Comey über Trump - „Wie ein Mafiaboss“

Ex-FBI-Chef James Comey erhebt in einem Buch schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump. Dessen Anhänger sehen darin allerdings nur eine weitere Intrige der Geheimdienste. Übel nehmen sie Trump dagegen seinen Militäreinsatz gegen Syrien

Comeys Buch „A Higher Loyalty“ ist eine gnadenlose Abrechnung mit Donald Trump / picture alliance
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Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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US-Präsidenten und FBI-Direktoren waren einander noch nie so richtig grün. Der legendäre J. Edgar Hoover sammelte heimlich Notizen über die Affären aller Präsidenten seiner Zeit, von Calvin Coolidge über Franklin Roosevelt bis Richard Nixon, um ein Faustpfand gegen eine etwaige Entlassung zu haben. Hoovers Stellvertreter Mark Felt brachte Nixon zu Fall, indem er der Washington Post Informationen über die Watergate-Affäre steckte. 

Heute ist Ex-FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler der persönliche Albtraum von Donald Trump. Und sein Nachfolger James Comey, den Trump feuerte, bringt nun ein Buch auf den Markt, in dem er mit dem Präsidenten gnadenlos abrechnet, „A Higher Loyalty“ (deutsch: Größer als das Amt). Diejenigen Amerikaner, die Trump sowieso nicht mögen, bestärkt das Buch. Trump-Anhänger aber werfen Comey (und Mueller) vor, Handlanger des „Deep State“ zu sein, der Geheimdienstapparate und ihrer verborgenen Intrigen.

Ergebenheitsschwüre und Lügenkultur

Comeys Buch ist beim gleichen, Holtzbrinck eigenen, Verlag Macmillan erschienen, bei dem bereits Michael Wolff seinen Bestseller über die Trump-Präsidentschaft herausbrachte. Und ähnlich wie dieses verkauft sich Comeys Buch schon vor dem offiziellen Verkaufsstart wie warme Semmeln. Comey wirft Trump vor, dieser sei „unethisch und nicht verbunden mit der Wahrheit und den Werten der Institutionen“. Trumps Führung sei „von Geschäftssinn und Ego“ getrieben, es gehe ihm nur um persönliche Loyalität und er habe verlangt, dass Comey seinen Ring küsse, wie bei Mafiabossen Usus.

Comey, aber auch andere FBI-Ermittler sind schon deswegen schlecht auf den Präsidenten zu sprechen, weil das FBI früher bereits dessen Mafiaverbindungen im Auge hatte. Beim Bau des Trump Tower waren Mafiafamilien wie die Gambinos, die Genovese und deren Chef Anthony „Fat Tony“ Salerno beteiligt, gegen die Comey damals ermittelt hat. Nun vergleicht Comey in seinem Buch die Trumps mit diesen Mobstern: „Der Kreis des Schweigens. Der Boss, der alles kontrolliert. Die Ergebenheits-Schwüre. Die Uns-gegen-sie-Weltsicht. Die kleinen und großen Lügen.“ Und: Es sei gefährlich für das Land, mit dieser mafiösen Lügenkultur infiltriert zu werden.

Das Eigenleben der Geheimdienste

Trump-Anhänger warnen nicht nur vor dem „Deep State“, Mueller und Comey wird auch vorgeworfen, heimlich den Demokraten zuzuarbeiten. Tatsächlich sind beide Republikaner, gehören aber dem moderaten Flügel der Partei an. Dessen Vertreter konnten Trump noch nie viel abgewinnen, halten aber still, um keine Wähler zu verprellen. Die Demokraten allerdings sind überhaupt nicht gut auf Comey zu sprechen, hatte der doch kurz vor der Präsidentschaftswahl die Email-Affäre von Hillary Clinton an die Öffentlichkeit gebracht — sie hatte einen privaten Email-Server für sensitive Behördendaten verwendet. Das hat Clinton, so glauben viele in ihrer Partei, den sicheren Sieg gekostet. 

Comey mischte sich schon einmal in die Politik ein: 2004, als er noch für George W. Bushs Generalstaatsanwalt John Ashcroft arbeitete, besuchte er seinen kranken Chef in der Klinik, um zu verhindern, dass dieser ein umstrittenes Überwachungsprogramm der NSA gegenzeichnete. So ein Gebaren ist nicht ungewöhnlich. Die Geheimdienstapparate der USA haben durchaus ein inoffizielles Eigenleben. Legendär ist das Treiben des damaligen CIA-Chefs Allen Dulles in der Kuba-Krise. Dulles versuchte mit schmutzigen Tricks — Bombenabwürfen, gefakten Flugzeugentführungen —, Fidel Castro zu stürzen, bis ihn John F. Kennedy feuerte, der einen Dritten Weltkrieg fürchtete. Für gewöhnlich aber nutzen die Geheimdienstchefs ihren Einfluss vornehmlich, um den Apparat zu vergrößern und zu verfetten, inhaltlich sind sie eher geschmeidig. Bush, seinem Vize Dick Cheney und seinem Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war es sogar gelungen, in den Geheimdiensten eigene Ämter wie das von Douglas Feith geleitete „Office of Special Plans“ zu installieren, das Dossiers über Massenvernichtungswaffen zusammenstellte, vor denen sogar die CIA einknickte.

Die Fans stehen weiter hinter Trump

Viele Anhänger Trumps glauben, ihr Präsident werde von den Geheimdienstapparaten sabotiert. Seit seinem Militäreinsatz gegen Syrien aber fürchten manche, er habe sich dem „Deep State“ ergeben und sie verraten. „Sie haben Trump gebrochen“, klagte Verschwörungstheoretiker und sonstiger Trump-Fanboy Alex Jones auf seinem YouTube-Kanal Infowars. Das sei nicht der Trump, den man gewählt habe. Ann Coulter, eine eher schrille konservative Kolumnistin und Trump-Verteidigerin der ersten Stunde spottete: Die Pornodarstellerin Stormy Daniels habe nur einmal Sex mit Trump gehabt, wer aber wolle, dass Trump ihn ständig aufs Kreuz lege, müsse einer seiner Wähler sein. Und Brett Stephens, konservativer Trump-Kritiker bei der New York Times spottete angesichts der Bedrängnis des Präsidenten: „Die Schiffe verlassen die sinkende Ratte.“

Gleichwohl: Ob Trump tatsächlich untergeht, steht in den Sternen. Die USA haben kein Parlament, das einen Präsidenten abwählen könnte, nur weil er politisch an Unterstützung verliert. Selbst wenn er es wollte, war der  „Deep State“ bisher nicht sonderlich erfolgreich darin, Trump zu Fall zu bringen. Und auch die Mehrzahl seiner Fans verzeiht ihm alles, solange sie glauben, dass er die Mexikaner draußen, die Jobs drinnen und die Muslime unten hält. Daran wird auch das nächste Enthüllungsbuch nichts ändern.

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