Das dazugehörige Nachspiel folgte in der abendlichen Hauptnachrichtensendung des staatlichen TVP, den die PiS zu ihrem wichtigsten Propagandaorgan umgebaut hat. Dort konnten Millionen Zuschauer nicht nur sehen, wie Abraham das Außenministerium betrat. Als Beispiel für die deutsche Einmischung in die polnischen Präsidentschaftswahlen wurde im Großformat ein Foto von Philipp Fritz gezeigt, dem Polen-Korrespondenten der Tageszeitung DIE WELT.

Duda attackiert deutschen Korrespondenten persönlich

„Deutschland will in Polen den Präsidenten wählen“, grollte Staatspräsident Duda vergangene Woche bei einer Wahlkampfveranstaltung im niederschlesischen Bolesławiec und nannte als Beispiel Philipp Fritz namentlich. In einer Analyse zum ersten Wahlgang schrieb dieser lediglich, dass Dudas Herausforderer Trzaskowski den polnischen Reparationsforderungen gegenüber Deutschland skeptisch gegenüberstehe.

Ein harmloser Satz in einer stinknormalen Analyse, welche durch die Zusammenfassung der polnischsprachigen Redaktion der Deutschen Welle, östlich der Oder eines der meistzitierten Medien, nach Polen gelangte und für Fritz extreme Auswirkungen hatte. Seit Duda und später auch TVP Fritz namentlich angegriffen haben, bekam dieser Tausende Beschimpfungen und Drohungen.

Im Wahlkampf wird um jede Stimme gekämpft

Auslöser für diese Vorwürfe an die deutsche Presse war ein vergangene Woche veröffentlichter Artikel des von Ringier-Axel Springer Polska herausgegebenen Boulevardblatts „Fakt“. Basierend auf Gerichtsakten, beschrieb es die Taten eines vor Jahren verurteilten Sexualstraftäters, der nicht nur seine Ehefrau missbrauchte, sondern ab deren siebten Lebensjahr auch seine Tochter. Ein Sexualstraftäter, dessen Kontaktverbot zu den Opfern Duda in seiner Funktion als Präsident auf Wunsch der Ehefrau und der missbrauchten Tochter aufhob.

Es war eine Entscheidung, die in Polen für Aufsehen sorgte. Und dies ausgerechnet noch in einem Wahlkampf, in dem die Kandidaten wegen der sehr engen Umfragen, in denen mal Duda, mal Trzaskowski ein knapper Sieg prognostiziert wird, um jede Stimme kämpfen.

Obwohl auch andere Zeitungen wie die konservative „Rzeczpospolita“, die einem polnischen Medienunternehmer gehört, ausführlich über die Taten des von Duda begnadigten Sexualstraftäters berichteten, starteten Duda und die PiS einen Angriff auf das Boulevardblatt „Fakt“ und Ringier Axel Springer.

Lieblingsfeind: das Boulevard-Blatt "Fakt"

Den Nationalkonservativen dient der Verlag seit Jahren als der Inbegriff der deutschen Einmischung in Polen. Dass an Springer neuerdings mit KKR ein US-Investor beteiligt ist und Ringier, mit dem Springer in Polen zusammenarbeitet, ein Schweizer Verlag ist, verschweigen sie jedoch.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Nationalkonservativen die deutsche Presse nutzen, um antideutsche Ressentiments zu schüren. Bereits 2016 behauptete ein PiS-Abgeordneter, dass im Auswärtigen Amt eine Schulung für deutsche Journalisten stattfand, bei der sie angeleitet wurden, wie sie über Polen zu schreiben haben. Zu den regelmäßigen Kritikern deutscher Medien gehört auch die polnische Botschaft in Berlin, die vor einigen Wochen der Süddeutschen Zeitung auf Twitter gar die Absetzung ihres Polen-Korrespondenten Florian Hassel nahelegte.

US-Botschafterin bietet Warschau Paroli

Neu ist jedoch die Einbindung des gesamten Staatsapparats, um mit antideutscher Rhetorik im Wahlkampf zu punkten. Eine Taktik, die aber auch die diplomatischen Grenzen der Nationalkonservativen offenbart. Ein anderes großes Feindbild der PiS ist wegen seiner kritischen Berichterstattung TVN, der größte private Fernsehsender des Landes. Als nun im Wahlkampf Beata Mazurek, heutige Europaabgeordnete und ehemalige Pressesprecherin der PiS, diesen verbal angriff, reagierte sofort die US-Botschafterin Georgette Mosbacher. „Das ist einer Vertreterin des polnischen Volkes nicht würdig“, twitterte die US-Diplomatin an Mazurek direkt adressiert.

Es ist nicht das erste Mal, dass Mosbacher mit so deutlichen Worten den Privatsender, der dem amerikanischen Medienkonzern Discovery gehört, verteidigt. Ins polnische Außenministerium wurde Mosbacher deswegen aber noch nicht einberufen.

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