Donald Trump - Ein Rassist im Weißen Haus

Donald Trump bestreitet, einige Länder als „Dreckslöcher“ bezeichnet zu haben. Doch rassistische Bemerkungen ziehen sich durch sein Leben – als Unternehmer und als Politiker. Die Empörung darüber ist scheinheilig. Trump ist zum Präsidenten geworden, gerade weil er ein Rassist ist

Donald Trump ist der lebende Beweis für den Rassismus im Herzen des politischen Lebens der USA / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

So erreichen Sie Constantin Wißmann:

Anzeige

Am heutigen Montag haben die meisten US-Amerikaner frei, denn es ist Martin-Luther-King-Day. Vor fast 50 Jahren wurde der schwarze Bürgerrechtler von James Earl Ray erschossen, einem Kleinkriminellen, der in den Südstaaten aufgewachsen war und seinen Rassismus nie verhehlte. Rassentrennungsgesetze gibt es heute nicht mehr in den USA. „Neger verboten“-Schilder sind Museumsstücke. Doch wer hoffte, dass  Kings Traum wahr und die Schlussworte seiner berühmtesten Rede „Endlich frei! Endlich frei!“ auch für nichtweiße Amerikaner gelten können, der kommt in diesen Tagen auf dem harten Boden der Realität auf. Es muss so deutlich gesagt werden: Im Weißen Haus der Vereinigten Staaten herrscht ein Rassist. Und er ist dorthin gekommen, weil er ein Rassist ist.

„Dreckslöcher“ und „faule Schwarze“

Unabhängig davon, ob Trump vor Kongressabgeordneten Haiti, El Salvador und einige afrikanische Nationen tatsächlich als „Dreckslöcher“ („Shithole Countries“) bezeichnet hat (er hat dementiert, einige Senatoren aber bestehen darauf, dass er es gesagt habe), gibt es mehrere Ereignisse, die kaum ein anderes Urteil zulassen. Nicht alle sind zweifelsfrei belegt. Aber in der Summe mit den Aussagen, die vor laufender Kamera gesagt worden sind, ergeben sie ein eindeutiges Bild. 

Bereits 1973 verklagte das Justizministerium der USA die Immobilienfirma von Donald Trumps Vater Fred, weil die Firma, so der Vorwurf, an Menschen wegen „ihrer Rasse und Hautfarbe“ keine Wohnungen vermieten wollte. Trump Senior und Junior wiesen das damals scharf zurück. Und das Gericht folgte ihnen. Im Prozess sagte Donald Trump einer Anwältin der Gegenseite, so erinnert sie sich, sie wolle doch auch nicht „neben solchen Leuten wohnen“.

Dass die Anschuldigungen offenbar nicht grundlos waren, legt eine Geschichte aus den achtziger Jahren nahe, die der gewöhnlich akribisch recherchierte New Yorker erzählt. Ein damals in einen von Trump zahllosen Casinos Angestellter erinnert sich folgendermaßen: Wenn Trump und seine damalige Frau Ivana in das Casino kamen, hätten die Bosse alle schwarzen Mitarbeiter hinter die Kulissen gebracht, weil die Trumps sie nicht sehen wollten.

1991 erschien ein Buch eines Casino-Managers unter Trump, John R. C. O’Donnell, mit dem Titel „Trumped“. Darin kolportiert O’Donnell eine Szene, in der sich Trump über die Zustände in den Finanzabteilungen einiger seiner Casinos beklagt, und zwar mit folgenden Worten: „In meinen Casinos habe ich Schwarze, die mein Geld zählen! Ich hasse das.“ Über einen bestimmten Mitarbeiter soll  Trump gesagt haben: „Ich glaube, der Typ ist faul. Und das ist wahrscheinlich nicht sein Fehler, weil Faulheit gehört zum Charakter der Schwarzen. Das ist so. Ich glaube das. Es ist nichts, was sie kontrollieren könnten.“ Als O’Donnell erwidert, dass man so etwas doch nicht sagen dürfe, entfährt es Trump: „Verdammte Scheiße, wenn das jemand hören würde, wäre ich in Schwierigkeiten. Aber ich muss dir sagen, so empfinde ich das.“ Trump hatte damals zunächst erklärt, was O’Donnell geschrieben habe, sei „wahrscheinlich richtig“. Später nahm er das zurück.

