Cicero im Dezember - Das Überraschungsei

Donald Trump wird erst am 20. Januar offiziell zum mächtigsten Mann der Welt. Schon jetzt gibt er sich präsidialer als im Wahlkampf. In der Dezember-Ausgabe des Cicero „Trumps Welt – Was kommt da auf uns zu?“ analysieren wir das Wahlergebnis aus amerikanischer und europäischer Perspektive

Donald Trump – ein Irrer am Atomknopf? Oder nicht so schlimm? Die ersten 100 Tage seiner Amtszeit werden es zeigen / Felix Gephart
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Woran soll man sich bloß halten? An den US-Soziologen Richard Sennett, der den angehenden amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit Mussolini vergleicht und ihm „emotionale Instabilität“ attestiert? Kein schöner Gedanke beim Mann am Atomknopf. Oder doch eher an die frühere CDU-Hoffnung Friedrich Merz, der als Transatlantiker urteilt, Trump sei zwar „laut und aggressiv, aber nicht dumm“?

Die Kollegen vom Spiegel sind sich in ihrer Beurteilung sicher und sehen in Trump einen riesigen Meteoriten, der mit gelbblondem Feuerschweif und aufgerissenem Maul auf eine vergleichsweise kleine Erdkugel zurast. Wir bei Cicero haben uns für eine andere Sichtweise entschieden und betrachten ihn als Überraschungsei für die Welt. Vielleicht überrascht der blonde Bollerkopp ja auch alle und regiert ganz anders, als er Wahlkampf geführt hat.

Präsident ohne Vorbild

Der amerikanische Politstratege George Friedman analysiert das Wahlergebnis in dieser Ausgabe aus amerikanischer Sicht. Für ihn hatte
Hillary Clinton die Wahl verloren, als sie von den „Erbärmlichen“ sprach, die Trump unterstützten. Damit habe sie das halbe Land diffamiert, eine „Kluft der Verachtung“ aufgetan. Trump, dessen Wahlkampf Friedman als „widerwärtig“ erachtet, sei ein Präsident ohne Vorbild. Ein Kaspar Hauser aus dem Wald, der direkt ins Weiße Haus einzieht. Dennoch werde auch seine Amtszeit weniger durch seine markanten Sprüche als vielmehr durch Umstände und Ereignisse geprägt sein, die sich seinem Einfluss entzögen. Das gilt insbesondere in der Außenpolitik, in der Friedman Ansatzpunkte für einen Neubeginn sieht.

Warnschuss für die Europäer

Der frühere Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio richtet in seinem Essay das Augenmerk auf den Westen und die europäischen Implikationen der US-Wahl. Die Wahl von Trump sei ein „lauter Warnschuss“ für die Europäer, die nicht in „politischer Romantik“ gefangen bleiben dürften und „die Umbrüche der Welt nur als räsonierende Zaungäste“ verfolgen.

Vielleicht ist das generell ein guter Rat: weniger räsonieren, mehr auf die Tatsachen blicken und ihn bei seinen Eskapaden scharf beobachten. Zweierlei
gibt es bisher positiv festzuhalten. Der als sicher vorhergesagte Absturz der Weltbörsen bei einer Wahl Trumps zum Präsidenten blieb aus. Und der „president-elect“ Trump redet anders als der Wahlkämpfer Trump. Vorschlag: Geben wir ihm doch die berühmten 100 Tage und fällen dann ein – vorläufiges – Urteil.

 

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