Streit um das TV-Interview von Harry und Meghan - Sind die Tage der Royals in Australien gezählt?

Das Interview, das Prinz Harry und seine Frau Oprah Winfrey gaben, hat in Australien eine Debatte über die Zukunft der Monarchie ausgelöst. Kritiker fordern, auf Queen Elizabeth solle ein Australier als Staatsoberhaupt folgen. Gelingt Meghan Markle, was der skandalumwitterten Fergie nicht gelang?

Nicht der erste PR-Albtraum für die Royals: Meghan Markle polarisiert in Australien / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Barbara Barkhausen arbeitet als Australien-Korrespondentin für TV-Sender, Radiosender und Zeitungen in Sydney. 

So erreichen Sie Barbara Barkhausen:

Anzeige

Das Interview, das  Prinz Harry und Meghan Markle der Talk-Queen Oprah Winfrey gegeben haben, könnte die britische Krone mehr kosten als ihren Ruf. Im bisher monarchietreuen Australien hat die scharfe Kritik der Herzoge von Sussex der Republik-Debatte neuen Auftrieb verliehen. Laut eines Berichts des Guardian will die australische Republik-Bewegung noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres ein Modell für eine australische Republik vorschlagen.

Bisher hatte die britische Krone einen guten Stand in Australien: Vor allem nach dem Besuch von Harry und Meghan 2018 erhielten die Royals hohe Zustimmungswerte. Die vielen jubelnden Fans, die sich damals über die Babynachrichten und die interessanten Outfits von Herzogin Meghan freuten, ließen die Unterstützung für eine Republik auf den tiefsten Punkt seit 25 Jahren sinken. Und die positive Einstellung gegenüber der Monarchie hielt an: So ergab eine Online-Umfrage von Ipsos im Januar, dass nur ein Drittel der Australier die Gründung einer Republik befürworten würde.

Australier sollte Staatsoberhaupt sein

Doch während Harry und Meghan die Monarchisten im Land vor drei Jahren noch beflügelten, so hat ihr aktuelles Interview im US-Sender CBS nun genau das Gegenteil bewirkt. Sandy Biar, der Direktor der australischen Republik-Bewegung, sagte gegenüber dem Online-Medium The New Daily, dass die Schilderung von Harry und Meghan zeige, „wie wenige Berührungspunkte die Monarchie mit dem modernen Australien“ habe. Die „schwerwiegenden Vorwürfe“ wegen systemischen Rassismus würden ein Verhalten aufzeigen, das in Australien und vor allem in öffentlichen Ämtern „völlig inakzeptabel“ sei.

Auch prominente Australier mischten sich in die Debatte mit ein. So warb der frühere australische Premierminister Malcolm Turnbull bereits am Dienstag beim Sender ABC dafür, dass das australische Staatsoberhaupt ein australischer Staatsbürger sein sollte: „Einer von uns“ und „nicht die Königin oder der König des Vereinigten Königreichs“, sagte Turnbull. „Wir sollten so stolz auf unser Land und unsere Landsleute sein, dass wir sagen sollten, nur ein Australier sollte berechtigt sein, unser Staatsoberhaupt zu sein.“ Dass Turnbull als Liberalkonservativer den Republik-Gedanken unterstützt, ist eher ungewöhnlich. Denn traditionell sind die Politiker der Liberal Party eher monarchietreu, während die Kritiker bei den Sozialdemokraten und den Grünen sitzen. Andere konservative Politiker stellten sich beispielsweise bewusst auf die Seite der Krone: So twitterte Jarrod Bleijie, dass die Herzogin von Sussex eine „Goldgräberin“ sei, die versuche, „die Institution niederzureißen“, weil sie nicht „die zukünftige Königin“ sein könne.

Schleier der königlichen Geheimhaltung gelüftet

Manche Experten halten ein Umdenken in der australischen Bevölkerung aber tatsächlich für möglich. So sagte Jenny Hocking, eine Politikwissenschaftlerin der Monash Universität in Melbourne, im Interview mit dem Guardian, dass das Interview von Harry und Meghan bereits „einer von mehreren Fällen war, in denen der Schleier der königlichen Geheimhaltung gelüftet wurde und das, was man zu sehen bekam, nicht ganz angenehm ist“. Hocking verwies auf Berichte, nach denen die Queen Gesetze zu ihren Gunsten beeinflusst haben soll, beispielsweise um die Höhe ihres Privatvermögens zu verschleiern. In dem Interview sei zudem deutlich geworden, „wie sehr die königliche Familie eine Firma ist“. „Es ist ein Familienunternehmen, das die Dinge im Haus hält.“ Deswegen müsse man hinterfragen, welche Rolle eine vererbte konstitutionelle Monarchie in einer modernen Demokratie noch spiele, so die Expertin.

Doch selbst eingefleischte Unterstützer des Republik-Gedankens wie Turnbull wollen das derzeitige Modell erst nach Ende der Regierungszeit der Queen überdenken. „Sie war ein außergewöhnliches Staatsoberhaupt, und ich denke, ehrlich gesagt, es gibt in Australien mehr Elisabethaner als Monarchisten“, sagte der frühere Premierminister. Auch die offizielle Republik-Bewegung spricht sich für ein Referendum nach dem Rücktritt oder Tod von Königin Elizabeth II. aus.

Nicht der erste PR-Albtraum im britischen Königshaus

Doch bis dahin könnte sich der derzeitige „PR-Albtraum“ der britischen Krone nach Aussagen von Luke Mansillo, einem Experten für internationale Beziehungen an der Universität von Sydney, aber auch schon wieder abgekühlt haben. In einem Artikel im akademischen Fachmagazin The Conversation wies Mansillo auf den Skandal aus dem Jahr 1992 hin, als der texanische Millionär John Bryan beim Saugen der Zehen von Sarah Ferguson, der Herzogin von York, erwischt wurde. Damals hätten auch plötzlich 57 Prozent der Australier den Republik-Gedanken unterstützt. Doch beim Referendum sieben Jahre später hielt das Land dann trotzdem an der Monarchie fest. „Wenn Fergie die australische Monarchie nicht stürzen konnte, ist es unwahrscheinlich, dass Oprah dies kann“, schrieb Mansillo.

Zwar sei das Interview „weitaus nuancierter“ als die königlichen Skandale der neunziger Jahre. Die Behauptungen, der Palast sei rassistisch und Meghans mentale Gesundheit sei stark vernachlässigt worden, seien „schrecklich und erschütternd“, schrieb der Experte. Sie müssten aber auch „im Kontext eines eskalierenden Krieges zwischen dem Buckingham Palace und den Sussexes gesehen werden“. Dabei spiele sicher auch mit, dass Meghan und Harry verzweifelt versuchten, „Geld zu verdienen – und eine Marke aufzubauen –, um ihr neues Leben in Kalifornien zu finanzieren“, schrieb Mansillo.

Anzeige