Rassistische Äußerungen als Kandidat und als Präsident

Auch durch Trumps Präsidentschaftskampagne und Präsidentschaft ziehen sich rassistische Einlassungen. Bereits als er im Trump Tower seine Kandidatur verkündete, beschrieb er Mexikaner als „Vergewaltiger“ und „Drogenhändler“. Nur einige von ihnen seien „gute Leute“. Von früheren Frontmann des Ku Klux Klans, David Duke, der Trump seine Unterstützung aussprach, distanziert er sich nie. Stattdessen gab er an, Duke gar nicht zu kennen, was nicht sein kann, weil er sich schon vorher über Duke geäußert hatte.

Als Präsident sprach er einem Bundesrichter von lateinamerikanischer Abstammung die Qualifikation ab, weil der „ein Mexikaner“ sei. Er machte sich über den Vater eines gefallenen Kriegshelden wegen dessen pakistanischer Abstammung lustig. Er wand sich, die Eskalation rechter Gewalt in Charlottesville zu verurteilen und sagte, auch bei den Neonazis gebe es „feine Leute“. Laut der New York Times behauptete er, die neuen Einwanderer aus Haiti hätten „alle Aids“ und die aus Nigeria würden, wären sie einmal in den USA angekommen, „nie in ihre Hütten zurückkehren“.

Nicht trotz, sondern wegen Rassismus gewählt

Doch so gerechtfertigt die Empörung über all diese Handlungen und Aussagen auch ist, haftet ihr doch ein Makel der Scheinheiligkeit an. Denn schließlich ist Trump nicht durch einen Coup Präsident geworden, sondern wurde demokratisch gewählt. Ein Großteil seiner Bemerkungen war damals schon bekannt. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Amerikaner Trump nicht trotz sondern wegen seines mehr oder weniger offen zur Schau gestellten Rassismus ins Weiße Haus gebracht haben.

Der Journalist und Autor Ta-Nehisi Coates  hat das in einem eindrucksvollen Essay dargelegt. Nicht umsonst sei Trump erst dann als Politiker erwacht, schreibt Coates, als er vom damaligen Präsidenten Barack Obama forderte, dieser solle seine Geburtsurkunde veröffentlichen, um zu beweisen, dass er wirklich Amerikaner sei und kein Muslim: „Bei Trump scheint es fast, dass die Tatsache von Obama, die Tatsache eines schwarzen Präsidenten, ihn persönlich beleidigte.“

Genauso ging es offenbar vielen weißen Amerikanern. Coates weist nach, dass nicht nur die „vergessene“ weiße Arbeiterschaft disproportional häufig für Trump stimmte, wie viele Kommentatoren danach flugs analysierten. Es waren Weiße aus allen Schichten. Das ist nicht verwunderlich bei einem Kandidaten der Republikaner. Doch die Menschen wählten Trump, obwohl er sich gegen die Führung seiner Partei, gegen die akzeptierte Wahlkampfstrategie und gegen alle Anständigkeiten stellte. Heute sind die Zustimmungsraten für Trump bei fast allen Bevölkerungsgruppen der USA unter 30 Prozent gefallen. Außer bei den Menschen, die sich vornehmlich als „Weiße“ identifizieren. Coates fällt dann sein Urteil auch nicht nur gegen Trump, sondern gegen sein Land, die USA. Selbst 50 Jahre nach dem Mord an Martin Luther King und nach acht Amtsjahren eines schwarzen Präsidenten „bleibt der Rassismus dort, wo er auch 1776 war: Im Herzen des politischen Lebens des Landes“. 

Anzeige