Brexit - „Bluff statt Fachwissen“

In der „New York Times“ rechnet der Autor Pankaj Mishra mit den Brexiteers ab. Die politische Klasse agiere so ahnungslos wie einst die britische Elite vor 70 Jahren, als es um die Teilung Pakistans vom kolonisierten Indien ging, kritisiert Mishra

Ist der politische Stil von Boris Johnson und David Cameron am Ende? / picture alliance
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Was haben der Brexit und die britische Kolonialisierung von Indien gemeinsam? In der New York Times findest sich derzeit ein interessantes Stück dazu von Pankaj Mishra. Die britische Premierministerin Theresa May legt dem EU-Austritt einen ähnlich rasanten Zeitplan vor, wie seinerzeit der Gouverneur und Vizekönig von Indien, Louis Mountbatten, als es um die Teilung Pakistans von Indien ging. Schon 1947 gab es keinen Plan; innerhalb von fünf Wochen sollte die Abtrennung Pakistans vonstatten gehen. Die Grenzziehung fiel Cyril Radcliffe zu, der das Land zuvor noch nie besucht hatte.

Auch heute zeigt sich diese, laut Mishra „bösartige Inkompetenz“ bei der Grenzziehung zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich. Politiker und Journalisten in Irland seien entsetzt über die aggressive Ignoranz englischer Brexiteers. Aber wie kommt es, dass sich diese Ignoranz anscheinend durch die jüngere britische Geschichte zieht? Mishra zitiert hier den Autoren E.M. Forster, welcher für Großbritanniens politische Missstände Männer verantwtortlich macht, die als Begünstigte des elitären öffentlichen Schulsystems des Landes zählen. Die also Elite-Universitäten wie Oxford besucht haben. Ein Kolumnist im britischen The Economist schreibt gar von Oxford-Kumpeln, die mit „Bluff statt Fachwissen“ glänzten.

Bei den Torries seien diese Männer sogar überrepräsentiert. Sie haben Großbritannien heute in seine schlimmste Krise gestürzt und „seine inzestuöse und selbstsüchtige herrschende Klasse wie nie zuvor entlarvt“. Und das „von David Cameron, der die Zukunft seines Landes in einem Referendum rücksichtslos ausgespielt hatte, um einige Whingers seiner konservativen Partei zu isolieren, bis zu dem opportunistischen Boris Johnson, der sich auf den Brexit-Zugwagen stürzte, und der topmodische, theatralisch überzogene Jacob Rees-Mogg, dessen Fondsverwaltungsgesellschaft ein Büro innerhalb der Europäischen Union eingerichtet hat, während er es vehement verachtet.“

Es scheint ironisch, dass Großbritannien jetzt die eigene Geschichte einholt und sie selbst zu spüren bekommt. Nur eines lässt sich laut Mishra mit Sicherheit sagen: Die bisherige herrschende Klasse ist zu ihrem Ende gekommen. Aber lesen Sie selbst. 

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