Schlammschlacht zwischen Jeff Bezos und Donald Trump - Der reichste gegen den mächtigsten Mann der Welt

Eine private Fehde zwischen US-Präsident Donald Trump und Amazon-Gründer Jeff Bezos ist der Stoff für einen Medienkrieg, den das Klatschmagazin „National Enquirer“ und die „Washington Post“ untereinander austragen. Es geht um Politik und Macht – und neuerdings auch um nackte Tatsachen

Wurde er erpresst, weil seine „Washington Post“ den Mord an Jamal Kashoggi enthüllt hat? Jeff Bezos gibt nicht auf /picture alliance
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Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Vor ein paar Jahren saß Eric Schmidt, der langjährige Chef von Google und ein durchsetzungsfähiger Technokrat, auf einer New Yorker Bühne, um die Internet-Branche gegen Vorwürfe zu verteidigen, alles überwachen und reglementieren und monopolisieren zu wollen. Google, beteuert Schmidt, habe immer noch die alte Firmenphilosophie, nichts Böses zuzulassen. Allerdings, fügte er hinzu, fürchte er Jeff Bezos von Amazon; der habe wirklich eine „skrupellose Effizienz.“

Heute ist Jeff Bezos nicht nur der reichste Mann der Welt und vielfacher Milliardär, sondern auch eine gefürchtete politische Figur. Der Medienmogul, der auch die Washington Post besitzt, bietet sogar dem mächtigsten Mann der Welt Paroli, dem Präsidenten der USA, nach eigenen Bekunden ebenfalls Milliardär, obwohl noch niemand aussagekräftige Bilanzen gesehen hat. Und da Donald Trump nach dem Konkurs seines Immobilienimperiums als Reality-TV-Star wiederauferstanden ist, wirkt die Fehde zwischen beiden wie eine besonders trashige Folge des „Dschungelcamps“.

Pecker bedeutet Penis

Eine wichtige Rolle spielt dabei David Pecker, der Herausgeber des Celebrity-Klatschblatts National Enquirer, das in vielen Supermärkten der USA ausliegt. Pecker, ein Trump-Freund, hat Bezos gedroht, ihn mit Nacktfotos seiner Geliebten zu erpressen, falls die Washington Post nicht zurückrudert, was die Berichterstattung über ihn und Trump betrifft. Dass „Pecker“ auch noch der amerikanische Slang-Ausdruck für Penis ist, freut die Schar der Kommentatoren natürlich besonders.

Aber von vorne: Die Fehde zwischen Trump und Bezos begann während des Wahlkampfs. Damals, im Juni 2016, entzog der Kandidat Trump den Reportern der Washington Post die Akkreditierung, nachdem die Zeitung ihn kritisiert hatte. Bezos hatte das altehrwürdige Blatt, das mit der Aufdeckung des Watergate-Skandals Richard Nixon gestürzt hatte, vier Jahre zuvor gekauft. Er beschloss, nicht klein bei zu geben. Die Post installierte ein zwölfköpfiges Team, das sich ausschließlich darum kümmern soll, Skandale rund um Trump aufzudecken, von Schummeleien mit Stiftungsgeldern über Geschäfte mit russischen Oligarchen — Geld spielte keine Rolle. Trump wiederum beschimpfte nicht nur die Post immer wieder als Sprachrohr der Hillary-Clinton-Kampagne, er kündigte auch häufiger an, das Monopol von Amazon per Bundesgesetz brechen zu wollen.

Hillary Clinton und ihr Hirntumor

Während die Post zum Anti-Trump-Blatt Nr. 1 wurde und dabei sogar die New York Times locker abhängte, stellten sich Pecker und sein Enquirer entschieden auf die Seite des Präsidenten. Und Trump, der Pecker immer mal wieder Ideen für Geschichten über Konkurrenten steckte, nutzte dann postwendend diese Stories für seinen Wahlkampf. Dazu zählte ein Bericht über Rafael Cruz — der Vater des texanischen Senators Ted Cruz, der ebenfalls Präsident werden wollte — der, so behauptete der Enquirer unter Verweis auf ein verwaschenes Foto, angeblich in das Attentat auf John F. Kennedy verwickelt gewesen sein sollte. Apropos verwaschen: Der Enquirer druckte fortlaufend Verschwörungstheorien über Hillary Clinton; etwa: Clinton habe einen Gehirntumor und nur noch sechs Monate zu leben.

Noch signifikanter: Pecker zahlte im Wahlkampf Schweigegeld an zwei Frauen, die behaupteten, sie hätten eine Affäre mit Trump gehabt. Das Geld lief mithilfe von Scheinfirmen über den damaligen Trump-Anwalt Michael Cohen. Von der Staatsanwaltschaft wurde dies als versteckte Wahlkampf-Finanzierung eingestuft. Während Cohen inzwischen zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, kam Pecker straffrei davon, weil er als Zeuge kooperierte.

Nacktfotos von Bezos' Handy

Anfang diesen Jahres gab Bezos bekannt, dass er sich von seiner Frau MacKenzie trennen werde. Der Grund war — wie der Enquirer aufdeckte — dass er Amazon-Chef eine Affäre mit Lauren Sánchez hatte, einer ehemaligen Nachrichtenmoderatorin des US-Senders Fox, der eigentlich auch Trump unterstützt. Der US-Präsident legte schadenfroh noch eins drauf; er tweetete: „So ein Pech, dass Jeff Bozo (Slangwort für Schwachkopf, Anm. der Red.) von einem Konkurrenten vernichtet wird, dessen Berichterstattung viel akkurater ist als die seines Lobbyisten-Blatts Amazon Washington Post.“ Ironie am Rande: Der dreimal verheiratete Trump ist auch kein Musterbeispiel ehelicher Treue.

Der Enquirer aber wusste nicht nur von der Affäre, er besitzt auch Nacktfotos und private Messages von Bezos' Handy. Damit wollte das Blatt den Amazon-Chef offenbar erpressen. Bezos sollte dafür sorgen, dass die Washington Post die Berichterstattung über den Enquirer und seine Nähe zu Trump einstellte. Zumindest ein Teil des kompromittierenden Materials kam von Michael Sanchez, der Bruder der Bezos-Geliebten und ein Trump-Fan, der dafür 200.000 Dollar erhalten haben soll, als nicht rückzahlbarer Vorschuss. Das alles jedenfalls berichtete das Wall Street Journal. Sanchez streitet das ab.

Schmutzige Geschäfte mit Trump

Sanchez wiederum steht dem Trump-Vertrauten und früherem Nixon-Berater Roger Stone nahe, der kürzlich ebenfalls verhaftet wurde. Bezos allerdings ließ sich keineswegs erpressen; in einem Beitrag auf einem Blog enthüllte er nicht nur den Erpressungsversuch. Er warf auch die Frage auf, ob es einen Zusammenhang gäbe zwischen der investigativen Berichterstattung der Washington Post über den perfiden Mord  an dem saudischen Kolumnisten Jamal Kashoggi – die Zeitung hatte berichtet, dass der saudische Kronprinz und Trump-Verbündete Mohammed bin Salman über die Tat Bescheid wusste. Ferner drohte er Pecker seinerseits mit rechtlichen Schritten. Mit Erfolg: Die Nacktfotos sind bis heute unter Verschluss. Wobei sich die Zahl der Leute, die Bezos' Pecker wirklich sehen wollen, wohl ohnehin in engen Grenzen hält.

Ob Pecker, andererseits, nach seinem Deal mit der Staatsanwaltschaft überhaupt noch Trump treu zur Seite steht, ist keineswegs klar: „Pecker sitzt auf Jahrzehnten von unveröffentlichten, schmutzigen Material über Trump.“, bemerkte New York Times-Medienreporter Jim Rutenberg. „Deshalb sollte sich der Präsident mit ihm besser weiterhin gut stellen.“ Die ersten Mahnzeichen sind schon am Horizont: Die Demokraten im Repräsentantenhaus haben Pecker aufgefordert, dem Justizausschuss die Unterlagen über die Geschäfte seiner Firma mit Trump zu übergeben. Und Pecker hat zugestimmt.

Twitter übrigens, Trumps liebste Plattform, hat einen Börsenwert von 25 Milliarden Dollar. Bezos könnte es sich wohl leisten, den Dienst zu kaufen. Das würde die nächste Runde einleiten.

 

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